Gold sei als Mittel zur Risikodiversifikation «unverzichtbar», sagt Stefan Keitel, oberster Anlagestratege der Credit Suisse. Der fortschreitende Verlust des Vertrauens in Papiergeld werde den Goldpreis weiterhin stützen, glaubt er. Obwohl der Goldpreis von einem Rekordhoch zum nächsten eilt, stürzen sich die Anleger auf Gold, als stünde es im Ausverkauf.

Die Finanzindustrie gehört wegen der grossen Nachfrage von Anlegern inzwischen zu den grössten Nachfragern nach Gold. Seit neustem liegt sie in der Statistik des Branchenverbandes World Gold Council sogar vor den Juwelieren und der Industrie, wo das Gold vielfältigen Anwendungszwecken dient. In einer Umfrage von Bloomberg erwarten 80 Prozent der Befragten einen weiteren Anstieg des gelben Edelmetalls. So hohe Erwartungen sind oft ein Indiz für eine Trendumkehr.

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Wenn Blasen platzen. Den gleichen Boom wie Gold erleben die Aktienmärkte in den Schwellenländern. Auch hier empfiehlt Keitel, beispielhaft für die Anlagechefs zahlloser Banken, die «strategische Aktienexposure» in Märkten wie China oder Brasilien auszuweiten. Die Anleger folgen solchen Empfehlungen in Scharen. Die Nachfrage nach Schwellenländer-Aktien ist inzwischen so gross, dass sich die Fondsindustrie neue Tricks einfallen lassen muss, um die Nachfrage zu befriedigen. Wenn alle Welt in dieselbe Richtung rennt, ist Vorsicht geboten.

Erinnern Sie sich an Fantastic? Wahrscheinlich lieber nicht. Schliesslich ist diese Zuger Softwarefirma nach ihrem spektakulären Börsendébut vor genau zehn Jahren schnell wieder untergegangen. Die weltweite Internet- und Technologieblase von damals hinterliess in der Schweiz mit der Milliardenpleite von Fantastic ihre tiefste Spur. Dabei hätte ein bisschen gesunder Menschenverstand schon genügt, um das Unheil vorauszusehen. Warum vertrauten zahllose Anleger, aber auch unzählige Finanzanalysten und Investmentprofis lieber den schiefen Projektionen der Fantastic-Gründer?

«Modeerscheinungen sind an den Finanzmärkten genauso oft anzutreffen wie im sonstigen Leben», sagt Finanzprofessor Thorsten Hens von der Universität Zürich. Der Herdentrieb ist zwar kein neues Marktphänomen, doch das Tempo, in dem Modeströmungen kommen und gehen, hat massiv zugenommen. Vor 50 Jahren habe die durchschnittliche Haltedauer einer Aktie elf Jahre betragen, sagt Hens. Jetzt liege sie noch gerade mal bei einem Monat. Nicht immer sind jedoch die Investitionszyklen so kurz, wie diese Statistik suggeriert. Fakt ist aber, dass Trends für Anleger meistens sehr spät als solche zu erkennen sind.

Jim Rogers, der viel zitierte amerikanische Rohstoff-Guru, der in den siebziger Jahren an der Seite von George Soros ein grosses Vermögen als Devisenspekulant machte, tingelt seit Jahren mit Tipps durch die Welt, die nicht halten, was sie versprechen. Im Februar 2008 sagte Rogers der «SonntagsZeitung»: «Sie können ein Vermögen verdienen, wenn Sie jetzt in Wasser investieren.» Tatsache ist aber: Wer sein Geld vor drei Jahren in einen Schweizer Wasserfonds steckte, hat bis heute mindestens 30 Prozent verloren. Ebenso viel hätte der Anleger zwar auch mit einem repräsentativen Korb aus Schweizer Aktien verloren, allerdings zu einem Zehntel der Spesen eines Wasserfonds.

Riesiger Kapitalzufluss. Dass Themenfonds meistens zu spät kommen, ist empirisch längst erwiesen und somit eine Binsenwahrheit. Trotzdem funktioniert das Marketing solcher Produkte immer wieder glänzend. Vor fünf Jahren wagte Martin Ebners BZ Gruppe ihr Comeback im Retailgeschäft mit der Lancierung eines Infrastrukturfonds. Infrastrukturunternehmen seien gross im Kommen, weil sich die schuldengeplagten Staaten solche Investitionen immer weniger leisten könnten, lautete das damalige Credo der Fondsmanager. Doch auch die Anteilscheine am BZ-Infra-Fonds bewegen sich im Dreijahresvergleich um minus 30 Prozent. Was allerdings im Vergleich zur Konkurrenz immer noch gut ist.

Schon länger in Mode sind, wenn auch mit Unterbrüchen, Anlagen in Schwellenländern. Logisch, möchte man meinen, denn schliesslich versprechen Länder wie Brasilien, China oder Indien für die nächsten zwei Jahre ein Wirtschaftswachstum von rund 20 Prozent. Was auch immer in diesen Ländern an die Börse kommt, findet massenhaft Käufer. Der brasilianische Erdölkonzern Petrobras konnte im September 70 Milliarden Dollar frisches Kapital bei den Aktionären einsammeln. In Asien belief sich der Erlös aller IPO im Jahr 2009 auf 240 Milliarden Dollar. Im laufenden Jahr sollten es laut Schätzungen gegen 500 Milliarden Dollar werden.

Zwar kommt das Geld für den Aktienboom in den Schwellenländern längst nicht mehr nur aus dem Ausland, doch der Kapitalzufluss ist immer noch gross genug, um Börsentrends kräftig zu unterstützen. Das Institute for International Finance (IIF), der Weltverband der Banken, erwartet, dass im laufenden Jahr private Investitionen von rund 190 Milliarden Dollar in Finanzanlagen in den Emerging Markets strömen werden. Das ist zwar noch lange nicht so viel wie 2007, im Jahr bevor die Märkte kollabierten und die ausländischen Gelder aus den Emerging Markets abgezogen wurden. Doch die Gelder fliessen laut IIF deutlich schneller nach Asien zurück als noch vor kurzem angenommen. Das führt auch dazu, dass chinesische Aktien in Bezug auf verschiedenen Finanzkennzahlen als relativ teuer bezeichnet werden müssen.

Ungehörte Warnungen. Während die Titel im Schweizer Aktienindex SMI eine durchschnittliche Dividendenrendite von 2,8 Prozent bieten, sind es in China gerade mal 1,1 Prozent. Auch das Verhältnis von Börsenkapitalisierung zu Eigenkapital ist in China deutlich schlechter als an den meisten europäischen Börsen. Besonders augenfällig bezüglich letzterer Kennzahl ist aber nicht China, sondern Indien: In Bezug auf das Verhältnis von Börsenkapitalisierung zu Eigenkapital sind indische Banken dreimal so teuer wie Schweizer Banken.

Vor der Gefahr einer erneuten Emerging-Markets-Blase warnen nur wenige. Linda Yueh, die an der Universität Oxford Wirtschaftswissenschaften doziert, gehört zu denen, die schon seit Monaten vor einer Immobilienblase und den damit verbundenen Gefahren für die lokalen Banken und das Finanzsystem warnen. Doch die Argumente sind nicht einfach mit Fakten zu belegen. Ein Problem sei, dass China wichtige Statistiken zur wirtschaftlichen Entwicklung nur auf Jahresbasis veröffentliche. Ungünstige Entwicklungen können damit lange im Verborgenen bleiben. Angezweifelt wird auch die Verlässlichkeit chinesischer Handelsstatistiken. Aufhorchen müssten Investoren auch bei Warnungen, wie man sie bisweilen von erfahrenen Geschäftsleuten zu hören bekommt. Jörg Wolle, Chef des Zürcher Handelshauses DKSH, das mit 540 Geschäftsstellen in Asien tätig ist, sagte unlängst an einer Podiumsdiskussion: «In China lässt sich viel Umsatz machen, Geld verdienen ist aber schon einiges härter, ganz zu schweigen davon, das verdiente Geld wieder ausser Landes zu bringen.»

Roman von Ah, Geschäftsführer der bankenunabhängigen Fondsgesellschaft Swiss Rock Asset Management, sieht die Vielfalt des Angebotes der Investmentbranche kritisch: «Für eine gute Performance reichen ein paar wenige, aber richtig konstruierte Kernanlagen aus, die auch nicht ständig verändert werden müssen», sagt er. Der laufende Zinsertrag lasse sich derzeit am besten mit einem gut diversifizierten Korb von Unternehmensanleihen mit kurzen Laufzeiten erzielen. Für einen langfristigen Kapitalertrag sei ein diversifizierter Aktienkorb das Mass aller Dinge. Von Gold als Inflationsschutz hält von Ah wenig. «Aktien erfüllen diesen Zweck besser.»