onja Schaufelberger hat es wieder einmal geschafft. Mit Call-Optionen auf Novartis-Aktien verdiente sie in den letzten drei Monaten einige Tausend Franken. Zwei Mausklicks im Internet machten es möglich. Die Genugtuung ist gross, denn ihr gut verdienender Ex-Mann, Banker von Beruf, hatte ihr Interesse an Aktienanlagen stets belächelt. Zum Anlageberater zu gehen, traute sie sich deshalb nicht – obwohl ihr Vater ihr eine Erbschaft von 250 000 Franken hinterlassen hatte. Nach der Scheidung vor einem halben Jahr hat sich Sonja Schaufelberger von ihrem Minderwertigkeitskomplex befreit und eröffnete bei einem Onlinebroker ein Konto. Ihr Sohn, der bei einer Investmentbank in den USA arbeitet, steht ihr mit Rat und Tat zur Seite. Seit vier Monaten ist sie Mitglied eines Investmentklubs für Frauen.

So wie Sonja Schaufelberger nutzen mittlerweile schätzungsweise eine viertel Million Kunden in der Schweiz das Internet für Börsentransaktionen. Neueinsteiger ebenso wie alte Hasen. An der Schweizer Börse wird heute jede siebte Transaktion direkt ins Netz eingespeist. Marktleader sind die beiden Grossbanken UBS und CS. Bei der UBS kommen 10 Prozent der Börsenaufträge übers Internet, und bei der CS waren es im Juni 2000 gar 43 Prozent. Die Durchschnittsgrösse der an der Schweizer Börse eingegangenen Aufträge, knapp 8000 Franken, zeigt allerdings, dass vor allem Kleinkunden und angefressene Trader – nicht zuletzt auch dank tieferen Courtagen – online handeln. Doch wenn die Banken ihre zwei- bis dreistelligen Millioneninvestitionen für den Aufbau ihrer Internetplattformen amortisieren wollen, brauchen sie grössere Volumen. Heute seien die Volumen noch viel zu klein, um damit Gewinne zu erzielen, räumt ein Anbieter ein, dem die hohen Informatikkosten derzeit die Freude am Geschäft vergällen.

Erschwerend kommt hinzu, dass in der Schweiz mittlerweile rund 20 Anbieter um die Gunst der Kunden buhlen. Zahlreiche Dienstleister haben sich die im Vergleich zum physischen Aufbau von Vertriebskanälen tiefen Markteintrittskosten im Internet zu Nutze gemacht und bieten Online-Aktienhandel im Netz an. Ein BILANZ-Vergleich zeigt: Die Informationsfülle ist gigantisch, die Aufbereitung und Führung der Surfer hingegen lassen auf den meisten Sites zu wünschen übrig.

Die Nase vorn haben im BILANZ-Vergleich die beiden Grossbanken. Die UBS deckt mit ihrem Informationstool UBS Quotes praktisch alle Börsenplätze ab und bietet News und Informationen zu mehr als 240 000 Finanzinstrumenten. Research und Analysen sind über UBS Research online zugänglich. Mit ihren 20 bis 30 Millionen Pageviews pro Monat steht UBS Quotes bei den Anlegern und Surfern hoch im Kurs. UBS-Kunden können an sieben wichtigen Börsen online traden, alle anderen sind indirekt ebenfalls zugänglich. Die Realtime-Kurse stehen auch Nichtkunden gratis zur Verfügung. Die UBS macht den Kunden den Umstieg in den Onlinehandel leicht, indem sie keine neue separate Depoteröffnung verlangt, je nach Struktur des Depots Lombardkredite gewährt und keine Minimalgrösse beim Konto verlangt. Die beiden UBS-Onlineprodukte E-Banking classic, das die konventionelle Beratung über den Kundenbetreuer mit einschliesst, und Tradepac, das für den selbstständigen, häufigen Kunden gedacht ist, unterscheiden sich vor allem in der Gebührenstruktur.

 Differenzierter präsentiert sich der Onlineauftritt bei den verschiedenen Töchtern der Credit-Suisse-Gruppe. Mit ihrer Philosophie, im Anlagegeschäft auch Fremdprodukte auf ihre Plattform zu schalten, hat die CSG die Erkenntnis geschickt umgesetzt, dass der Kunde im Netz König ist. Mit ihren Tools Fundlab und Insurancelab erspart die CS ihren Kunden den Gang zur Konkurrenz – und hofft so natürlich, diese in ihrer Internetumgebung zu behalten und sie zum Abschluss zu führen. Die Fülle an Informationen können die CS-Kunden allerdings nicht wie bei der UBS über eine zentrale Homepage abrufen. Sie müssen wissen, ob sich die gewünschten Informationen und Tools in der CS-Umgebung oder im Auftritt der CS Private Banking finden.

Im Online-Aktienhandel sind die beiden Produkte DirectNet und Youtrade sehr unterschiedlich positioniert. DirectNet, das traditionelle Tool, verlangt keine Kontoneueröffnung, kennt keine Minimaleinlage und gewährt Lombardkredite. Bei den Konditionen hingegen liegt DirectNet, zusammen mit E-Banking classic von der UBS, abgeschlagen auf den hintersten Rängen der untersuchten Institute. Der Zugang zur traditionellen Anlageberatung hat offensichtlich seinen Preis. Lohnender wäre für aktive CS-Kunden das auf einer eigenen Homepage und in einer eigenen optischen Umgebung gestaltete Youtrade. Bei Youtrade geht der Kunde eine neue Bankbeziehung ein, eröffnet ein neues Depot, muss eine Minimaleinlage leisten, kommt aber im Gegenzug zu tieferen Gebühren, ist online mit mehreren wichtigen Börsen vernetzt und erhält je nach Bedarf Meldungen per E-Mail oder SMS.

Die Kantonalbanken bewegen sich mit ihren heutigen Angeboten langsam in Richtung der beiden Grossbanken. Die Zürcher Kantonalbank glänzt mit umfangreichem eigenem Research und Portfoliovorschlägen. Bei den Gebühren liegen die Kantonalbanken im Mittelfeld. Für Trader wenig verlockend ist allerdings die Tatsache, dass die meisten Staatsinstitute an der Postengebühr festhalten. Mit in diese typischerweise auf die Retail-Kundschaft ausgerichtete Kategorie gehört auch Mi-Trade der Migrosbank.

Eindeutig auf Grosskunden zielen die Angebote der Bank am Bellevue sowie Firstquote von Maerki Baumann ab. Firstquote lässt mit sich verhandeln, wenn die Ordergrössen hoch sind, und bietet sich für institutionelle Investoren als Plattform an. Auch bbtrade offeriert für gute Kunden interessante Bedingungen. Dass beide Anbieter nicht auf Kleinanleger setzen, zeigt sich in der eher mageren Auswahl von Zusatzdienstleistungen im Netz. Aufholpotenzial besteht diesbezüglich auch bei Fimatex, Swissbrokers und Consors. Bei den Konditionen zählen die drei Anbieter zwar zu den besten. Zocker können allerdings nicht auf Lombardkredite zählen, und wer sich detaillierter über das Marktgeschehen informieren möchte und Research sucht, findet bessere Anbieter.

Mit dem Markteintritt der neuen Anbieter ohne Bankstatus entwickelt sich Onlinebrokerage vermehrt zum Geschäft mit der breiten Masse. In einem wachsenden Markt ist das an sich kein Problem. Doch der Crash der Internetaktien, für Kleinanleger und Zocker ein beliebtes Anlageinstrument, zeigt, wie heikel eine rein auf Informationsdienstleistungen und Handel ausgerichtete Plattform ist, die vom Kunden viel Selbstverantwortung verlangt. Hinter vorgehaltener Hand geben einige Banker zu, dass viele Kleinkunden nach dem Crash in Raten die Lust am aktiven Handeln verloren haben. Viele Neueinsteiger wünschten sich wohl heute, sie hätten einem Anlageberater gegenübergesessen, der sie vor den Risiken solcher Engagements gewarnt hätte (siehe auch Interview mit Bankenombudsmann Hanspeter Häni auf Seite 140).

Gefragt sind also neben Informationen, die auch zahlreiche andere Websites anbieten (siehe Tabellen auf Seite 137), inskünftig auch eigentliche Beratungsdienstleistungen. Doch die stecken bei vielen Instituten noch in den Kinderschuhen. Credit Suisse und Credit Suisse Private Banking bieten mit dem Investmentmanager und dem Investment-proposal auch Nichtkunden im Netz interaktive Anlageberatung an. In Kombination mit dem Financial Check dienen diese als Ausgangslage für die Anlageentscheide und geben dem Kunden konkrete Anlagevorschläge.

Die ZKB offeriert ihren Onlinekunden exklusiv interaktive Beratungsdienste. Anhand von elf Fragen wird ein individuelles Anlageprofil des Kunden entworfen. Mit diesem Profil erhält der Anleger einen Anlagevorschlag oder kann sein bestehendes Depot analysieren. Bei einigen Instituten ist die interaktive Anlageberatung in Planung. Die UBS will im Herbst die Onlineberatung mit myUBS ausbauen.

Noch hat Internetbanking, gekoppelt mit traditionellen Beratungsdienstleistungen, seinen Preis, wie E-Banking classic der UBS oder DirectNet der CS zeigen. Die Universalbanken nützen ihre dominante Marktstellung also auch bei den reinen Courtagen voll aus. Wie die Finanzdienstleister dereinst ihre interaktiven Beratungsdienstleistungen in Rechnung stellen, ist noch offen. Die Gebühren im reinen Online-Aktienhandel hingegen dürften weiter sinken. Zum einen müssen sich jene Anbieter, die mit den zahlreichen Dienstleistungen der Grossen nicht mithalten können, über tiefere Gebühren verkaufen. Zum anderen drängen noch im laufenden und Anfang nächsten Jahres neue Mitstreiter auf den Markt.

So will die Rentenanstalt/Swiss Life mit ihren Zehntausenden von Versicherungskunden in absehbarer Zeit ins Internetbanking einsteigen. Auch die Bank Vontobel plant den Gang ins Internet – mit einem hochkarätigen Team: Ex-Swisscom-Chef Tony Reis ist Verwaltungsratspräsident, Ex-Veba-Vorstand Alain Bandle ist CEO, und Think Tools liefert Impulse für die Umsetzung im Internet. Wer in diesem vergleichsweise späten Stadium in den Markt eintritt, muss entweder mit sensationellen Lösungen aufwarten oder eine aggressive Preisstrategie fahren. Das wird auch die Strategie der beiden Grossbanken beeinflussen. Denn trotz gut ausgebautem Angebot können sowohl Youtrade der CS als auch die UBS-Paketlösung Tradepac schon heute preislich bei weitem nicht mehr mithalten.

Vom wachsenden Dienstleistungsangebot und den bevorstehenden Positionierungskämpfen der Anbieter können die Kunden nur profitieren. Gelegenheitsanleger, die ab und zu Aktien kaufen, diese liegen lassen und gleichzeitig Wert auf weitere Onlinebanking-Dienstleistungen legen, sind bei den Kantonalbanken und der Migrosbank gut aufgehoben. Wer mit diesem Anlegerprofil explizit nicht auf traditionelle Beratung verzichten will, wählt – mit entsprechenden Kostenfolgen – E-Banking classic der UBS oder DirectNet der CS. Wer drei oder vier Orders im Monat aufgibt und auf ausführliches Research gerne verzichtet, wendet sich am besten an die reinen Onlinebroker wie Consors, Fimatex oder Swissbrokers – sofern es nicht stört, dass diese Anbieter keinen umfassenden Onlinebanking-Service anbieten. Genau von diesen Anbietern fühlte sich auch Sonja Schaufelberger angesprochen.

Selbstständigen Kunden mit grossen Volumen seien die Lösungen von bbtrade und Firstquote zur näheren Betrachtung empfohlen. Ausführliche Kostenvergleiche der Anbieter im Netz finden interessierte Anleger unter www.brokerinfo.ch, www.comparis.ch, www.swissinvest.ch sowie www.finanzinfo.ch.
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