Kennen Sie die heissesten Börsen-Highflyer der Schweiz? Es sind weder Biotechnologie-Aktien noch Hightech-Papiere, sondern die Titel des Schreibwaren- und Büromaterialherstellers Pelikan: Diese haussierten seit Anfang 2005 um sagenhafte 215 Prozent. Dabei steckte der Pelikan vor einigen Jahren noch tief in der Tinte; 1996 kaufte die malaysische Diperdana Holdings Berhad unter ihrem Hauptaktionär Hooi Keat Loo, einem der chinesischen Volksgruppe angehörenden Malaysier, von der Metro ein 70-Prozent-Aktienpaket an der in Baar domizilierten Pelikan. Die restlichen 30 Prozent waren im Publikum gestreut. Doch auch unter dem neuen Eigner blieb der Pelikan im Tiefflug, die Erträge wollten einfach nicht steigen.

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Im Frühling vor einem Jahr versuchte Diperdana, die Baarer ganz zu schlucken. Doch das Umtauschangebot, eine Pelikan-Aktie gegen 80 Diperdana-Titel, war zu mager; Diperdana besass am Ende bloss 87,6 Prozent sämtlicher Papiere. Dennoch setzten Pelikan zu einem unglaublichen Höhenflug an. Was kaum am Geschäftsverlauf liegt: Im ersten Halbjahr 2005 stieg der Umsatz um 2,5 Prozent auf 105 Millionen Franken, der Gewinn verbesserte sich um 6 Prozent auf 5,3 Millionen.

Die dünne Gewinnmarge von 5,1 Prozent ist kaum der Auslöser für das Kursfeuerwerk. Auch die Gespräche um eine Übernahme der einst ausgegliederten Pelikan Hardcopy eignen sich nicht als Treiber. Vielmehr scheinen Spekulanten am Werk; man rechnet damit, dass es Hooi Keat Loo mit seiner inzwischen von Diperdana in Pelikan International Corporation Berhad umbenannten Firma nochmals versuchen wird und bald ein neues Übernahmeangebot für die restlichen Titel lanciert. Doch nur schon eine geringe Nachfrage nach Pelikan-Aktien lässt die Kurse explodieren. Zweitgrösster Aktionär mit einem Anteil von 5,1 Prozent ist die Zürcher OZ Bankers. Damit stellt sich der Free Float auf gerade mal 7,3 Prozent. Zum Vergleich: Die SWX fordert 20 Prozent.

Vielleicht geht die Rechnung ja auf. «Wir prüfen momentan eine Dekotierung», heisst es bei Pelikan Deutschland. Mir wird allerdings auch bedeutet, dass man nicht zu jedem Preis eigene Papiere zurückkaufen wolle. Und der gegenwärtige Aktienkurs von Pelikan ist dem Management deutlich zu hoch. Wenn sich die Hoffnungen auf ein weiteres Kaufangebot zerschlagen, wird der Pelikan abschmieren. Denn der enge Markt funktioniert auch nach unten.

In den Irrungen und Wirrungen des rasanten Aufstiegs und des noch rasanteren Falls des Internetgebildes Distefora blieb eine Transaktion fast unbemerkt: Im Mai 2002 wurde die Tochter Navigon für einen Apfel und ein Ei – exakt war es ein Euro – verkauft. Käufer war ein Beteiligungsunternehmen namens F&PS, das zu 60 Prozent vom damaligen Distefora-Mehrheitsaktionär und deutschen Verlagserben Alexander Falk und zu 40 Prozent vom einstigen Distefora-Manager Peter Scheufen kontrolliert wird. Die fast selbstlose Haltung von Falk und Scheufen wurde belohnt; inzwischen hat sich Navigon dank einer boomenden Nachfrage nach satellitengestützter Navigation vom Ein-Euro-Unternehmen zur börsenreifen Firma mit einem Wert von mehreren hundert Millionen entwickelt. Prompt sind sich Falk und Scheufen ob der Besitzansprüche in die Haare geraten (siehe «Auferstanden aus Ruinen»).

Nun, es gibt immer wieder Wunder, auch in der Finanzwelt. Doch an die wunderbare Genesung vom todkranken Töchterlein zur wertvollen Börsenkandidatin – und dies innert gerade mal dreier Jahre! – mag ich nicht glauben. Da war einigen Herren bereits beim Verkauf klar, welch eine Perle man sich selbst in die Hände spielt. Die Transaktion jedenfalls ist hochinteressant für die paar tausend Kleinaktionäre, die wegen des Distefora-Absturzes viel Geld verloren haben. Doch Hansjörg Stoll, Notar beim Konkursamt Küsnacht und in dieser Funktion verantwortlich für die Liquidation der Distefora, winkt ab. Für ihn ist die Sache gelaufen; er hofft, das Verfahren bis spätestens kommenden Herbst vom Tisch zu haben.

Überhaupt hat der Konkurs komische Auswüchse getrieben, zumindest aus meiner Sicht als Nichtjurist. So stellte das Konkursamt an diverse Distefora-Verantwortliche Forderungen in Millionenhöhe. Worauf die bis im Juli 2002 als Verwaltungsräte amtierenden Hans Georg Hahnloser und Gaston Guex einem Vergleich zustimmten und die gegen sie erhobenen Forderungen mit einer Zahlung von angeblich 360 000 Franken tilgten – einem Bruchteil der geforderten Summe. Die gegen Alexander Falk erhobene Forderung dagegen, so wurde mir erzählt, bestehe immer noch. Doch diese könnte der Deutsche ohne weiteres, und ebenfalls mit einem schönen Discount, über einen Strohmann aufkaufen. Doch wahrscheinlich hat er dies nicht einmal nötig.

Johann-Christoph Rudin, Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft der Investoren Schweiz, zeigt sich über den Verlauf des Distefora-Konkurses nicht überrascht. Sobald eine Firma in Konkurs gegangen sei, hätten nur noch die Gläubiger das Sagen. Die Aktionäre dagegen gingen meistens leer aus, sogar wenn nach der Befriedigung der Gläubiger noch Geld übrig bleibe. «Es ist ein zentrales Problem in unserem Aktienrecht, dass die Aktionäre als Eigentümer einer Gesellschaft faktisch rechtlos sind», sagt Rudin, der einst als einziger Verwaltungsrat Distefora noch zu retten versuchte.

Die Zürcher Kantonalbank hat als Novität in der Schweiz zwei Immobilienderivate lanciert. Es handelt sich dabei um ein kapitalgeschütztes Produkt, Immo-Protein genannt, sowie um ein Discountzertifikat namens Immo-Casual. Beiden ist der von der ZKB entwickelte Zürcher Wohneigentumsindex, kurz Zwex, zu Grunde gelegt. Ich habe die Derivate den Spezialisten von Derivative Partners in Zürich vorgelegt. Das Verdikt von Marcello Solida, Chef Produktemanagement: «Es ist sehr gut, dass die ZKB solche Immobilienprodukte lanciert. Von der Gestaltung her sind das sinnvolle Derivate, sie entsprechen einem Marktbedürfnis.»

Nur schade, dass die Instrumente nicht schon früher geschaffen wurden. Denn die Wohneigentumspreise sind im Kanton Zürich, so zeigt der Zwex, seit 1999 um 13 Prozent gestiegen. Da wäre also einiges zu verdienen gewesen. Ich bin gespannt, wie der Markt die Produkte aufnehmen wird. Die ZKB jedenfalls hat bewusst nur eine geringe Marge im Verkaufspreis eingerechnet, damit dieses Pilotprojekt bei den Anlegern gut ankommt. Interessant ist übrigens, dass sich die Derivate-Schneider der Zürcher Bank ebenfalls Gedanken über eine Put-Option auf den Zwex machen. Damit könnten Hausbesitzer ihre Risiken im Immobilienmarkt absichern. «Diese Puts wären sogar geeignet für Private mit nur einem Wohnobjekt», versichert mir Patrik Schellenbauer, Leiter Financial Engineering Immobilien der ZKB. Der nächste Schritt sind wohl Derivate auf einem gesamtschweizerischen Immobilienindex.

Wie ich gehört habe, sind auch die Derivate-Spezialisten von UBS und CS Group damit beschäftigt, solche Produkte zu kreieren. Ich befürchte, dass die Finanzinstrumente der beiden Grossbanken ebenfalls auf eigenen Immobilien-Indizes basieren werden. Dann wäre das Durcheinander perfekt: Zu den bereits bestehenden Indizes von Wüest & Partner, IAZI sowie ZKB würden sich zwei weitere Barometer gesellen.

Ihr Frank Goldfinger

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