In keinem anderen Börsensektor erfolgt der Stimmungswechsel so rapide wie in der Biotechnologie. Hype und Depression folgen aufeinander wie Ebbe und Flut. Im letzten Jahr war Depression angesagt. So schwer und so tief, dass auch erfolgreichen Fondsmanagern das Lachen verging. Mehrere Jahre schlug Eric Bernhardt, Fondsmanager des Clariden Biotechnology Equity Fund, den Referenzindex. Im letzten Jahr jedoch musste er ein Minus von 43 Prozent ausweisen; Bernhardt hatte zu sehr auf Biotech-Firmen gesetzt. «Unternehmen wie CV Therapeutics wurden an der Börse tiefer bewertet, als sie Barmittel in der Kasse hatten», resümiert Bernhardt. Lag die Marktkapitalisierung eines durchschnittlichen US-Biotechunternehmens zu Spitzenzeiten im Jahr 2000 bei 450 Millionen Dollar, so ist die Bewertung heute auf 40 Millionen zurückgegangen und ist damit noch immer 10 Millionen tiefer als im Jahr 1998.

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Seit Ende des Irakkrieges ist es nun vorbei mit Kopfschütteln und Trübsalblasen. Biotech-Aktien liegen wieder auf dem Radarschirm der Anleger und stürmen genauso steil aufwärts, wie es ein Jahr zuvor noch abwärts ging. Der Amex Biotech Index legte in den letzten zwölf Monaten um 55 Prozent zu.

Das neu erwachte Interesse an Biotech-Valoren ist auf mehrere positive Nachrichten zurückzuführen. Den Reigen eröffnete die FDA (Food and Drug Administration). Nach eineinhalb Jahren des führerlosen Zustandes – Schuld daran ist kein Geringerer als Präsident Bush, der mit dringlicheren Dingen beschäftigt war – wurde bei der US-Zulassungsbehörde für Medikamente endlich wieder ein Präsident eingesetzt. Mit dem neuen FDA-Chef weht ein frischer Wind durch die Gänge der wichtigen Behörde. Nun wurde das Personal aufgestockt, die Zulassungsverfahren werden von 20 auf 17 Monate verkürzt. Den zweiten Streich landete Genentech, die US-Tochter von Roche, als sie positive Forschungsergebnisse für ihr Darmkrebs-Produkt Avastin bekannt gab. Andere Firmen wie GlaxoSmithKline, Merck oder Millennium Pharma zogen mit hoffnungsvollen Resultaten nach. Damit war der Glaube an die Wachstumschancen und die klinischen Erfolge der Biotechnologie wieder intakt.

Dennoch wirkt die Biotechnologie gegenüber der etablierten Pharmaindustrie noch immer wie ein Zwerg. Zum Vergleich: Pfizer, das grösste Pharmaunternehmen der Welt, weist eine höhere Marktkapitalisierung auf als die rund 400 in den USA kotierten Biotech-Unternehmen zusammen. Was wenig verwundert, erwirtschaften doch erst zehn Prozent der gesamten Biotech-Firmen einen Gewinn – was diese zu einem ständigen Kampf gegen versiegende Geldquellen und floppende Produkte zwingt.

Der Etablierte
Eric Bernhardt

Manager Clariden Biotechnology Equity Fund


Eric Bernhardt absolvierte ursprünglich ein Studium zum Forstingenieur. Doch in dieser Position hielt es ihn nicht lange. Nach einem Ausbildungsprogramm bei der damaligen SBG war er als Pharma-analyst tätig und liess sich zum Finanzanalysten CFA ausbilden. Seit 1997 arbeitet der 47-Jährige bei der Clariden Bank als Portfoliomanager und Analyst und managt den Pharma- sowie den Biotechfonds. Bernhardt wurde in der vergangenen Zeit mehrfach für seinen Fonds ausgezeichnet.


Clariden Biotechnology Equity Fund

(Rendite auf Frankenbasis)


Valorennummer, 727 350
Rendite seit 1.1.2003, 39,2%
Rendite 3 Jahre, –21,5%
Rendite 5 Jahre, 24,7%

Anderseits ortet Bernhardt enormes Potenzial für die junge Branche, und zwar wegen der zunehmend auslaufenden Patente der Pharmakonzerne. Diese stehen unter dem Zwang, ihre Pipelines schnellstmöglich wieder mit neuen Produkten aufzufüllen, und dies geschieht immer häufiger mit Arzneimitteln aus der Biotechnologie. Bereits heute stammen mehr als 50 Prozent der neu zugelassenen Medikamente aus den Labors der Biotechnologen. «Wir werden in nächster Zeit noch einige Übernahmen der Pharmaindustrie sehen», folgert Bernhardt. «Was in einer Kollaboration beginnt, endet oft mit einer Übernahme.» Dies weckt im Biotech-Bereich eine gehörige Portion an Kursfantasie.

«Um das Risiko in unserem Fonds zu minimieren, sind rund 70 Prozent der Gesellschaften, deren Titel wir halten, aus dem Forschungsstadium heraus und verkaufen bereits ihre Produkte», führt Bernhardt aus. Die Outperformance seines Fonds erzielt der Manager immer wieder dadurch, dass er gegen den Markttrend investiert. «Ich war überzeugt, dass Avastin positive Ergebnisse erzielen würde», so der 47-Jährige. Mit dieser Einschätzung lag er voll gegen den Trend der Pharmaanalysten. Nicht auf die Mehrheit zu hören, hat der Branchenspezialist im Laufe seiner 17-jährigen Karriere gelernt.

Um schnelle Entscheidungen treffen zu können, arbeitet er in einem Zweierteam mit einer Biochemikerin, Nathalie Flury. Nicht selten erreicht man Bernhardt auch noch des späten Abends in seinem Büro, konzentriert er sich doch hauptsächlich auf US-Aktien, deren Handelszeiten auf Grund der Zeitverschiebung bis in die Nacht dauern.

Alle Informationen, die Bernhardt für das Alltagsgeschäft benötigt, beschafft er sich beim Lesen von Fachzeitschriften, durch Gespräche mit Ärzten auf Fachkongressen und bei Besuchen von Unternehmen vor Ort.

Die Newcomer
Das Adamant-Team


Manager des Swiss Life Fund – Equity Biomedical


Die Adamant wurde 2000 von drei Mitgliedern der Bellevue-Gruppe in Basel gegründet und managt den Swiss-Life-Fonds seit April 2001. Das Team setzt sich zusammen aus der Naturwissenschaftlerin Eunice Kreider, dem Biomediziner Philipp Mekler, der Biochemikerin Nora Frey (sitzend von links nach rechts), dem Arzt Marcus Sasse, Rosmarie Kallen, Assistentin, dem Wirtschaftswissenschaftler Cyrill Zimmermann, Sandra Amsler, Assistenin, dem Trader John Manieri (stehend von links nach rechts).


Swiss Life Fund – Equity Biomedical


(Rendite auf Frankenbasis)
Valorennummer, 1 207 240
Rendite seit 1.1.2003, 42,9%
Rendite seit 1.4.2001, 17,37%

Anders als Bernhardt setzen die Verantwortlichen des Swiss Life Fund – Equity Biomedical auf ein Inhouse-Spezialistenteam, bestehend aus Analysten, Biomedizinern und ehemaligen Pharmamanagern. Dort setzt man nicht nur auf Biotech-Titel, sondern auch auf Medtech und auf Aktien der Spezialitätenpharma (zu je 20 Prozent im Fonds vertreten).

«Wir kaufen häufig Titel, die von Analysten nicht verfolgt werden», erzählt Cyrill Zimmermann vom Adamant-Team. «Im Frühjahr 2001 stiegen wir beim deutschen Unternehmen Drägerwerk ein, das damals von keinem Analysten abgedeckt wurde. Ein Jahr zuvor war ein neuer CEO angetreten, um aufzuräumen. Wir hatten bei ihm ein gutes Gefühl und behielten Recht. In der Zwischenzeit verfolgen zehn Analysten das Unternehmen, der Kurs hat sich vervierfacht.»

Auch das Adamant-Team geht davon aus, dass die Pharmaproduzenten in Zukunft einem starken Druck durch die Generikahersteller ausgesetzt sind. Die Fondsmanager setzten deshalb verstärkt auf Generikatitel mit dem Schwergewicht auf Schwellenländern. Ein kürzlich gefällter WTO-Entscheid ermöglicht es indischen und brasilianischen Pharmaunternehmen, Generika auf Pharmaprodukten mit immer noch laufenden Patentrechten herzustellen. Die Auswirkungen: Indische Generikaaktien stiegen in den letzten Monaten um rund 60 Prozent. Damit nicht genug. «Wir gehen von weiteren Kurssteigerungen in der Zukunft aus», so Zimmermann.

Die Chancen dafür stehen gut. Laut einer neuen Studie werden die weltweit 20 grössten Pharmaunternehmen bis 2007 rund 40 Milliarden US-Dollar durch das Auslaufen von Patentrechten verlieren. Beispielsweise setzte der US-Konzern Schering-Plough mit seinem Antiallergikum Claritin im ersten Quartal 2002 noch 659 Millionen Dollar um. Nach Ablauf des Patents sanken die Umsätze im gleichen Zeitraum 2003 auf 109 Millionen. Generika hatten Claritin blitzschnell die Marktanteile abgejagt.

Besonders die USA – und damit der wichtigste Absatzmarkt für Medikamente weltweit – werden künftig viel stärker auf den Einsatz von Generika setzen. So erstatten die beiden staatlichen Gesundheitsprogramme Medicare (Rentner) und Medicaid (Bedürftige) nur noch die Kosten für die günstigsten Medikamentenkopien. Gleichzeitig können Pharmakonzerne nur noch ein einziges Mal vor Gericht eine Patentverlängerung um bis zu 30 Monate anstreben. Immer neue Prozesse, mit denen Pharmaunternehmen in der Vergangenheit wiederholt versucht haben, den Markteintritt eines Konkurrenzproduktes zu verhindern oder zumindest zu verzögern, sollen damit verhindert werden.

Biotechnologie-Fonds können also durchaus als Stimmungsmacher für das Depot dienen. Allerdings gibt es bekanntlich keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Und bei dieser Anlagekategorie muss als Nebenwirkung eine hohe Volatilität in Kauf genommen werden.