Am Anfang war die legale Umgehung der Stempelsteuer. Für jeden Aktiendeal mit britischen Papieren an der Londoner Börse verlangt der Staat 0,5 Prozent «Stempel». Findige Grossanleger wählten deshalb schon vor gut 20 Jahren einen Umweg. Statt direkt an der Börse zu kaufen, konstruierten sie mit einer Gegenpartei einen Vertrag, der sie verpflichtet, die Differenz zwischen dem aktuellen Kaufkurs und einem späteren Verkaufskurs in bar zu begleichen. Die Briten nennen diese Art von Vertrag «Contract for Difference» oder kurz CFD.

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Da die Kunden die Aktien nicht kaufen, sondern nur auf Kursveränderungen wetten, entfällt die Stempelsteuer. Mittlerweile sind solche Verträge auf der Insel enorm weit verbreitet. Experten schätzen, dass zurzeit gut 25 Prozent der Börsenumsätze mit CFD-Deals zu Stande kommen. Ambitionierte Privatanleger investieren in England schon seit mehreren Jahren mittels CFD, in der Schweiz sind diese dagegen noch fast unbekannt. Dies trotz diversen weiteren Vorteilen:

1. Die CFD binden viel weniger Kapital als herkömmliche Aktienkäufe. Man zahlt nicht den vollen Preis, sondern hinterlegt bloss eine Art Depot oder Sicherheitsmarge von 10 oder 20 Prozent des gesamten Deals. Dabei spricht man von einem Hebeleffekt: kleiner Einsatz, grosse Wirkung.

2. Mit CFD kann man sehr einfach auf fallende Kurse setzen.

3. Die CFD sind viel einfacher und transparenter als die herkömmlichen Optionen. Optionspreise werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst, unter anderem haben sie in der Regel ein Verfalldatum und verlieren damit gegen Ende der Laufzeit automatisch an Wert. Der Wert des einzelnen CFD ist nur von der Kursveränderung der zu Grunde liegenden Aktie abhängig. Steigt der Kurs um einen Franken, legt auch der CFD um einen Franken zu. CFD sind kurzfristige Wetten und haben kein Verfalldatum.

4. Die CDF sind sehr günstig.

«Die Schweizer Anleger verhalten sich grundsätzlich zurückhaltend, wenn man ihnen aber CFD erklärt, sehen sie die Vorteile», sagt Sybille Späth, Aktienverantwortliche bei der Synthesis Bank. Die Genfer Online-Bank bietet bislang als einziges Schweizer Institut CFD auf ihrer Handelsplattform an.

Wichtigstes Plus sind wohl die tiefen Kaufkosten, die Synthesis für CFD, aber auch für normale Aktien offeriert. Die Mindestgebühr beträgt 18 Franken, bei einem Aktien-Auftragsvolumen von 20 000 Franken fallen gerade einmal 30 Franken an. Das ist weniger als die Hälfte von dem, was ein Aktiendeal bei der Online-Konkurrenz kostet. Bei den CFD verlangt Synthesis lediglich 0,1 Prozent (siehe Nebenartikel «Rechenbeispiel: Instrumente im Einsatz»).

In Deutschland werden CFD aggressiv beworben, in der Schweiz halten sich die Banken vornehm zurück. Bei uns spielen die lukrativen Optionen und Zertifikate im Geschäft mit Privatkunden die viel grössere Rolle. Die Banken verdienen mit ihren Derivateabteilungen und den Tausenden von Produkten immer noch gutes Geld – zuerst als Herausgeber, dann als Händler von Optionen.

Der grösste Vorteil von CFD sei sicherlich, dass ihnen im Unterschied zu Optionen keine komplexe Preisbildung zu Grunde liege, heisst es etwa bei der Zürcher Kantonalbank. Momentan biete man keine CFD an. Man beobachte zwar den Markt, aber es bestehe noch keine Nachfrage, heisst es auf Anfrage der BILANZ. Ähnlich die Reaktion bei den beiden Grossbanken. «CFD könnten eine Alternative sein für Anleger, die mit einem Hebel arbeiten möchten», sagt Martin Somogyi, Sprecher bei der CS, allerdings hätten bisher Futures auf einzelne Aktien noch keinen grossen Anklang gefunden. Der grösste Nachteil ist für ihn die «reduzierte Liquidität gegenüber herkömmlichen Aktienprodukten, zudem sind die Instrumente nicht reguliert».

Tatsächlich sind CFD eine Art Vertrauenssache. Schliesslich ist der CFD-Broker Vertragspartei, und im Gegensatz zu herkömmlichen Futures besteht das Risiko, dass die Gegenpartei zahlungsunfähig wird. Der Broker kauft die zu Grunde liegenden Wertpapiere für die eigenen Bücher, und er garantiert, die Kursdifferenz später auszugleichen. Das investierte Geld liegt beim Broker – und ist vom Gesetz nicht wie Bankspareinlagen oder ein separates Wertschriftendepot bei Insolvenzen geschützt.

Zusätzlich enthalten die CFD selber wegen des Hebeleffekts ein besonderes Risiko. Dieser Hebel kann vom Kunden selber festgelegt werden. Zu Beginn müssen bei einem Kauf mindestens zehn Prozent der Gesamtsumme hinterlegt werden. Bewegt sich der Kurs einer Aktie in die falsche Richtung, verlangt der Broker allenfalls zusätzliches Geld, um die Position abzusichern. Diese Nachschusspflicht kann mit entsprechenden Absicherungen, beispielsweise dem «automatischen Verkauf» bei einem bestimmten Kurs, umgangen werden. Bei einem solchen Verkauf ist dann in den allermeisten Fällen das ganze Investment weg.

In England sind Hebel von eins zu zehn durchaus üblich, die Schweizer Anleger agieren hier laut Synthesis Bank wesentlich vorsichtiger. Sie nutzten im Durchschnitt nur einen Hebel von eins zu zwei, wie Späth erläutert. CFD sind vor allem für Heavy Trader interessant. «Es gibt bei uns Händler, die eine Aktie 100-mal pro Tag kaufen und verkaufen», sagt Philip Adler von der britischen Man Group, einem der grössten Anbieter von Futures und CFD. Neben der reinen Spekulation können die Instrumente aber auch zur kurzfristigen Absicherung von bestehenden Portfolios eingesetzt werden.

Für längerfristige Engagements sind die Instrumente allerdings ungeeignet. Da jeweils lediglich ein Teil des Kaufpreises hinterlegt wird, gilt der Rest des Einsatzes als Kredit, und dieser muss verzinst werden. Bei der Man Group werden CFD im Durchschnitt eine bis zwei Wochen lang gehalten.