Wie viel Geld muss ich auf den Tisch legen, damit Sie mich als Kunden akzeptieren?

Ab zirka 200 000 Franken können wir ein Portfolio gut diversifizieren. Wir haben sehr unterschiedliche Kunden und Kundinnen; durchschnittlich haben sie 2,5 bis 3 Millionen Franken bei uns, der grösste Kunde liegt bei 150 Millionen Franken.

Das heisst: Wer keine 200 000 Franken hat, steht bei Ihnen vor verschlossener Tür?

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Nein, dafür bieten wir zwei nachhaltige Fonds an, die jeder und jede über seine oder ihre Hausba¨nk kaufen kann: einen Aktienfonds und einen gemischten Fonds. Dabei können Sie auch kleinere Beträge investieren und von unserem speziellen Reporting profitieren.

 

Der grüne Banker

Name: Reto Ringger

Funktion: Gründer und CEO der Globalance Bank

Alter: 57

Familie: verheiratet, eine Tochter

Ausbildung:

Lizenziat in Wirtschaftswissenschaften der Universität Zürich Karriere: UBS, Sarasin, Swiss Re, Vontobel. Vor der Globalance Bank gründete Reto Ringger 1995 die SAM Group, welche er im Jahr 2008 an die Robeco-Gruppe verkaufte. In Zusammenarbeit mit Dow Jones lancierte SAM unter Ringgers Leitung den Dow Jones Sustainability Index. Ringger ist Mitglied des Club of Rome und war von 2012 bis 2016 Präsident des Stiftungsrats von WWF Schweiz.

Das Unternehmen:

Die Globalance Bank ist eine eigentümergeführte Schweizer Privatbank, die für eine nachhaltige Vermögensberatung steht. Die Bank berät Privatkunden und -kundinnen, Familien, Stiftungen sowie andere Banken und Vermögensanlageunternehmen bei der langfristigen Vermögensanlage. Sie zeigt sie ihren Kundinnen und Kunden den Footprint ihres Vermögens in Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt auf. Globalance wird für ihre Innovationen im Finanzmarkt regelmässig von Jurys ausgezeichnet. Zuletzt wurde sie im Ranking des Wirtschaftsmagazins «Bilanz» zur zweitbesten Schweizer Privatbank gekürt.

Viele Kleinanlegende haben grosses Interesse, ihr Geld nachhaltig zu investieren. Könnten Sie denen nicht eine App für nachhaltige Anlagen anbieten?

So einfach ist das leider nicht. Das Retailgeschäft hat ganz andere Kostenstrukturen und ist sehr kostenintensiv. Der Aufbau einer solchen digitalen Plattform ist eine sehr grosse Investition, und auch das Marketing für eine solche Plattform ist sehr teuer. Schauen Sie sich die Anbieter von nachhaltigen digitalen Plattformen in der Schweiz doch an: Die sind alle nicht profitabel. Das braucht einen grossen finanziellen Schnauf. Zudem: Wenn ein führender Anbieter wie Swissquote morgen auch noch ein Nachhaltigkeitsmodul anbietet, dann wird es noch schwieriger. Das Potenzial im kleinen Schweizer Markt ist beschränkt. Ein Anbieter wie Swissquote spricht ja den gesamten Markt an – wir mit einem Nachhaltigkeitsangebot aber nur einen Teil des Marktes, was das Potenzial weiter einschränkt.

In den letzten beiden Jahren ist Globalance um rund 50 Prozent pro Jahr gewachsen, die Plattform verwaltet inzwischen rund 2 Milliarden Franken Kundengelder. Geht es in dem Tempo weiter?

Im ersten Quartal liegen wir trotz den Marktunsicherheiten im Plan. Wir haben ambitiöse Ziele und wollen auch in Zukunft jährlich zwischen 30 und 40 Prozent wachsen.

Das ist sportlich. Woher soll das Wachstum kommen?

Hauptsächlich aus unseren beiden Hauptsegmenten. Zum einen das Geschäft mit der Privatkundschaft, mit Stiftungen und Family Offices. Und zum anderen aus dem B2B-Geschäft, also der Zusammenarbeit mit Banken und Vermögensverwaltern.

Das B2B-Geschäft ist relativ neu. Was machen Sie da genau?

Wir betreiben diesen Bereich seit drei Jahren. Es sind vorwiegend kleinere und mittelgrosse Banken, die nachhaltige Anlagen anbieten wollen. Aus der Schweiz, aber auch aus Deutschland und Lichtenstein. Das sind Banken, die diese Expertise selbst nicht aufbauen können oder wollen und sie an uns delegieren. Wir machen das Research, stellen die Portfolios zusammen, bilden die Kundenberaterinnen und -berater aus und unterstützen die Banken auch im Marketing. Das ist ein ganzheitliches Paket an Dienstleistungen, sodass diese Banken dann ein glaubwürdiges Nachhaltigkeitsprodukt haben, das sie ihren Kundinnen und Kunden anbieten können.

Über wie viele Banken sprechen wir da?

Aktuell sind es fünf. Das ist für uns sehr spannend, denn es skaliert sehr gut – und wir wachsen mit dem Kundengeschäft dieser Banken und Vermögensverwalter mit.

Wie gross ist das B2B-Geschäft inzwischen?

Etwa 500 Millionen Franken oder 25 Prozent der verwalteten Gelder kommen von den Banken, die restlichen 1,5 Milliarden Franken stammen von Privatinvestierenden, Stiftungen und Familien.

Welche Rolle spielt Ihr neues Fin-Tech Globalance World beim Wachstum?

Das ist ein separates Geschäftsmodell, welches wir in den nächsten Monaten intensivieren werden. Das Geschäft werden wir unabhängig von Globalance in einem eigenen Setup aufbauen. Es soll Anlegenden helfen, nachhaltige Anlagen zu finden und diese besser beurteilen zu können.

Können Sie das kurz erklären?

Sie laden ihr Portfolio auf Globalance World hoch und sehen sofort, welchen Footprint oder Klimabeitrag Ihr eigenes Portfolio hinterlässt. Es wird auch möglich sein, dass sich Anlegende und Anbieter auf dieser Plattform treffen.

Mit ESG-Produkten?

Genau, diese Fonds oder Portfolios müssen ein gewisses Mindestlevel in Nachhaltigkeit aufweisen. Das ist alles aktuell im Aufbau.

Welche Rolle spielt die kürzlich bekannt gegebene Kooperation mit Kendris?

Kendris ist ein Multifamily Office mit Kundinnen und Kunden in Übersee, Asien und Europa. Das Unternehmen bietet seiner Kundschaft ein Finanz- und Anlagereporting an. Mit Globalance World kann Kendris jetzt neu auch ein Nachhaltigkeitsreporting anbieten.

«Unsere Mitarbeitenden bringen ein hohes Mass an Leidenschaft für das Thema Nachhaltigkeit mit. »

Was haben Sie davon?

Neben einer Lizenzgebühr für die Nutzung des Tools erhöhen wir über die weltweite Kendris-Kundschaft unseren Bekanntheitsgrad. Zudem bekommen wir regelmässig Feedback von den Kendris-Kunden und -Kundinnen, was man noch zusätzlich integrieren könnte. Wir möchten mit dieser Anwendung eine Art Standardreporting aufbauen. Und es kann auch dazu führen, dass der Kunde sieht, dass das Portfolio nicht ideal ist in Bezug auf Nachhaltigkeit und dann sein Portfolio verbessern möchte.

Sie sind Pionier für nachhaltige Investments. In letzter Zeit überschlagen sich allerdings die Meldungen von Banken und Vermögensverwaltern, die ihre Kompetenz im Bereich Nachhaltigkeit massiv ausbauen. Werden Sie in Ihrer Expertise bald ein- oder gar überholt?

Klar, das Risiko besteht immer, aber ich sehe mehr Chancen als Risiken. Es ist ein wenig wie in der Automobilindustrie: Das Elektroauto von Tesla ist viel besser im Vergleich zu anderen Herstellern, die erst gerade begonnen haben, Elektroautos zu entwickeln. Ein wesentlicher Grund für den Erfolg: Tesla ist zu 100 Prozent auf die Elektromobilität ausgerichtet und bietet nicht noch andere Technologien an. Bei Globalance ist das auch so. Wir sind zu 100 Prozent und seit über 25 Jahren auf das Thema Sustainability ausgerichtet. Klar, grosse Anbieter wie die UBS oder Credit Suisse kommen, aber bis beispielsweise deren Kundenberaterinnen und -berater gleich fit sind bei Nachhaltigkeitsthemen wie unsere, braucht es noch eine Weile.

Die könnten Ihnen natürlich die Berater und Beraterinnen einfach abwerben.

Theoretisch ja, aber bis jetzt haben wir noch keine von ihnen an diese Banken verloren. Unsere Mitarbeitenden bringen ein hohes Mass an Leidenschaft für das Thema Nachhaltigkeit mit und zusätzlich das Interesse an einem sehr unternehmerischen und dynamischen Umfeld von nur rund dreissig Angestellten. Für qualifizierte Mitarbeitende mit so einer Einstellung ist es nicht so attraktiv, in eine Bank zu wechseln, die weniger fokussiert und weniger unternehmerisch geführt wird.

Wie finden Sie Ihre Mitarbeitenden?

Unter anderem über Active Sourcing: Unsere Mitarbeitenden halten die Augen in ihrem Netzwerk offen. Auch von unseren Aktionären und Aktionärinnen bekommen wir manchmal gute Hinweise, denn sie gehören ja auch zur Kundschaft von anderen Banken. So haben wir kürzlich einen Aufruf an sie lanciert mit der Frage, ob sie eine besonderes versierte Bankberaterin oder einen kompetenten Bankberater kennen. Auch via LinkedIn sind wir aktiv. Wir publizieren zum Beispiel für die ausgeschriebenen Stellen ein Video, um zu erklären, wen wir suchen und was Globalance auszeichnet.

Was können Sie den Grossbanken fachlich entgegensetzen?

Wir sind kleiner und können daher Innovation rascher umsetzen. Zudem können wir wie ein Boutiquehotel besser auf die einzelnen Kundinnen und Kunden eingehen. Oder wir wollen beispielsweise noch bessere Portfolios bauen, Portfolios, die noch nachhaltiger sind als diejenigen von Konkurrenten. Die Anlagevolumen der Grossbanken sind so gross, dass sie nur in Anlagen investieren können, die einige Milliarden Franken Anlagevolumen aufweisen. Wenn wir ein Investment finden, dass 100 Millionen Franken gross ist, beispielsweise im Bereich Microfinance oder Windkraft, können wir als kleinerer Fisch investieren. Das ist ein grosser Vorteil für uns und unsere Kundschaft.

Wer von den Grossbanken macht es beim Thema Nachhaltigkeit eigentlich besser? Die UBS oder die Credit Suisse?

Ich denke, die UBS ist im Vorteil. Die CS hat derzeit noch viele andere Themen und daher einen anderen Fokus. Aber auch eine Bank wie die UBS hat zum Beispiel im Kreditbereich einige Herausforderungen, die bezüglich Nachhaltigkeit noch nicht perfekt sind und verbessert werden können.

Wer macht es international sehr gut?

Da kommt mir Al Gore mit seiner Firma Generation Investment Management in den Sinn.

«Es ist ein politischer Entscheid, zu definieren, dass Atomkraft oder Gas jetzt nachhaltig sind.»

Der mal bei Ihnen einsteigen wollte.

Ja, das war nach seiner verlorenen Präsidentschaftswahl im Jahr 2003. Ich führte mit ihm einige Gespräche über SAM (Sustainable Asset Management), das Unternehmen, das ich 1995 gegründet hatte. Er war interessiert, bei uns mitzumachen, hat sich dann aber entschieden, eine eigene Boutique in den USA zu gründen.

Wo sehen Sie Gesellschaft, Wirtschaft und Staat beim Thema Nachhaltigkeit?

Ich denke, wir haben eine sehr grosse Herausforderung. Zur Illustration nutze ich in meinen Präsentationen ein Modell aus der Psychologie, die «Four Rooms of Change». Das Modell erklärt, was abläuft, wenn man Probleme lösen muss: Zuerst ist man im Raum der «Happiness»; alles ist perfekt. Dann kommen die ersten Probleme, die man oft negiert, und man gelangt in den Raum der «Verleugnung». Dann kommt die Wahrheit oder die Realität, und man ist im Raum der «Konfusion». Erst wenn man diese mentalen Räume durchlaufen hat, kann man an der Lösung arbeiten beziehungsweise es kommt in den Raum der «Erneuerung». Bezüglich der Nachhaltigkeitsthematik sind wir heute im Raum der Konfusion angelangt. Sehr lange wurden die wissenschaftlichen Erkenntnisse verleugnet. Jetzt haben die meisten erkannt, dass wir ein grösseres Problem haben. In diesem Raum kommt vieles zusammen: Unsicherheit, viele Ideen, Konflikte, unterschiedliche Ansichten und so weiter. In diesem Raum gibt es viele unterschiedliche Stakeholders: die Politik, der Regulator, die Konsumentin, die Unternehmen. Jeder hat andere Interessen, Ideen und Rahmenbedingungen. Das führt zu einem grossen Durcheinander. Bis wir diesen Raum verlassen haben und konkrete, mehrheitsfähige Lösungen entwickelt haben, dauert es noch einige Jahre.

Im Zuge der Konfusion gibt es auch viel Greenwashing bei Unternehmen.

Ja, das ist leider so. Leider wird in der Klimakommunikation nicht immer die ganze Wahrheit gesagt. Bei der Messung der Klimaemissionen gibt es drei Bereiche: Scope eins, zwei und drei. Scope drei hat meist den grössten Beitrag und berücksichtigt zusätzlich zu Scope eins und zwei die Emissionen des Produktes in der Anwendung – also bei einem Autohersteller auch die Auswirkungen seiner Fahrzeuge in der täglichen Anwendung, nicht nur der Fussabdruck bei der Produktion in der Fabrik. Es gibt aber einige Finanzanbieter, die weisen in ihren Portfolios ihren Kunden gegenüber nur Zahlen zu Scope eins und zwei aus. Das sind natürlich massiv tiefere Klimazahlen. Das ist unredlich und irreführend.

Sind Rüstungsfirmen, die Waffen an ein demokratisches Land wie die Ukraine liefern, um eine freiheitliche Ordnung zu erhalten, nachhaltig?

Diese Debatte wird nun wieder kommen. Globalance investiert bisher nicht in Rüstungsfirmen. Im neuen Kontext müssen wir aber auch diese Themen wieder einmal richtig durchdenken. Der Nachhaltigkeitsbegriff ist zunehmend politisiert worden.

Wo sehen Sie das?

Beispielsweise in der EU-Taxonomie. Es ist ein politischer Entscheid, zu definieren, dass Atomkraft oder Gas jetzt nachhaltig sind. Ich habe mir an einem Wochenende einmal die Mühe gemacht, die EU-Taxonomie zu lesen, zumindest einen Teil davon. Das sind mehr als tausend Seiten. Da wird von den Beamten bis aufs Komma festgelegt, was nachhaltig ist. Das heisst dann schlussendlich, dass Nachhaltigkeit in Brüssel definiert wird.

«Ich rate jungen Unternehmen immer: Schaut euch ganz genau an, wen ihr als Aktionär aufnehmt.»

Wird die Schweiz in der Regulierung einen ähnlichen Weg gehen wie die EU?

Die Schweiz wird glücklicherweise einen etwas anderen Weg gehen. Sie konzentriert sich wohl in erster Linie auf das Thema Klima. Es wird wahrscheinlich so sein, dass der Bund und die Finma bestimmte Datenanbieter von Klimadaten zertifizieren. Das heisst, sie schauen sich die Methoden dieser Anbieter genau an und entscheiden dann, welche Methoden zertifiziert werden. Dieser Weg ist pragmatisch und lässt dem Markt auch Spielraum für eigene Entwicklungen und Innovationen.

Ist die Finma schon so weit und hat die notwendige Nachhaltigkeitskompetenz, um das zukünftig zu regulieren?

Die meisten Stakeholders sind noch am Anfang der Lernkurve – und es gibt noch viel zu tun. Wenn eine Bank einen Fonds als grün bezeichnen will, wird die Finma wohl zukünftig mitreden, ob sie das darf oder nicht und unter welchen Bedingungen. Und erschwerend kommt hinzu: Die verschiedenen Anbieter haben alle völlig unterschiedliche Ansätze. Jeder Anbieter muss sich ja differenzieren und kommuniziert seine Ratings daher etwas anders

Zum Schluss: Sie haben die Bank gegründet, wem gehört die Globalance Bank heute?

Ich habe die Bank zusammen mit drei Partnern gegründet. Zusammen mit den Mitarbeitenden halten wir die Mehrheit. Die weiteren Aktionäre sind Privatpersonen und Kundinnen und Kunden, die sich über die letzten Jahre an Globalance beteiligt haben. Aktuell haben wir rund fünfzig private Aktionäre und Aktionärinnen sowie die Mitarbeitenden.

Eine ganze Menge.

Das ist eine verschworene Gemeinschaft. Für uns war immer wichtig, dass wir Aktionäre haben, die neben den finanziellen Zielen auch unsere Ambition für nachhaltige Investments teilen. Aktionärinnen und Aktionäre sind vor allem für private Unternehmen absolut zentral – und ich rate jungen Unternehmen immer: Schaut euch ganz genau an, wen ihr als Aktionär aufnehmt. Die Mitarbeitenden kann man entlassen, aber bei einer Aktionärin geht das nicht. Ich habe einige Unternehmen gesehen, die an den Konflikten mit Aktionären gescheitert sind.

Werden wir in nächster Zeit einen Verkauf von Globalance sehen?

Wir sind ein gesuchter Partner und erhalten immer wieder Anfragen. Unser Ziel ist, weiterhin stark zu wachsen. Aktuell gelingt uns das sehr gut aus eigener Kraft, doch wir schauen uns die verschiedenen Optionen natürlich an. Aber wir haben überhaupt keinen Druck und es läuft sehr gut.

Artikel zum Thema

Greenwashing-Vorwürfe bei DWS sorgen für Schockwellen in der Finanzindustrie