Eigentlich sollten die grossen Fondsmanager und Investoren wie Warren Buffett, George Soros, Ken Fisher oder William Browne die Situation an den Finanzmärkten ähnlich einschätzen. Die ökonomischen Regeln sind bekannt und die Daten für alle in etwa gleichem Mass und gleicher Qualität verfügbar. So jedenfalls lehrt es die Theorie, wonach die Märkte effizient sind. Bei der Recherche für diesen Artikel sind jedoch höchst unterschiedliche Lagebeurteilungen zum Vorschein gekommen.

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Während Soros eine globale Rezession und tief greifende Verwerfungen der kapitalistischen Marktwirtschaft befürchtet, sieht Fisher das dicke Ende der Krise bereits hinter uns und rechnet mit einer Fortsetzung des Bullenmarktes nach dieser bloss psychologisch bedingten Korrektur. «Nicht alle haben die Krise kommen sehen und ihr verwaltetes Vermögen vor dem Abschwung bewahrt», stellt Charlie Tian fest, der Gründer und Betreiber der Internetplattform GuruFocus, wo das Anlageverhalten der amerikanischen «Anlegergurus» beobachtet werden kann. Selbst Warren Buffett hat die Unruhe an den Börsen zu spüren bekommen und kurzzeitig eine ungewöhnlich hohe Korrektur bei seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway erlitten.

Aus der Umsetzung der Markteinschätzung der führenden Vermögensverwalter lässt sich aber eine grosse Gemeinsamkeit herauslesen. So unterschiedlich ihre Interpretationen auch sein mögen, so vergleichbar werden deren Folgen bei der konkreten Anlagetätigkeit. Getreu dem Motto Buffetts, «Hab Angst, wenn die Leute gierig sind, und werde gierig, wenn die Leute Angst haben», steigen sie nun ein. Nach fast drei Jahren hat Tweedy, Browne ihre Fonds wieder geöffnet und nimmt Anlagegelder entgegen, um an der Börse investieren zu können. Allerdings kaufen diese Investoren nicht nur Aktien, weil sie erwarten, dass die Kurse steigen. Investiert wird hauptsächlich in Titel, die im Sog der Baisse mitgefallen sind und dadurch eine besonders günstige Bewertung haben. Gesucht sind jene Aktien, die ein solides Geschäft mit sicheren hohen Erträgen auch in einem schwierigen Konjunkturumfeld haben. Es ist letztlich ein Rückzug auf defensive, gross kapitalisierte Standardwerte wie Wal-Mart, Sanofi-Aventis oder Nestlé. Aus dem vorsichtigen Verhalten der grossen Investoren lässt sich somit folgern, dass noch einige Turbulenzen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten anstehen.

Anleger sind gut beraten, ihr Depot an einem dieser Vorbilder auszurichten. Deren langfristige Performance gibt ihnen nämlich recht. Sicher gab es auch magere Jahre, wie beispielsweise bei Buffett zwischen Anfang 2004 und Mitte 2006. Doch über lange Zeiträume war eine Performance von 20 Prozent pro Jahr eher die Regel als die Ausnahme. So ist etwa der Wert einer Aktie von Berkshire Hathaway seit 1969 von 43 auf 140 000 Dollar gestiegen.

Buchtipp

In Dutzenden von Büchern werden die erfolgreichsten Investoren und deren Strategien beschrieben. Auch John Train, selber ein renommierter Fondsmanager, stellt in seinem Werk «Die Formeln der Erfolgreichsten» Finanzgenies wie Buffett oder Soros und ihre jeweiligen Anlageschulen vor. Was die Lektüre auch für Laien besonders empfehlenswert macht, sind die vielen Anekdoten von den direkten Begegnungen Trains mit seinen grossen Vorbildern (FinanzBuch Verlag, München 2006, 2 Bände, je Fr. 44.90).