Der Hitzemonat Juni war nicht nach aller Leute Geschmack. «An den Juni erinnern wir uns nur des schönen Wetters wegen gerne», sagt Jörg Bühler und meint damit, dass der Umsatz hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Die Leute zog es ins Freie, an die Luft, ans Wasser. Die Restaurants in den Innenstädten füllten sich nur zäh, auch wenn sie wie das «Bü’s» mit einem kleinen, zauberhaften Hof auftrumpfen können.

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Doch nun ist Anfang Juli, und pünktlich auf den Monatsbeginn kam, von Schauern und Gewittern begleitet, die Abkühlung. Im lichten Bistro an der Zürcher Kuttelgasse, zwei Schritte von der Bahnhofstrasse entfernt, ist jeder Tisch besetzt. Die Stimmung ist gelöst, Jörg Bühler mit seinem Enthusiasmus in seinem Element. Er eilt durchs Restaurant, als gälte es, in Thomas Gottschalks Show eine Wette zu gewinnen: etwa in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Flaschen zu entkorken und zu dekantieren, den Weinstrahl dabei mit elegantem Schwung aus mindestens einem Meter Entfernung in den Karaffenhals zu giessen – diese zirkusreife Darbietung allerdings nicht ohne die Vernachlässigung der anderen Gäste zu geben, die anderen Tische also stets im Auge behaltend und allfällige Wünsche diskret zur Erfüllung an die Servicemitarbeiter weiterleitend.

Jörg Bühler gehört zum Urgestein der lokalen Gastronomieszene. Nach einer Kochlehre bildete er sich bei Horst Petermann als Kellner weiter. Im legendären «Tübli» im Zürcher Niederdorf leitete er den Service und gestaltete die Weinkarte. In jener Zeit entflammte seine Begeisterung für die italienischen Weine. 1989 ernannte ihn der «Gault Millau» zum Sommelier des Jahres. Er machte die «Sonne» in Dielsdorf überregional bekannt, bevor er für drei Jahre bei der Weinhandlung Baur au Lac andockte, als Einkäufer die Weingebiete bereiste und die Kunden schulte. Dann übernahm er erstmals als Pächter ein Restaurant – das «Forum Romanum» in Dällikon. Immer folgten ihm die Weinfreaks, die um Bühlers attraktive Weinkarte und sein Gespür für die passende Küche wussten. Letztes Jahr wurde ihm das ehemalige «Hexagone» an der Kuttelgasse angeboten. Bühler griff zu, denn immer, wenn er von einem Lokal geträumt hatte, war es das «Hexagone» gewesen. Letzten September wurde eröffnet.

«Wir wollen mit dem ‹Bü’s› nicht in den Kocholymp aufsteigen», sagt Bühler. «Gault Millau»-Punkte interessieren ihn weniger. Küchenchef Alexander Günther ist ein solider Handwerker. Er pflegt eine einfache, marktgerechte Bistroküche, unprätentiös, schmackhaft, den Weinen gleichsam auf aufs Etikett geschrieben.

Jeden Monat wechselt die Karte mit den zu den Gerichten passenden rund zwanzig Weinen im Offenausschank.

Es gibt Klassiker wie die Kalbsleber veneziana am Dienstag und das Wienerschnitzel mit Kartoffelsalat am Donnerstag. Begehrte Evergreens sind das Rinds-tatar und das Cordon bleu, Letzteres allerdings nur auf telefonische Vorbestellung.

Bü's Bistro
Jörg Bühler,


Kuttelgasse 15, 8001 Zürich, Tel. 01 211 64 11, Fax 01 211 94 10,


Menü (inklusive Wein) 88 bis 138 Franken, samstags und sonntags geschlossen.

Der grosse Renner indes ist das drei- bis fünfgängige Weinmenü, zu dem Jörg Bühler die richtigen Flaschen öffnet. Es wird jede Woche neu aufgelegt. Auf einen Sommersalat mit Kaninchenfiletstreifen folgt dann etwa ein perfekt auf den Punkt gebratener Red Snapper mit frischen Steinpilzen. Das Kalbskotelett ist fest und zart, leider wurde der modische Aceto Balsamico eher grosszügig übers Fleisch gegossen als geträufelt. Die Süsse tat sich schwer mit der trockenen Kraft des Rotweins. Die Käseplatte lässt keine Wünsche offen, und das sommerliche Beerendessert harmoniert fabelhaft mit dem frisch-fruchtigen Moscato aus dem Piemont. Im «Bü’s» scheint Jörg Bühler nach einer langen, schlaufenreichen Reise endlich zu Hause angekommen zu sein.