Je gut 600 000 Angestellte haben ihre berufliche Vorsorge bei den beiden dominierenden Lebensversicherern: Swiss Life und «Winterthur». Dort zahlen sie (und ihre Arbeitgeber) für ihre Renten, Schutz bei Invalidität und einen allfälligen Todesfall während des Erwerbslebens ihre Prämien ein. Die Versicherungen legen das Geld an und garantieren die versprochenen Leistungen, etwa die jährliche Verzinsung des Altersguthabens von 2,5 Prozent. Trotz den boomenden Aktienbörsen müssen sich die total 2,1 Millionen Versicherten bei den grossen Anbietern aber mit minimalen Erträgen zufrieden geben. Die «Winterthur» wird den obligatorischen BVG-Anteil mit 2,65 Prozent verzinsen, Swiss Life weiss offiziell noch nichts über die Performance im abgelaufenen Jahr.

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Auch die letzten offiziellen Zahlen zeigen wenig Erbauliches für die Versicherten: Laut Bundesamt für Privatversicherungen erzielte die Swiss Life im Jahr 2005 gerade mal eine Performance von 3,4 Prozent (siehe Tabelle unten).

Die zweite Säule ist bekanntlich langfristig ausgerichtet, doch weil die Lebensversicherer jederzeit eine hundertprozentige Deckung garantieren, legen sie extrem aktienscheu an. So liegt etwa der Aktienanteil bei der «Winterthur» unter fünf Prozent. Die autonomen Pensionskassen von grossen Firmen oder der öffentlichen Hand erreichten im guten Börsenjahr 2005 immerhin eine Durchschnittsrendite von 13 Prozent. Sie haben grössere Freiheiten und können zwischendurch auch eine Unterdeckung ausweisen, dafür erwirtschaften sie langfristig höhere Erträge für die Versicherten.
Nach der lauten Rentenklau-Debatte führt der Frust von Arbeitnehmern und -gebern zu weiteren Kündigungen bei den grossen Lebensversicherern. Allein 2005 waren es gegen 200 000 Versicherte, die sich zumeist einer der kleinen autonomen Sammelstiftungen anschlossen – das sind nochmals deutlich mehr als ein Jahr zuvor.

Zur schlechten Performance der Vollversicherer kommt noch ein staatlich verordneter Klau bei den erwirtschafteten Überschüssen. «Wir wurden bei der Verordnung zur ersten BVG-Revision übertölpelt», muss selbst Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi eingestehen. Es sei für die zuständige Kommission völlig klar gewesen, dass die Versicherungen zehn Prozent vom Überschuss erhalten und nicht zehn Prozent von den Bruttoeinnahmen, schliesslich wollte das Parlament eine Überschussbeteiligung und nicht eine Belohnung für hohe Verwaltungskosten. Nun ist es so, dass die Verwaltungskosten auch in die Berechnung der Mindestausschüttung an die Versicherten (die sogenannte Legal Quote) einfliessen. Die Versicherer können also die Ausschüttungen an sich selber erhöhen, indem sie höhere Kosten erheben. Genau dies ist laut Egerszegi passiert.

Erst jetzt zeigt eine Auswertung, welche Folgen die «Umsatzbeteiligung» der Versicherungsfirmen hat.

Von knapp einer Milliarde Franken Überschüssen erhalten die Versicherten weniger als 370 Millionen Franken zugeteilt, den grösseren Teil behalten die Gesellschaften ganz legal für sich.

Das zeigt die Tabelle der einzelnen Anbieter. Am dreistesten sind Pax, Allianz und Nationale Suisse, bei allen gibt es vom Überschuss viel weniger als zehn Prozent für die Versicherten. Beispiel Allianz: Dort erhalten die Versicherten (neben den normalen Leistungen) drei Millionen Franken zugeteilt, die Allianz selber schaufelt sich ungeniert 38 Millionen Franken Betriebsgewinn zu. Noch krasser greift Pax zu: Mickrige 200 000 Franken teilte sie dem sogenannten Überschussfonds zu, verdiente aber selber gut 14,5 Millionen Franken mit der zweiten Säule. Damit liegt der Anteil der Versicherten bei 1,4 Prozent. Pax-Sprecher Balz Stückelberger verweist darauf, dass es ein strategischer Entscheid sei, ob man Überschüsse ausrichte oder ob man Rückstellungen für die Versicherten tätige. «Es ist nicht so, dass bei uns die Versicherten besonders schlecht wegkommen.»

Im Vergleich geradezu grosszügig zeigt sich die Helvetia: Als einziger der Lebensversicherer schütten die St. Galler ihren Versicherten mehr aus als sich selber. Insgesamt zeigt die BILANZ-Übersicht aber ein krasses Missverhältnis zulasten der Versicherten.

Er habe selber dreimal rechnen müssen, sagt der unabhängige Pensionskassen-Experte Werner C. Hug. Die Verordnung werde wohl formal eingehalten, doch der Wille des Parlaments sei krass missachtet. «Jeder Parlamentarier versteht unter Überschuss etwas, was übrig bleibt, und nicht einen Umsatz, das ist doch einleuchtend. Bei dieser Verordnung ist klar, dass die Versicherer für höhere Kosten noch mit höheren Abgeltungen belohnt werden», erläutert der Berater.

Ganz offiziell weisen die Lebensversicherer ihre eigenen Kosten für Mitarbeiter, Mieten etc. gegenüber dem Bundesamt aus: Insgesamt 1079 Millionen Franken verrechnen die insgesamt 14 Gesellschaften als Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb. Zusätzlich zu dieser mit Prämien verrechneten Milliarde an Aufwand kommen die erwähnten 600 Millionen Franken Betriebsgewinn. Setzt man diesen betrieblichen Gewinn in Relation zum eigentlichen Versicherungsaufwand, ergibt dies auf dem Geschäft eine Marge von mehr als 55 Prozent. Das Bundesamt für Privatversicherungen verteidigt diesen Gewinn mit dem Hinweis auf den nötigen Aufbau von Solvenzkapital und die Verzinsung des bereitgestellten Risikokapitals.

Die Swiss Life spricht von einer «falschen Rechnung»: Den erheblichen Aufwand für Risiko und Sparprozess müsse man auch berücksichtigen, zudem kämen auch die getätigten Rückstellungen den Versicherten zugute.
Dabei vergisst der Versicherer: Diese Aufwände haben die Versicherten mit ihren Prämien ja ebenfalls selber bezahlt. Sie hätten 90 Prozent des Überschusses zugut, müssen sich aber mit viel weniger begnügen.