Kryptowährungen sind in den vergangenen Monaten tief gefallen. Der Bitcoin-Kurs hat sich mehr als halbiert. Trotzdem sind in den vergangenen Tagen einige grosse Vermögensverwalter in die Welt der Kryptos eingestiegen. Da stellt sich die Frage, ob damit nun eine Kaufgelegenheit bei Kryptowährungen für Privatanlegerinnen und -anleger gekommen ist.
Seit dem Allzeithoch im vergangenen November hat sich der Wert vieler Kryptowährungen halbiert, gedrittelt oder noch weiter vermindert. Die gesamte Marktkapitalisierung von Kryptowährungen ist in diesem Zeitraum von rund 3,2 Billionen Dollar auf weniger als 1 Billion Dollar gefallen.
Nun haben einige grosse Vermögensverwalter gemeldet, dass sie in Kryptowährungen einsteigen. Als Erster ist dabei der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock zu erwähnen, der Kundinnen und Kunden ein Investmentvehikel anbieten will, das in Bitcoin investiert. Das kommt besonders überraschend, weil der Blackrock-Chef Larry Fink im Jahr 2017 noch sagte: «Bitcoin zeigt lediglich, wie gross die Nachfrage nach Geldwäsche in der Welt ist … Mehr ist es nicht.»
Fidelity und Schroders steigen ins Kryptogeschäft ein
Nicht nur Blackrock wendet sich den Kryptowährungen zu, sondern mit Fidelity auch der viertgrösste Vermögensverwalter der Welt, der ein Vermögen von 4,3 Billionen Dollar verwaltet – grösser sind nur Blackrock mit rund 9,6 Billionen Dollar, Vanguard mit 8,1 Billionen Dollar, UBS mit 4,4 Billionen Dollar. Fidelity kündigte an, dass Anlegende Kryptowährungen in ihre Portfolios für ihre Altersvorsorge aufnehmen können.
Auch erst vor kurzem beteiligte sich Schroders – die 1 Billion Dollar Vermögen verwaltet – am auf Kryptowährungen spezialisierten Schweizer Fondsmanager Forteus. Peter Harrison, der Chef von Schroders, sagte in einem Interview zum Deal, dass ihn die Kursverluste bei den Kryptowährungen überhaupt nicht abschrecken würden. Er sagte, der Fokus liege auf Blockchain «als Mittel des Eigentums» und nicht auf Kryptowährungen «als Zahlungsmittel».
Kryptowährungen in der Altersvorsorge
Ist es nun Zufall, dass sich diese grossen Vermögensverwalter gerade jetzt den Kryptos zuwenden? Adriano Lucatelli, Gründer und Geschäftsführer des Vermögensverwalters Descartes Finances, sieht darin durchaus Absicht: «Ein Bitcoin-Fonds, der bei Höchstkursen lanciert worden wäre, hätte jetzt schon lange wegen der hohen Verluste wieder geschlossen werden müssen.» Jetzt, nachdem die Kurse zusammengekracht sind, sei ein besserer Einstieg. «Ob die Kundinnen und Kunden mitmachen und jetzt in einen Bitcoin-Fonds investieren, wird sich erst noch weisen.»
In den vergangenen Kryptocrashs habe sich gezeigt, dass die Kurse nicht ins Bodenlose fallen würden. Das habe sicher auch dazu beigetragen, dass sich die grossen Vermögensverwalter jetzt ins Geschäft trauen. Er findet, dass Kryptowährungen in der Altersvorsorge als langfristige Anlagen eine gute Idee seien. Denn auf lange Sicht würden die kurzfristigen Wertschwankungen nicht mehr so schwer wiegen.
Im Gegensatz zu früheren Statements argumentiert Lucatelli heute viel positiver über Kryptowährungen. «Ich war früher wohl etwas zu hart gegenüber Bitcoin, wegen des fehlenden intrinsischen Werts.»
Einen intrinsischen Wert haben etwa Aktien oder Obligationen, weil sie den Besitzern Dividenden respektive Zinsen einbringen. Daraus lässt sich ein intrinsischer Wert dieser Papiere ableiten. Bitcoin und andere Kryptowährungen bieten hingegen keine Zahlungsflüsse an die Besitzer. Deswegen haben sie auch keinen inneren Wert. Heute sagt Lucatelli: «Auch ein Gemälde von Picasso hat keinen inneren Wert, trotzdem kann es sehr wertvoll sein.»
Vierjahreszyklus prognostiziert neuen Kursanstieg
Auch Luzius Meisser ordnet den Eintritt der grossen Vermögensverwalter ins Kryptogeschäft nicht nur als Zufall ein; Meisser ist unter anderem Verwaltungsratspräsident bei Bitcoin Suisse, dem grössten Bitcoin-Broker der Schweiz, mehrfacher Firmengründer, etwa von Aktionariat und von Meisser Economics. Er sieht darin auch einen klassischen Verlauf der Adaption einer neuen Technologie: «Zuerst waren nur die absoluten Enthusiasten bei Bitcoin dabei, dann kamen die Early Adopters und jetzt folgt mit den einzelnen grossen Vermögensverwaltern die Early Majority.»
Zudem hält er es für möglich, dass tatsächlich bald ein guter Zeitpunkt für den Einstieg bei Bitcoin kommt. «In der Vergangenheit ging es rund vier Jahre von einem Tiefpunkt im Kursverlauf bis zu nächsten», sagt Meisser. Wenn sich das wiederholen würde, dann wäre das nächste Tief Anfang 2023 erreicht. «Weil aber immer mehr auf den Zyklus schauen, kaufen viele schon etwas vorher. Deswegen hat sich der Vierjahreszyklus jeweils etwas vorverschoben, weshalb es ratsam sein könnte, schon vor Ende 2022 zu investieren.»
Von der Zyklus-Theorie hält Daniel Diemers nicht viel. Der Kryptoexperte und Gründer der Firma SNGLR in Zug weiss, dass Blackrock schon im Januar 2021 an Bitcoin-Produkten arbeitete. Tatsächlich wurde das vor eineinhalb Jahren bekannt, weil Blackrock bei den US-Behörden ein Formular einreichen musste, wo dann Investitionen in Bitcoin-Futures auftauchten. Das sind Papiere, mit denen auf den zukünftigen Wert von Bitcoin spekuliert werden kann. Jetzt habe der Vermögensverwalter einfach den nächsten Schritt gemacht, so Diemers. Es sei klar gewesen, dass das kommt. Es zeige, dass die Nachfrage da sei.
Falls Pensionskassen investieren, schiessen die Kryptokurse steil nach oben
Dabei ist zu bedenken, dass der Fonds von Blackrock sich ausschliesslich an institutionelle Kunden richtet, nicht an Privatkunden. Falls bei den Institutionellen, allenfalls sogar bei den grossen Pensionskassen der Welt eine grössere Nachfrage bestünde, könnte das den Kurs der Kryptowährungen tatsächlich beflügeln. Zur Verdeutlichung ein Vergleich: Derzeit könnten allein die Schweizer Pensionskassen mit ihrem Vermögen alle Kryptowährungen zusammen kaufen – wirklich alle, inklusive der beiden grössten Bitcoin und Ethereum.
Natürlich ist Letzteres weder ratsam, noch wird es geschehen. Aber weltweit gibt es gemäss Studien Pensionskassenvermögen in der Höhe von fast 57 Billionen Dollar. Wenn nur 1 Prozent davon in Kryptos investiert würde, könnte damit die halbe Kryptowelt gekauft werden, die derzeit rund 1 Billion Dollar wert ist. Das würde die Kryptowährungen natürlich nach oben schiessen lassen. Aber ob das jemals wirklich passiert, ist nochmal eine ganz andere Frage.
1 Kommentar
...wird wohl schon so kommen, aber die Bezeichnung "Währung" ist ein bisschen ambitiös - BTC und Co. sind nichts anderes als eine zigilliarde Strom / kein Strom und das ist genau das Problem... Der Vergleich mit einem Picasso war sicher ironisch gemeint.