Die neue Tambour, die Jean Arnault Anfang Juli im Musée d'Orsay in Paris lancierte, ist flacher, eleganter, diskreter als ihre Vorläuferinnen. Sie ist sehr schön, zurückhaltend, top proportioniert, Chronometer-zertifiziert vom Geneva Chronometric Observatory und als Ganzes so understated, dass sie gar nicht gross bemerkt würde, wäre Jean Arnault kein Arnault. 

Der jüngste Sohn von Bernard Arnault, dem Patron von LVMH, hat vor zwei Jahren bei Louis Vuitton Watches das väterliche Luxusimperium betreten und führt die Uhrendivision inzwischen als Chef. Sein Revier ist klein, verglichen mit demjenigen des Zweitjüngsten, Frédéric (28), der Chef von TAG Heuer ist, oder dem von Alexandre: Der 31-jährige Bruder ist die Nummer 2 bei Tiffany & Co.

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In der Uhrenindustrie bewegt der jüngste Arnault mehr als seine älteren Brüder

Gross etwas bewegt haben die beiden Älteren bisher nicht. Da eilt ihnen Jean nun voraus. Mit der neuen Tambour stellt der Junior bei Louis Vuitton Watches die Zeitrechnung zurück auf 1 und präsentiert nicht nur einen neuen Zeitmesser, sondern gleich auch eine neue Strategie: «Wir nehmen 80 Prozent der Entry-Level-Uhren aus dem Sortiment», verkündete er bei der Lancierung und fügte stolz an, «und zwar per heute.» Was Arnault daraufhin zeigte, ist nicht nur eine neue Uhr, sondern eine neue Strategie und viel Selbstbewusstsein. «Dieser Launch ist der wichtigste der letzten 20 Jahre.»

Das neue Credo: «One watchmaker, one watch, alles von Hand, kleine Serien», so Arnault, der trotz seines zarten Alters schon im Ruf steht, ein äusserst bewanderter Connaisseur zu sein und über eine höchst exquisite Uhrensammlung zu verfügen. «Wir werden uns fortan auf High-End-Watchmaking konzentrieren.»

Quarz, Fashion, Bling-Bling lässt er fallen und steigt mit der Tambour in höhere Sphären auf, uhrmacherisch wie preislich: Schon die Stahlversionen – die eine ist monochrom, die andere hat ein dunkelblaues Zifferblatt – kosten je 19’500 Franken. Dafür sind sie bis ins innerste Innere finissiert und ambitioniert, vom Genfer Observatorium für Chronometrie zertifiziert, schaffen eine Ganggenauigkeit von –4/+6 Sekunden pro Tag, und sie sind die ersten Tambours mit integriertem Band.

Das Drei-Zeiger-Automatikwerk stammt aus dem firmeneigenen Atelier Fabrique du Temps und heisst LFT023. Es besteht aus 145 Komponenten und ist durch den Glasboden schön zu sehen und offenbar auch dort schön, wo man es nicht sieht: Die Komponenten mit Perlage sind auch auf der Rückseite perliert. Die Brücken sind mikrogestrahlt, die Kanten poliert.

Die Oberflächen und Formen von Uhr und Band seien so modifiziert worden, dass alles, was die Haut berühre sich beim Tragen auch gut anfühle, sagt Mathieu Hegi, seit zehn Jahren Chief of Design der Uhrenmarke. Der Gehäuseboden sei nicht mehr flach, sondern leicht gewölbt. Und die einzelnen Glieder des Armbands seien so designt, dass es sich ans Handgelenk schmiege wie ein Lederarmband. Die Anprobe ergibt: True!

Was zudem an der Uhr zudem sehr gefällt: Louis-Vuitton-Codes wie die stilisierte Blume und das Monogramm entdeckt nur, wer danach sucht. Und wer sich danach sehnt, wird von der Verpackung vollendet bedient: Die Tambours werden in einem LV-Minitrunk aus der LV-Koffermanufaktur geliefert. Damit schlägt Jean Arnault die Brücke zur hoch begehrten und erfolgreichen Luxusmarke. Frei interpretiert: Der junge Mann gedenkt, das Feld von unten aufzurollen. 

LV

Der LV-Minitrunk, in der die Tambour geliefert wird. 

Quelle: Screenshot

Die Uhren

 

Ganz in Silber: Tambour W1ST10, mit blauem Zifferblatt: W1ST20
Gehäuse: 40 mm, Stahl
Werk: Drei-Zeiger-Automatikkaliber LFT023 mit Microrotor aus 22-Karat-Roségold, kleine Sekunde bei 6 Uhr, Zeiger aus Weissgold
Gangreserve: 50 h
Wasserdicht: bis 50 m
Preis: 19’500 Franken 


Die beiden Stahlmodelle sind ab September in Louis-Vuitton-Boutiquen bestellbar. Die Wartezeit wird auf moderate zwei bis drei Monate veranschlagt. Die Stahluhren sind der Startpunkt. Drei weitere Modelle der neuen Tambour sind bereits in den Startlöchern, weitere Spielarten in der Fabrique du Temps in Arbeit. 

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Iris Kuhn Spogat
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