Sie waren der Renner im Weihnachtsgeschäft. Sie beflügeln die Gedankenwelt der Logistiker. Und es vergeht kaum ein Tag, an dem die Chef-Spintisierer von Amazon nicht eine neue luftgestützte Anwendung vorstellen: Drohnen gelten als das nächste grosse Ding, wenn es darum geht, E-Commerce-Einkaufsgüter schneller auszuliefern und so den verstopften Landweg zu meiden.

Die Kunden, denkt man sich, sollten es kaum erwarten können, bis das erste Päckli bei ihren Briefkästen, auf ihren Parkplätzen oder – besser noch – in ihren Gärten oder Balkonen mit sanft surrender Begleitmusik aufsetzen wird.

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Lieferung per Drohne in 30 Minuten

Die Realität sieht anders aus: «Weil das noch kaum jemand je genutzt hat, ist das für die Konsumenten schwierig einzuschätzen und wird ergo auch nicht gewünscht», erklärt Handelsforscher Tim Lersch. Zusammen mit einem Team hat Lersch am Forschungszentrum für Handelsmanagement der Universität St. Gallen per repräsentativer Online-Befragung in Deutschland, Österreich und der Schweiz verschiedene Zustellungsvarianten auf deren Attraktivität hin geprüft.Dabei wurde den Konsumenten neben zwei unterschiedlich schnellen Abholverfahren – jeweils Bestellung online und Pick-up im Laden – auch die heute noch fiktive Variante eines «Click & Fly» offeriert: Online bestellen – und schon 30 Minuten später surrt die Drohne mit dem Päckli zu Hause an.

Drohnenangebot fiel durch

Diese futuristische Lösung – die schnellste und für den Konsumenten mit grossem Abstand bequemste Art der Anlieferung – fiel in der Befragung bei allen Produktegattungen durch (siehe Grafik). Also nichts da mit einem Service, der von den Konsumenten von Beginn weg als «Killer-Applikation» erkannt wird. Fazit von Lersch: «Heute wird das vom Konsumenten ganz offenbar noch nicht gefordert.»

Richtig Mut kann der Handelsforscher all jenen, die mit ihren B2C-Belieferungsdrohnen schon auf der Abschussrampe stehen, bezüglich breiter Akzeptanz nicht machen: «Gefordert wird eher das, was heute schon Standard ist.» Lersch sieht einen weiteren Grund, weshalb in unseren Breiten die Drohnen-Muffel in der Überzahl sind: «Die Konsumenten im deutschsprachigen Raum sind weniger affin für Neues und risikoaverser als jene in den USA. Hierzulande überwiegen meist zuerst einmal die Bedenken.»

Hohe Zahlungsbereitschaft in der Schweiz

Ganz aufgeben müssen aber all jene, die sich für die luftgestützte Lieferung ins Zeug legen, nicht. Denn ein zweites Resultat aus der Befragung, die als Teil der Studie «Cross- & Omni-Channel Management 2017» durchgeführt wurde, kommt zu einem erstaunlichen Schluss: «Die wenigen, die heiss sind auf den Service, würden viel bezahlen dafür», sagt Lersch.

Besonders ausgeprägt zeigt sich das in der Schweiz. Immerhin für 17 Prozent der hierzulande Befragten wäre eine Lieferung per Drohne 10 Euro wert, 5 Prozent würden 15 Euro lockermachen – und 9 Prozent würden 20 Euro hinlegen. Die Werte für die Schweiz liegen markant höher als in Deutschland und Österreich. Das Zeug zum Business-Case hätten Drohnen also durchaus – mindestens in einer Premium-Nische.

Von B2C-Paketlieferungen aus der Luft dürfte man trotzdem wenig hören in nächster Zeit. Für E-Commerce-Häuser wie Brack.ch, Coop@home oder Microspot sind Drohnen zurzeit kein Thema. Am weitesten beim Thema ist Siroop, der Online-Marktplatz von Coop und Swisscom. Das letztjährige Pilotprojekt, das man zusammen mit Mercedes-Benz und Matternet durchführte, sei sehr zufriedenstellend verlaufen, sagt Siroop-Sprecher Tim Hegglin. Einen weiteren Test würde man jederzeit durchführen, «eine feste Implementierung des Service wird nach der Testphase auf Siroop jedoch nicht angeboten». Zunächst wolle man «die Erkenntnisse aus den Tests und das Kundenfeedback weiter evaluieren und darauf basierend die weiteren Schritte festlegen».

Gespräche mit der Post

Zurüchhaltend auch die Einschätzung beim Marktführer Galaxus: «Wir liefern unsere Pakete mit der Post aus. Aktuell haben wir keine Pläne, daran etwas zu ändern», sagt Sprecher Alex Hämmerli. «Selbstverständlich sprechen wir mit der Post über Lieferungen per Drohne und sie sind am Thema dran. Technisch machbar wäre es, zurzeit scheitert es aber noch an der Regulierung.»

Handelsforscher Lersch schreibt die Zustellungsart nicht komplett ab: «Wenn Flugsicherheit gegeben ist und sich einheitliche Lieferstandards durchsetzen, ist der Drohnen-Service im E-Commerce vorstellbar.» Aber weniger in Städten als in weniger dicht besiedelten Gegenden: «Am ehesten wohl in ländlichen Gegenden, weil dort aufgrund der Entfernungen die letzte Meile teurer ist als in der Stadt.»

Die Haltung zur Lieferung per Drohne bei Schweizer Konsumenten.