Wirklich überrascht war niemand, als China Anfang Woche die neuartige Geldbeschaffung über Blockchains, sogenannte ICO, verbot. Zu gross war der Boom in den letzten Monaten. Zu viel stand plötzlich auf dem Spiel.

Weltweit haben sich Startups und etablierte Firmen bisher 1,8 Milliarden Dollar mittels dieser Initial Coin Offerings (ICO) beschafft. Investoren überweisen dabei ihr Geld in den neuen Währungen Bitcoin und Ether und erhalten im Gegenzug automatisiert digitale Token. Zum Teil ähneln diese handelbaren Token einer Aktie, zum Teil berechtigen sie zum späteren Bezug einer Dienstleistung.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Verschiebung der Machtverhältnisse

Bürokratie gibt es nicht, Regeln ebenso wenig. Niemand verlangt horrende Summen wie bei einem klassischen Börsengang. Privatinvestoren aus allen Ländern können an Projekten auch ohne privilegierten Zugang zum Elitezirkel des Silicon Valley teilhaben. Neue Chat-Apps entstehen nun, neue Netzwerke, Marketingfirmen, Finanzplattformen. Und natürlich gibt es viele unseriöse ICO und noch mehr, die kläglich scheitern werden.

Doch das Brisante am ganzen Trend ist eine Verschiebung der Machtverhältnisse vom Zentrum in die Peripherie. Zentralbanken, Intermediäre, Börsenregulierer und Behörden: Die Blockchain-Technologie erlaubt es, alle diese Akteure zu umgehen. Gleichzeitig erhält der einzelne Nutzer mehr Möglichkeiten, mehr Verantwortung, mehr Kontrolle.

In der Menschheitsgeschichte hat bisher selten jemand kampflos Macht und Kontrolle abgegeben. Es erstaunt deshalb nicht, dass China die ICO nun kriminalisiert. Auch die US-Börsenaufsicht sendet bereits kräftig Signale aus, wonach in Zukunft nur noch abgesegnete ICO toleriert werden. Und es würde auch nicht verwundern, wenn irgendwann versucht werden sollte, selbst Bitcoin und Ether Fesseln anzulegen, sollten diese Kryptowährungen makroökonomisch relevant werden.

Weniger Bevormundung

Eine strikte Verbotspolitik wird allerdings einen schweren Stand haben. Blockchains sind globale Phänomene und schwer zu zähmende Biester. Wenn sie halten, was sie versprechen, wird die Nachfrage unbesehen von Verboten massiv steigen.

Zuletzt haben sich in Zug zahlreiche Firmen niedergelassen, die sich über ein ICO finanziert haben. Bisher lautet der Tenor der offiziellen Schweiz: Alles muss im Rahmen der bestehenden Gesetze ablaufen, aber wir wollen heute möglichst wenig neue Regulation. Schliesslich weiss man noch kaum, wie Blockchains auf die Gesellschaft wirken.

Das Zuwarten ist deshalb richtig. Und ein bisschen weniger Bevormundung der Konsumenten und Anleger, selbst wenn sie gut gemeint sein sollte, schadet überhaupt nicht.