Inwiefern hat sich in den letzten Monaten Ihre Anlagestrategie verändert?

Wir haben die Strategie angepasst, insbesondere aufgrund der neuen Entwicklungen in den USA unter Präsident Trump und der damit verbundenen Zollmassnahmen. Es beginnt eine neue Investmentära, geprägt von Fragmentierung, fiskalischem Stress und geopolitischer Unsicherheit, aber auch von technologischer Beschleunigung und neuen Märkten. 

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Mit welchen Konsequenzen?

Wir haben entschieden, in unseren Kundenportfolios Risiko zu reduzieren beziehungsweise die Robustheit zu stärken. Bereits vor dem sogenannten Liberation Day haben wir in einem ausserordentlichen Anlagekomitee beschlossen, Aktienpositionen leicht zu reduzieren und Absicherungen einzubauen. Gleichzeitig haben wir die Quote der Unternehmensanleihen gesenkt, da wir Gewinne mitnehmen wollen. Die Risikoaufschläge bei Unternehmensanleihen waren aus unserer Sicht zu eng geworden. 

Wie genau haben Sie das Risiko reduziert?

Wir haben den grössten Teil der Risikoanpassung über Aktienindex-Futures umgesetzt. Das erlaubt uns, flexibel und kosteneffizient auf Marktveränderungen zu reagieren. Dadurch konnten wir das Marktrisiko in den Portfolios schnell und zielgerichtet steuern.

Keine schlechte Entscheidung, danach sind die Märkte nach unten gerauscht.

Ja, definitiv. Ich bin jetzt über zwanzig Jahre in der Vermögensverwaltung, und natürlich gehört immer auch eine Portion Glück dazu. Aber in diesem Fall war das Timing tatsächlich sehr gut. Die Absicherungen haben sich als richtig erwiesen.

Susanne Kundert 

Kundert ist Leiterin Anlagen und Mitglied der Geschäftsleitung der Globalance Bank. Seit 15 Jahren konzentriert sie sich auf die Entwicklung und das Portfoliomanagement nachhaltiger Anlagelösungen. Vor ihrem Einstieg bei Globalance war sie Partnerin bei der ESG-AM AG und davor Mitglied der Direktion der Zürcher Kantonalbank, wo sie das Fixed-Income-Spezialitäten-Team im Assetmanagement leitete.

Ist Gold weiterhin ein sicherer Hafen?

Absolut. Taktisch haben wir Gold in den letzten Monaten erhöht, aber auch strategisch halten wir in unserer Asset-Allokation eine substanzielle Goldquote in allen Portfolios. Gerade in einem Umfeld mit steigender Inflation, geopolitischer Unsicherheit und schwindendem Vertrauen in Staatsanleihen bleibt Gold ein krisenresistenter Baustein.

Sollte man jetzt in Aktien einsteigen?

Das hängt vom Szenario ab. Sollte es zu einer schnellen Einigung in den Handelsgesprächen kommen, wäre jetzt ein guter Einstiegszeitpunkt. Doch unser Basisszenario sieht eher langwierige Verhandlungen vor. Wir rechnen deshalb mit einem gedämpften globalen Wachstum, einer abkühlenden Konsumentenstimmung und schwachen Aktienmärkten.

Was ist mit Staatsanleihen?

Wir bevorzugen europäische Staatsanleihen mit moderater Duration. Im mittleren Laufzeitenbereich sehen wir ein besseres Verhältnis von Risiko und Ertrag als bei sehr lang laufenden Papieren. Unsere Portfolios enthalten beispielsweise Green Bonds von europäischen Staaten mit hoher Qualität.

Auf welche langfristigen Trends setzen Sie?

Unsere gesamte Anlagephilosophie basiert auf Zukunftsthemen mit positivem Footprint. Anders als viele Marktteilnehmer haben wir uns nicht auf ESG-Labels verlassen, sondern auf Rendite durch Zukunftsfähigkeit. Seit der Gründung der Bank investieren wir gezielt in Megatrends wie Digitalisierung, Gesundheit, Urbanisierung, saubere Mobilität oder Automatisierung. Firmen müssen mindestens 60 Prozent ihres Umsatzes in diesen Zukunftsmärkten erzielen, um für unsere Portfolios berücksichtigt zu werden. 

Können Sie ein paar Beispiele aus den Branchen nennen?

Der Gesundheitssektor profitiert von innovativen Lösungen für altersbedingte Gesundheitsprobleme und von der steigenden Nachfrage nach medizinischer Versorgung. Digitalisierung und KI werden sich über alle Branchen auswirken und eine technologische Disruption bringen. Die Urbanisierung verhilft Unternehmen beispielsweise im Bereich von energieeffizienten Heiz- und Kühltechniken zu grossem Wachstum.

Wie haben Ihre Investments in den letzten Jahren performt? 

Die globale und robuste Diversifikation hat sich ausgezahlt. Unsere Balance-Strategie, mit etwa 45 Prozent Aktienquote, 30 Prozent Anleihen und zusätzlichen stabilisierenden Elementen wie tief korrelierten Anlagen (zum Beispiel Versicherungsverbriefungen) und Realwerten hat in den vergangenen Jahren im breiten Marktvergleich eine durchschnittlich bessere Rendite erzielt als die unserer Mitbewerber. So hat der Sokrates Fonds (Balance-Strategie) 2024 rund 8,5 Prozent Rendite in Schweizer Franken erwirtschaftet.

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Wie stehen Sie zu Investments in China, einem autoritären Staat? 

China macht mit der Dekarbonisierung stark vorwärts, und einige chinesische Unternehmen zählen zu den Gewinnern. Wir investieren sehr selektiv. Staatsnahe Unternehmen meiden wir komplett. Firmen wie BYD, ein chinesischer Elektrofahrzeughersteller, der im Bereich Dekarbonisierung tätig ist und relativ transparent berichtet, passen zu unseren Kriterien.

Was ist Ihre Haltung zu Rüstungsfirmen? 

Wir investieren nicht in Unternehmen, die kontroverse Waffen wie Streumunition herstellen. Über sogenannte Dual-use-Technologien diskutieren wir intern aktuell. Auch Unternehmen wie Microsoft mit ihren Lösungen wie AI, Cloud oder Software sind im Bereich Rüstung im weiten Sinne involviert. 

Kryptowährungen spielen keine Rolle? 

In unseren Standardportfolios derzeit noch nicht, wir schauen uns aber aktuell insbesondere digitale Anlageklassen an. So schliessen wir nicht aus, künftig – unter bestimmten Voraussetzungen – auch in diesem Bereich Lösungen anzubieten.

Welche Schweizer Titel empfehlen Sie? 

Roche mögen wir, weil das Unternehmen eine volle Produktpipeline hat. Zudem produziert Roche auch in den USA. Es sind nur wenige Produkte, die nicht an dem Ort produziert werden, wo eben auch expandiert wird. Bei ABB ist es genau das Gleiche. ABB mögen wir besonders, weil die Firma vom Megatrend Dekarbonisierung und von den ABB-Lösungen für mehr Energieeffizienz und Automatisierung profitiert. Die SIG Group, eher ein Small Cap, ist in der Verpackungsindustrie tätig: Sie ist sehr, sehr stark im Bereich «rezyklierte Kartonverpackung für Lebensmittel», einem inhärent defensiven Geschäft, das auch bei einem Abschwung relativ stabil bleiben wird. Auch aufgrund ihrer Lieferkettenstrategie «in der Region für die Region» gibt es nur begrenzte direkte Auswirkungen auf die Profitabilität. Natürlich gehören auch Telekom-Unternehmen, die wie Swisscom hauptsächlich in der Schweiz tätig sind, dazu. Sie sind im Megatrend Digitalisierung stark aufgestellt. Der Sektor gilt derzeit als vergleichsmässig sicherer Hafen. 

Ab welchem Betrag kann man bei Ihnen Kunde werden? 

Bereits ab 300'000 Franken kann man bei uns ein Vermögensverwaltungsmandat eröffnen. Damit erhält man Zugang zu allen unseren Strategien und Bausteinen. Für individuelle Themenschwerpunkte bieten wir auch Anlageberatung an.

Wie investieren Sie privat? 

Ich bin selbst in einem Globalance-Chancen-Vermögensverwaltungsportfolio investiert, das aus rund 70 Prozent Aktien mit Fokus auf Zukunftsthemen ausgerichtet ist. Unsere Portfolios sind robust konstruiert und global diversifiziert und beinhalten auch tief korrelierte Anlagen wie Versicherungsverbriefungen oder Realwerte wie Infrastruktur und Gold. Zusätzlich halte ich ein kleines privates Pocket, mit dem ich in ausgewählte Venture-Projekte in den Bereichen Klima und Gesundheit investiere.

Was war Ihr bester und was war Ihr schlechtester Trade?

Mein bester Trade war das frühe Investment in BYD, einen chinesischen Hersteller von Elektroautos, der heute zu den Innovationsführern zählt. Mein schlechtester Trade war Beyond Meat: Der Börsengang war viel zu euphorisch bewertet – das habe ich unterschätzt.

Dieser Artikel ist im Millionär, dem Magazin der Handelszeitung, erschienen (Juni 2025).