Es ist ruhig geworden im Verfahren gegen Ralph Hamers in seiner niederländischen Heimat. Eigentlich war die Entscheidung, ob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den UBS-Chef eröffnet, im ersten Quartal dieses Jahres erwartet worden.

Dabei geht es um die Frage, wie weit Hamers in seiner Zeit als Chef der Grossbank ING persönlich haftbar zu machen ist für Geldwäsche-Verstösse, die der Bank eine Rekordstrafe von 775 Millionen Euro einbrachten. Hamers war bereits von der Staatsanwaltschaft entlastet worden, ein Aktionärsschützer klagte jedoch und bekam von einem Gericht recht.

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Die Staatsanwaltschaft wurde zu einer erneuten Prüfung verpflichtet.Doch bis der Entscheid fällt, dürfte es noch etwas dauern. Erst gegen Ende Jahr, so ist aus dem UBS-Verwaltungsrat zu hören, wird Bewegung in dem Fall erwartet.

Der Grund: Ein ähnlich gelagerter Fall hat Vorrang. Die Bank ABN Amro hatte sich letzten April mit den Anklägern auf eine Strafzahlung von 480 Millionen Euro geeinigt, ebenfalls wegen Geldwäsche-Vergehen. Der Unterschied zum ING-Fall: Die Ankläger gaben bekannt, dass sie gegen drei ehemalige Verwaltungsräte Untersuchungen eingeleitet haben.

THE HAGUE, NETHERLANDS - FEBRUARY 09: Former Minister Gerrit Zalm, chairman of Schuldenlab, visits a meeting on tackling problematic debts among young people of the Youth Perspective Fund Foundation at the Zuiderpark Sports Campus in The Hague. on February 9, 2022 in The Hague, Netherlands. (Photo by Patrick van Katwijk/Getty Images)

EBENFALLS IM VISIER: Der ehemalige Finanzminister Gerrit Zalm.

Quelle: Getty Images

Diese seien «effektiv verantwortlich» für Verstösse gegen das niederländische Geldwäschgesetz. Prominentester Fall ist der frühere ABN-CEO und niederländische Finanzminister Gerrit Zalm. Die Untersuchung sorgte letzten Frühjahr auch für Eruptionen in einem anderen EU-Land: Zalm sass bei der grössten dänischen Bank Danske im Verwaltungsrat und trat dort sofort zurück, gemeinsam mit dem bisherigen CEO Chris Vogelzang, der früher ebenfalls für ABN gearbeitet hatte und zu den drei Verdächtigen zählt. Dass die dänische Bank selbst noch einen heftigen Geldwäsche-Vorfall aufarbeiten muss, erschwert die Gemengelage. Davon profitiert ein ehemaliger hochrangiger UBS-Banker: Ex-Schweiz-Chef Martin Blessing wurde Mitte März zum VR-Präsidenten von Danske gewählt.

Die niederländischen Staatsanwälte sind offenbar stark damit beschäftigt, die Anklage gegen die drei Verdächtigen vorzubereiten – dieses Mal haben sie ja selbst die Untersuchung gegen Einzelpersonen angestossen. Käme es wirklich zu einer Anklage, liesse sich das als ein weiteres Signal für die Verschärfung der Justiz bei der persönlichen Verfolgung von Bankverantwortlichen sehen, und das wäre kein gutes Signal für Hamers. Andererseits: Dass die Staatsanwälte bei ihm nur auf Druck des Gerichts ihre eigentlich schon abgeschlossene Untersuchung neu aufrollen müssen, gilt als ein Vorteil für Hamers. Sollte es keine neue Fakten geben, wie der UBS-Chef stets betont, wäre eine Anklageerhebung gegen ihn ein Eingeständnis, dass die Staatsanwaltschaft bei der ersten Untersuchung nicht sauber gearbeitet hat. 

Dirk Schütz
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