Neulich, beim Schauen von «Love Your Neighbors», der neuen Apple+-Serie mit Jon Hamm über einen arbeitslosen Hedgefonds-Manager, der zum Einbrecher wird, blieb ich besonders an drei Nebenfiguren hängen. Eine Patek Philippe Nautilus, eine Richard Mille Felipe Massa Chronograph und eine Rolex Daytona spielten so prominent mit, dass man einen eigenen IMDB-Eintrag erwarten würde.

Natürlich: Uhren im Film sind nichts Neues. Von Bond bis Batman hatten sie immer wieder Cameo-Auftritte. Doch wann zuletzt waren sie so prominent sichtbar? 

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

In «Love Your Neighbors» wird nicht nur die Nautilus 5811 im Detail vorgestellt, im Voiceover zitiert Hamm sogar die ikonische Patek-Werbung: «Man besitzt eine Patek Philippe nie wirklich …» Die Richard Mille Felipe Massa wird mit Komplikationsbeschreibungen, Referenznummer sowie Listen- und Zweitmarktpreisen eingeführt. 

Und dann gibt es da noch diese Szene, in der Coop seinem Sohn nach einem emotionalen Gespräch die eigene alte Daytona überreicht – nicht ohne zuvor die Geschichte ihres Kaufes zu erzählen. Wer Uhren liebt und Kinder hat, wird dabei vielleicht ein bisschen feuchte Augen bekommen haben.

Uhren sind schon lange narrative Werkzeuge, Spiegel der sozialen Stellung und des Charakters.

Dass Serien heute als Bühne für Uhrendesign fungieren, ist kein Zufall. Seit dem pandemiegetriebenen Boom sind Zeitmesser Mainstream wie nie und ganz offizieller Teil der Popkultur. Das neue Apple-Format nutzt diese Strahlkraft. Auf «New York Times»-Anfrage verneinten sowohl Patek als auch Richard Mille Marketing-Deals mit der Serie.

Dabei ist das Prinzip alt: Uhren sind schon lange narrative Werkzeuge, Spiegel der sozialen Stellung und des Charakters. Im HBO-Meisterwerk «The Sopranos» war Tony Sopranos goldene Day-Date über sieben Staffeln hinweg Ausdruck italienisch-amerikanischer Männlichkeit, irgendwo zwischen Familienvater und Gangsterboss. James Gandolfini wurde später auf unzähligen Uhrenblogs immer wieder mit genau diesem Modell gezeigt – posthume Watch-Spotting-Ehre.

«Breaking Bad» setzte das Motiv subtiler ein. Walter White tauschte im Laufe der Serie seine Taschenrechner-Uhr Casio CA-53W gegen eine TAG Heuer Monaco – ein Geschenk von Partner in Crime, Jesse Pinkman. Symbolisch steht sie hier für die Metamorphose vom unscheinbaren Lehrer zum Drogenbaron. Nach Steve McQueen war Walter-White-Darsteller Bryan Cranston damit der zweite ikonische Bad Boy mit eckiger Uhr.

BILANZ Watches Newsletter abonnieren
Erhalten Sie jeden Freitagnachmittag unseren BILANZ Watches Newsletter und erfahren Sie alles über aussergewöhnliche Zeitmesser, die Macherinnen und Macher hinter den Marken, Branchengeflüster und Trends.
BILANZ Watches Newsletter abonnieren

In den letzten Jahren haben besonders Serien über das oberste Prozent das Thema aufgegriffen – als visuelles Storytelling-Instrument. In der Showtime-Serie «Billions» über den Wall-Street-Milliardär trägt Damien Lewis’ Charakter Bobby Axelrod High-End-Modelle von Audemars Piguet, Patek Philippe und Richard Mille.

Die HBO-Sensation «Succession» hat dieses Prinzip perfektioniert – und mitgeprägt, was heute als «Quiet Luxury» durch TikTok und die Modewelt geistert. Millionen schauten nicht nur wegen der Dramen, sondern auch wegen der subtilen Watch-Details: Logan Roys Vacheron Constantin World Time, Kendall Roys RM 67-01 oder auch Tom Wambsgans’ Audemars Piguet Royal Oak Chronograph – jeder Zeitmesser sass.

Was früher auf Kinoleinwänden lief, findet heute im Prestige-TV statt.

Die spirituelle HBO-Nachfolgeserie «Industry» geht noch einen Schritt weiter: Hier sind es junge Londoner Banker, die zwischen Ambition und moralischem Absturz pendeln – und auch hier gehören Uhren zum narrativen Inventar. Die Macher Konrad Kay und Mickey Down, selbst Ex-Banker und bekennende Uhrenfans, gaben kürzlich in einem Interview zu: In Staffel 1 arbeiteten sie noch mit Replikas, inzwischen erlaubt das Serienbudget den Einsatz ihrer ganz eigenen Grail Watches.

Was früher auf Kinoleinwänden lief, findet heute im Prestige-TV statt. Die zunehmende Präsenz von Luxusuhren in diesen Formaten spiegelt dabei perfekt wider, wie zentral Produkte von Rolex, Omega, Audemars Piguet, Patek Philippe und Co. inzwischen in der Popkultur verankert sind.

Für die Industrie ist es Gold wert – denn keine Produktplatzierung der Welt ersetzt den emotionalen Sog, wenn eine Daytona zur generationenübergreifenden Erbstück-Erzählung wird.

Für uns Uhrenenthusiasten ist es ebenfalls ein Geschenk. Auch ich konzentriere mich beim Film- und Fernsehschauen oft zuerst auf die Handgelenke und freue mich jedes Mal, wenn ich ein Modell wiedererkenne. Meist fühlt sich das an, als würde man alte Bekannte bei ihrem nächsten Karriereschritt beobachten.