Drei Viertel aller Schweizer Unternehmen kämpfen derzeit gleich mit mehreren Problemen: Krisen wie der Krieg in der Ukraine, Spannungen zwischen den USA und China, die grassierende Inflation und weiterhin die Nachwirkungen von zwei Jahren Pandemie setzen ihnen zu. Die Firmen leiden direkt oder indirekt unter diesen Entwicklungen, wie die aktuelle «KMU Mittelstandstudie» zeigt.

Konkret stellen sehr volatile Preise, mangelhafte Verfügbarkeit von Energie, Rohstoffen oder Ersatzteilen und weniger verlässliche Lieferketten die Unternehmer vor Probleme (siehe Grafik). Viele Betriebe müssen mit Produktionsausfällen rechnen. «Die Lage im Bereich Energie hat sich seit der Veröffentlichung der Studie sogar noch akzentuiert», sagt Marco Meier, Leiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden bei Raiffeisen Schweiz. «Die hohen Stromtarife für das kommende Jahr stellen nicht wenige Betriebe vor existenzielle Fragen. Hinzu kommt die Unsicherheit bezüglich einer möglichen Mangellage im Winterhalbjahr.»

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Konjunktursorgen der Unternehmer
Angaben «KMU Mittelstandstudie» (prozentuale Werte/Mehrfachnennung)

Quelle: Shutterstock
Lieferketten nachhaltiger machen

Doch was können die Unternehmen gegen diese Lieferverzögerungen tun? Sie haben natürlich rechtliche Handhaben, etwa Schadenersatzforderungen. Doch dabei ist zu bedenken, dass die Aufrechterhaltung der Lieferbeziehung gefährdet werden könnte, weshalb Experten wo immer möglich auf eine für beide Seiten partnerschaftliche Lösung plädieren. Nachhaltiger ist es für die KMU, die Lieferketten zu optimieren. So kann das Risiko von Engpässen langfristig minimiert werden.

Das geschieht einerseits über eine bessere Anbindung zu bestehenden Lieferanten. «Hier können digitalisierte Prozesse und der Austausch von Daten helfen», erklärt Spiros Doukas, Geschäftsführer Raiffeisen Unternehmerzentrum RUZ. Beispiel Maschinenindustrie: Sensoren melden automatisch, dass sich ein bestimmtes Ersatzteil dem Ende seiner Lebensdauer nähert. «Die Bestellung kann frühzeitig ausgelöst und der Einbau entsprechend früh geplant werden. Das schafft bei angeschlagenen Lieferketten einen wertvollen zeitlichen Puffer.»

Die KMU haben aber auch die Möglichkeit, ihre Lieferantenbasis zu differenzieren – etwa, indem sie vermehrt auf geografische Nähe setzen. Nachhaltigkeit sei einer der grossen Trends, dem sich viele Unternehmerinnen und Unternehmer derzeit proaktiv stellen, weiss Doukas. Sie versprechen sich davon eine grössere Liefersicherheit und eine bessere Kosteneffizienz, wie die «KMU Mittelstandstudie» verdeutlicht. Gleichzeitig können die Firmen von einem Differenzierungsmerkmal gegenüber internationalen Mitbewerbern profitieren, weil die Produkte mit mehr Swissness vermarktet werden können – daraus resultiert ein Imagegewinn.

Zur kompletten Regionalisierung der Lieferkette raten die Experten aber nicht. «Dies ist genauso suboptimal und risikoreich, wie sämtliche Produkte aus einem Land zu beziehen», sagt Marco Meier. Wichtig sei eine gründliche Analyse der bisherigen Wertschöpfungsketten und deren Risiken. «Die Kunst liegt darin, robuste Versorgungsnetze aufzubauen, die lokale Lieferanten ebenso swie Quellen aus China, den USA und Europa intelligent einbeziehen.»

Das RUZ bietet Unterstützung

Das Raiffeisen Unternehmerzentrum RUZ ist eine ideale Anlaufstelle, wenn Unternehmerinnen und Unternehmer Unterstützung benötigen. Zusammen mit Experten der Bank werden Probleme in der Wertschöpfungskette analysiert und konkrete Handlungsempfehlungen ausgearbeitet. Raiffeisen zählt heute jedes dritte Schweizer Unternehmen zu seinen Kunden, das sorgt für eine sehr breite Basis an KMU und ein umfangreiches Wissen, das in sämtliche Produkte und Beratungen einfliesst – zum Beispiel im Bereich der Finanzierungslösungen.

Mix aus Stabilität und Risiken

Generell sei den KMU geraten, sich langfristig gesehen solider aufzustellen: Eine frühzeitige und mittelfristig angelegte Finanzplanung und der Aufbau eines systematischen Controllings sei nicht nur in Grossfirmen notwendig, um dauerhaft erfolgreich zu bleiben, sagt Spiros Doukas. Corona habe aufgezeigt, wie notwendig finanzielle Reserven bei der Berücksichtigung von unerwarteten Ereignissen sei, ergänzt Marco Meier. Der Clou für die Unternehmen ist es, die richtige Balance aus finanzieller Stabilität und dem Eingehen von Risiken zu finden. Dazu kommt ein breit aufgestelltes Lieferantennetzwerk und eine finanzielle Freiheit durch die richtigen Finanzierungsinstrumente.

Mit diesen Tipps verbessern Sie die Liquidität
  • Offene Kommunikation mit der Bank
  • Liefer- und Zahlungskonditionen optimieren
  • Offene Forderungen eintreiben
  • Existierende Ausgaben priorisieren oder einen Ausgabenstopp verhängen
  • Leasing statt Kauf von Maschinen, Fuhrpark etc.
  • Verkauf von nicht betriebsrelevanten Anlagegütern
  • Bestandsaufnahme und Abbau von Lagerbeständen
Finanzplanung und systematisches Controlling sind nötig, um dauerhaft erfolgreich zu bleiben.

Besonders zentral ist angesichts der aktuellen Lieferprobleme die Festigung der Liquidität. «Genügend Liquidität zu haben, ist die betriebswirtschaftliche Voraussetzung, um die Kontrolle zu behalten», betont Doukas. Kurzfristig kann diesen Engpässen etwa mit einer Anpassung der Zahlungskonditionen gegenüber Lieferanten begegnet werden, mit dem Eintreiben von Kundenforderungen oder auch durch den Verkauf von nicht betriebsrelevanten Anlagegütern (siehe auch Tipps). Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch ein KMU-Kredit zur Überbrückung aufgenommen werden.

Bezüglich der flüssigen Mittel ist es für die Unternehmen aber in erster Linie langfristig unumgänglich, die richtigen Weichen zu stellen. Als hilfreiches Instrument bietet sich der Liquiditätsplan des Raiffeisen Unternehmerzentrums RUZ an, das den KMU bei allen Schwierigkeiten rund um die heikle wirtschaftliche Lage mit Rat und Tat zur Seite steht (mehr dazu in der Box). Es sei essenziell, als KMU jetzt etwas zu unternehmen, bilanzieren die Experten. Mit einer Entspannung der wirtschaftlich angespannten Lage sei nicht vor Ende 2023 zu rechnen.