Ein globaler Cyber-Angriff wie der am Freitag wirft immer viele Fragen auf. Wie kann man sich schützen? Könnten auch Spitäler oder andere Unternehmen im direkten Umfeld betroffen sein? Eine Bestandsaufnahme in Fragen und Antworten:

Was war da eigentlich los?

Zehntausende Computer weltweit wurden mit einer Erpressungssoftware infiziert. Solche Schadprogramme sind permanent im Netz unterwegs und hat Computernutzer und Unternehmen im Visier. Sie verschlüsselt den Inhalt des Windows-Computers und verlangt Lösegeld für die Freischaltung.

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Wieso erreichte die Attacke diesmal schnell ein beispielloses Ausmass?

Üblicherweise muss erst der Nutzer eines Computers einem Erpressungstrojaner die «Tür» in seinen Computer öffnen, etwa wenn er einen präparierten Link in einer E-Mail anklickt. Bei der Attacke am Freitag nutzte ein sogenannter Wurm jedoch eine Sicherheitslücke im Microsoft-Betriebssystem Windows aus, über die sie automatisch neue Computer anstecken konnte.

Diese Schwachstelle hatte sich einst der US-Abhördienst NSA für seine Überwachung aufgehoben, vor einigen Monaten hatten unbekannte Hacker sie aber publik gemacht.

Warum wurde die Lücke nicht geschlossen?

Doch, wurde sie – im Prinzip. Microsoft veröffentlichte bereits im März ein Update, das die Schwachstelle beseitigte. Dafür musste man das Update aber erst installieren. Viele Anwender klicken die Aufforderung zum Update einfach weg und kümmern sich nicht um die Sicherheit des PCs.

So traf es nun Computer, auf denen das Update noch nicht aufgespielt wurde – oder Geräte mit dem veralteten Windows XP, für das es schon seit Jahren keine Aktualisierungen mehr gibt. Microsoft legte nun eilig ein Update auch für XP und zwei weitere Versionen auf. Das aktuelle Windows 10, mit dem neue Computer ausgeliefert werden, war von Anfang an nicht anfällig gewesen.

Das heisst, es hätte nicht so schlimm kommen müssen?

Ja, in diesem Fall hätte es gereicht, die Computer mit aktueller Software zu versehen.

Warum passierte dies dann offensichtlich nicht überall?

PC-Nutzer sind oft nachlässig, wenn es um Software-Updates geht. In Unternehmen ist ein Hindernis, dass zum Teil komplexe Strukturen aus Zehntausenden Computern gemanagt werden müssen. Auf ihnen muss manchmal auch noch Spezial-Software laufen, die mit neuen Systemen vielleicht gar nicht kompatibel ist. Und gerade bei einfachen Systemen wie Anzeigetafeln neigt man auch aus Kostengründen dazu, eher alte Rechner einzusetzen. Zum Teil laufen die Systeme auch noch mit Windows XP und können gar nicht umfassend aktualisiert werden.

Kann sich das alles also wiederholen?

Ja, denn grundsätzlich gilt: Jedes Gerät ohne aktuellste Software ist ein Sicherheitsrisiko. Man ist als Nutzer also auch auf die Gewissenhaftigkeit von Unternehmen und Behörden ringsum angewiesen. Und selbst dann ist man noch nicht auf der sicheren Seite, denn moderne Software ist so komplex, dass ständig neue Sicherheitslücken entdeckt werden.

Manche werden von den Anbietern gestopft, bevor sie öffentlich bekannt werden. Andere werden von Geheimdiensten oder kriminellen Hackern entdeckt und ausgenutzt – so wie in diesem Fall zunächst von der NSA.

Hätte die NSA also die Lücke nicht gehortet, sondern gleich Microsoft gemeldet, wäre dann nichts passiert?

In diesem Fall wäre wohl nichts passiert. Und deshalb sehen sich IT-Experten bestätigt, die warnen, dass nicht geschlossene Sicherheitslücken am Ende eine Gefahr für alle darstellen. In den USA gibt es übrigens ein Regierungsgremium, das entscheidet, ob eine Schwachstelle geschlossen oder ausgenutzt werden soll. Meist werden die Hersteller informiert.

Wie sicher sind dann jetzt kritische Infrastrukturen?

Der Wurm Stuxnet, der vor rund einem Jahrzehnt das iranische Atomprogramm sabotierte, demonstrierte bereits, dass auch Industrieanlagen manipuliert werden können. Das Bewusstsein ist da und gerade in kritischen Infrastrukturen wie Versorger, Telekommunikation, Verkehr oder Finanzwesen wird verstärkt auf Sicherheit geachtet.

So waren bei Telefónica und dem Energiekonzern Iberdrola in Spanien oder der Deutschen Bahn auch nur Randsysteme betroffen. Bisher wurde laut Experten nachweislich nur ein Fall in der Ukraine bekannt, in dem ein Energiesystem durch einen Hackerangriff in die Knie gezwungen wurde.

Was kann man als Computernutzer machen?

Die Software immer auf dem neuesten Stand halten, ist heutzutage die absolute Mindestanforderung, betont Rüdiger Trost von der IT-Sicherheitsfirma F-Secure. Ausserdem sollte man eine Firewall einsetzen, die den Datenverkehr überwacht – auch innerhalb des eigenen Netzwerks, damit ein Gerät nicht andere anstecken kann. Schliesslich sollte man die jahrelangen Warnungen von Experten beherzigen, nicht übereilt auf Links in E-Mails zu klicken.

Was tun, wenn man von einem Erpressungstrojaner erwischt wurde?

Im Idealfall hat man auch als Privatnutzer ein frisches Backup, aus dem man den Computer wiederherstellen kann. «Dann fehlen vielleicht die Fotos vom letzten Wochenende, aber es ist nicht alles verloren», sagt Candid Wüest vom Sicherheitssoftware-Anbieter Symantec. Die Firmen und auch die Behörden raten grundsätzlich davon ab, den Kriminellen Lösegeld zu zahlen, um deren Geschäft nicht zu befeuern.

Manchmal – eher selten – gelingt es sogar, die Verschlüsselung der Angreifer zu knacken. Privat zeigen aber auch Experten Verständnis für Nutzer, die am Ende die geforderten Bitcoins bezahlen. Denn: «Was soll man anderes machen, wenn ansonsten alle Daten verloren gehen?» Doch selbst wenn man zahlt, ist keinesfalls garantiert, dass man einen Schlüssel erhält, mit dem man wieder auf seine Daten zugreifen kann.

(sda/ccr)

Das sind die ungewöhnlichsten Orte für Rechenzentren: