Es war nicht mehr die ganz grosse Bühne. Als Sergio Ermotti am 16.  September vor der Vortragsgesellschaft Schaffhausen auftrat, erwarteten ihn gegen 70 Teilnehmer, darunter zwei Klassen der kaufmännischen Berufsschule. Der langjährige UBS-Chef, dessen Wortmeldungen früher stets grossflächig verbreitet wurden, äusserte sich wie üblich mit patriotischer Note: Mehr Selbstbewusstsein, weniger Selbstgefälligkeit forderte er gleich zu Beginn seines Vortrags über die «Zukunftsfähigkeit der Schweiz». Warum er überhaupt noch arbeite, fragte eine junge Frau den 61-Jährigen mit weitgehend abgeschlossener Vermögensbildung anschliessend. Weil er noch immer in einem guten Team etwas bewegen wolle, erwiderte der Tessiner. Da kam verhaltener Applaus.

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Ausserhalb des Grenzkantons nahm kaum jemand Notiz von seinem Auftritt. Fast ein Jahrzehnt war er der wohl meistbeobachtete Konzernchef der Schweiz, fast jede Regung des UBS-Chefs wurde grossflächig ausgeleuchtet. Auch heute tritt er noch auf – ob in Schaffhausen, vor den Jungfreisinnigen im Tessin oder der Genfer Haute école de gestion. Schon zu UBS-Zeiten war er ein Firmenlenker, der sich in die politische Debatte einmischte – zuweilen auch mit heftiger Kritik an Nationalbank oder Bundesrat, was die Amtsträger nicht wirklich goutierten und sein Verwaltungsrat leicht zähneknirschend als südländische Emotionaliät abbuchte. Als er einmal eine «Fünf-Pfeiler-Strategie» zur Rettung der Schweiz lancierte, folgte postwendend die geballte Kritik der Politprofis von links bis rechts: Wie bitte kam ein Konzernchef mit stets offensiv verteidigten 14 Millionen Franken Salärpaket dazu, der Regierung Lektionen zu erteilen – zumal von einem Institut, das von eben dieser Regierung vor nicht allzu langer Zeit noch gerettet worden war? Doch ihm machte das Spass.
 

Dirk Schütz
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