Für den Einstieg in die neue, digitale Welt der Vorsorge brauche ich keine zehn Minuten. Ich lade mir die Säule-3a-App des Fintech-Unternehmens VIAC auf mein Handy und füttere das Programm mit meinen persönlichen Daten. «Gut gemacht, du hast den ersten Schritt erfolgreich abgeschlossen. Die nächsten Schritte helfen dir, die für dich passende Anlagestrategie zu finden.»

Die lockere Ansprache erinnert an Ikea-Werbung, ist aber wohl auf die junge, technikaffine Zielgruppe zugeschnitten. Dass ich da nicht mehr ganz dazugehöre, zeigt mir die App. «Dein Anlagehorizont für die dritte Säule beträgt …» – die Jahre rasseln nach unten – «… 19 Jahre.» Nachdem ich mein Finanzwissen eingeschätzt, meine Erwartungen dargelegt, meine Akzeptanz für Schwankungen aufgezeigt habe, werde ich zum «Deltasegler» gekürt. «Deine Nerven sind stark wie Drahtseile, du blickst voll durch und weisst genau, was du tust.» Das klingt für mich wie die Beschreibung eines nicht zu mir passenden Sternzeichens, eröffnet mir jedoch die Möglichkeit, meine zukünftigen Säule-3a-Einzahlungen zum grössten Teil in Aktien zu stecken.

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Mit Säule 3a Lücke stopfen

Für die meisten Menschen ist es heute mehr Pflicht denn Kür, die private Vorsorge in die Hand zu nehmen. Die steigende Lebenserwartung und die tiefen Zinsen bringen das auf drei Säulen ruhende schweizerische Vorsorgesystem gehörig ins Wanken. Negative Renditen bei Festgeld und Obligationen machen Pensionskassen das Leben schwer. Der Plan, den Lebensabend mit Hilfe der staatlich verordneten ersten und zweiten Säule zu finanzieren, geht in Zukunft immer seltener auf. Im Schnitt entsprechen die Leistungen aus AHV und Pensionskasse nur noch 60 Prozent des ursprünglichen Einkommens. Je höher der Verdienst, desto stärker sinkt dieser Prozentsatz.

Gleichzeitig werden nach der Pensionierung noch immer 70 Prozent des Einkommens gebraucht – so die Faustregel, in vielen Fällen ist es wohl deutlich mehr. Da tut sich eine Lücke auf. Die gilt es mit der dritten Säule, der privaten Vorsorge, zu stopfen. War diese ursprünglich für einen gewissen Luxus in der Rente gedacht, ist sie zunehmend dazu da, den gewohnten Standard zu sichern.

Freie Vorsorge oder gebundene Variante

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob man sich in der 3. Säule über 3a binden oder sie als 3b frei gestalten soll. Das schlagende Argument für die gebundene Variante ist der Steuervorteil. Die Einzahlungen in die Säule 3a verringern das steuerpflichtige Einkommen. So lassen sich im Jahr vielfach mehr als 2000 Franken an Steuern sparen. Die Rendite in der freien Vorsorge müsste um einiges höher sein, um diesen Vorteil wettzumachen.

«Kurzfristige Absturzrisiken machen dir nichts aus, weil du die höchstmögliche Rendite anstrebst. Dein Anlagetyp erlaubt es, dein Vorsorgevermögen in Wertpapiere zu investieren, und das breit diversifiziert. Damit profitierst du von einer höheren Ertragschance gegenüber einer klassischen Kontolösung.» So ermutigt mich die VIAC-App entsprechend meinem Risikoprofil, die Lücke mit einem möglichst hohen Einsatz von Aktienanlagen zu stopfen.

Aktien sind die einträglichste Anlageform

Das macht auch Sinn. Langfristig sind Aktien die einträglichste Anlageform. Laut einer Studie der Credit Suisse hat ein Weltaktienportfolio seit dem Jahr 1900 im Schnitt jährlich 5,2 Prozent Rendite abgeworfen, und das nach Abzug der Inflation. Natürlich gab es Schwankungen – zum Teil sehr heftige. Doch über die Jahre und Jahrzehnte glichen sich diese wieder aus und führten zur deutlichen Outperformance gegenüber allen anderen Anlageklassen.

«Der Anlagehorizont wird nicht genützt. Risiken werden falsch verstanden. Viele Anleger investieren zu wenig in Aktien. Das ist einer der häufigsten Fehler in der Vorsorge», sagt Iwan Brot. Laut dem Vorsorge-Experten sollten 20- bis 30-Jährige voll in Aktien investieren, und diese im höheren Alter gänzlich aus dem Portfolio zu schmeissen, hält er für falsch. «Selbst 70-Jährige dürfen noch Aktien besitzen», sagt Brot.

Mit der Säule 1e auf dem Egotrip

Die wirklichen Innovationen in der Vorsorge halten sich in Grenzen. Eine Ausnahme bilden die sogenannten 1e-Pläne. 1e ist ein Artikel in der Verordnung über die berufliche Vorsorge (BVV2). Bereits seit 2006 dürfen Vorsorgenehmer mit einem Einkommen von mehr als 126 900 Franken bei einigen Pensionskassen mitbestimmen, wie ihre überobligatorischen Beiträge investiert werden. Weil das Risiko aber nicht bei den Versicherten, sondern bei den PKs lag, hielten sich diese mit Angeboten zurück. Seit Oktober 2017 tragen die Anleger das Verlustrisiko selbst. Aus diesem Grund steigen die Kassen bei den 1e-Plänen jetzt aufs Gas. Besserverdienende werden nun wohl verstärkt mit 1e-Plänen konfrontiert.

Die Vorteile sind folgende: Die Einzahlungen sind vom bestehenden Pensionskassenvermögen getrennt. Es wird also nicht quersubventioniert. Jeder Versicherte spart ähnlich der dritten Säule nur für sich selbst. Zudem haben Vorsorgenehmer die Möglichkeit, aus verschiedenen Anlagestrategien die für sie passende zu wählen. Da sich die Anlageprofile zuweilen stark unterscheiden und mit dem Alter ändern, macht das Sinn. Bis zu zehn verschiedene Strategien dürfen angeboten werden. Mindestens eine muss risikoarm sein. Kosten können so beeinflusst werden. Die Entscheidungen sind nicht in Stein gemeisselt. Ein Strategienwechsel ist immer wieder möglich.

Die grössten Nachteile ergeben sich beim Bezug. Eine Rentenzahlung ist nicht vorgesehen. Weil der Versicherte das Kapital bei der Pensionierung beziehen muss, trägt er bei einer Wiederveranlagung die Kosten. Gross können die Nachteile bei einer überraschenden Kündigung sein. Auch hier erfolgt der Zwangsverkauf. Wurde der Schwerpunkt auf Aktien gelegt, kann der genau zum falschen Zeitpunkt erfolgen.

Pensionisten an die Börse

So ist der Anlagehorizont zu Rentenbeginn noch hoch. Im Durchschnitt lebt eine 65-jährige Schweizerin immer noch 20 Jahre. Vielfach sind es auch 25 oder mehr. «Da bleibt reichlich Zeit, um Schwankungen an den Aktienmärkten auszusitzen. Deshalb sollten auch ältere Menschen einen Teil ihres Kapitals an der Börse investieren. Das gilt umso mehr, als das Vermögen selten völlig aufgezehrt, sondern in der Regel zumindest teilweise vererbt werden soll», heisst es bei Scalable Capital. Dass Aktien im Alter zu riskant seien, zählt der Robo-Advisor zu den zehn häufigsten Irrtümern in der Altersvorsorge.

Viele Anleger sehen bei den Aktieninvestments lediglich die Kursrisiken, blenden aber die stabilen Einkünfte durch die Gewinnausschüttungen aus. «Die Dividenden werden als Renditequelle unterschätzt. Alleine mit diesen Einkünften wäre die durchschnittliche Zielrendite der meisten Anleger erreicht», sagt Markus Müller von Tareno. Derzeit beträgt die Dividendenrendite im SMI trotz des hohen Kursniveaus 3,3 Prozent. Die Renditen von Firmen wie Roche oder Novartis liegen sogar darüber. Der Durchschnitt aller Aktien im Euro-Stoxx-50-Index zahlt eine Dividende von 3,7 Prozent aus.

«Unser Vorschlag: Global 100. Zahlst du ab heute bis zur Pensionierung beispielsweise 400 Franken ein, könnten bei einer durchschnittlichen Entwicklung 176 970 Franken erreicht werden.» Die VIAC-App schlägt mir eine Anlagestrategie mit einem Aktienanteil von 97 Prozent vor. Solch hohe Aktienquoten sind in der gebundenen Vorsorge ein Novum. In den vergangenen Jahren ist der Aktienanteil in den 3a-Lösungen stetig nach oben geklettert und hat nun das Ende der Fahnenstange erreicht. Lange lag das VZ VermögensZentrum mit einer 2016 eingeführten Aktienquote von 80 Prozent (mit Gewinnen bis zu 85 Prozent) vorne. VIAC ist der erste Anbieter, der an der 100-Prozent-Marke kratzt. Zuletzt ist die UBS nachgezogen; sie bringt am 25. Oktober den UBS Vitainvest 100 World mit einem Aktienanteil von 95 bis 100 Prozent auf den Markt.

Maximale Aktienquote

Geregelt werden die Säule-3a-Anlagen durch die BVV2-Richtlinien. Diese legen an sich eine maximale Aktienquote von 50 Prozent fest. (Das Fremdwährungsrisiko ist auf 30 Prozent beschränkt.) Bis vor wenigen Jahren haben sich die Anbieter weitgehend daran gehalten und bei den Vorsorgefonds die Aktienanteile entsprechend beschränkt.

Doch nicht zuletzt weil Obligationen nicht mehr rentieren und von Anlegern nicht mehr gefragt sind, werden die BVV2-Kriterien nun anders ausgelegt. Sie sollen nicht auf Ebene des einzelnen Anlegers, sondern für die gesamte Stiftung gelten. So seien 100 Prozent Aktien für den Einzelnen okay, solange der Aktienanteil in der gesamten Stiftung unter der 50-Prozent-Marke verbleibe. «Dass die BVV2-Richtlinien auf Stiftungsebene gelten und nicht auf Ebene des einzelnen Vorsorgenehmers, haben wir mit der Stiftungsaufsicht abgeklärt», bestätigt Christian Mathis, einer der VIAC-Gründer.

«VIAC hat sich stark am VZ orientiert. Sie machen es sehr ähnlich, im Abschlussprozess sind sie digitaler»

Manuel Rütsche, Head Asset Management beim VermögensZentrum

Das VZ VermögensZentrum ist im Bereich der flexiblen 3a-Wertschriftenlösungen der Pionier. Laut eigenen Angaben lieferte es 2010 das erste Robo-Advice-Angebot Europas. Seither können Kunden dort Säule-3a-Gelder automatisiert in Portfolios mit passiven Fonds investieren. Vorher mussten sich die Anleger mit Säule-3a-Fonds zufriedengeben. Die 3a-Verträge sind wie bei VIAC online über das Finanzportal abschliessbar. Im Unterschied zu VIAC, wo selbst die Unterschrift auf dem Smartphone erfolgt, muss der Kunde am Ende die Verträge auf Papier unterzeichnen. «VIAC hat sich stark am VZ orientiert. Sie machen es sehr ähnlich, im Abschlussprozess sind sie digitaler», sagt Manuel Rütsche, Head Asset Management beim VermögensZentrum.

3a-Vertrag in Minuten

Für Rütsche stellt sich die Frage, ob es notwendig ist, einen 3a-Vertrag in wenigen Minuten abschliessen zu können. Solche Lösungen seien nicht für jeden Kunden das Richtige. Es komme zum Beispiel auf das Vorwissen an. Beim VZ liege der Fokus auf der persönlichen, umfassenden Beratung. Die ist bei VIAC über Mail, Chat (im Test wurde eine Frage von einem der VIACGründer persönlich innert drei Minuten beantwortet) und Telefon möglich, konzentriert sich aber auf die Säule 3a. Beim VZ wird im Falle einer Beratung die gesamte finanzielle Situation analysiert.

Je nach Risikoneigung stehen bei VIAC und dem VermögensZentrum verschiedene Standardstrategien zur Verfügung: Beim VZ sind es sechs mit Aktienquoten von 15 bis 80 Prozent. VIAC ist mit 15 Strategien im Rennen. Anleger können sich auf jeweils fünf globale, Schweizer oder nachhaltige Strategien fokussieren. In jedem dieser Bereiche liegen die Aktienquoten zwischen 20 und 97 Prozent. Seit Mai dieses Jahres können Anleger bei VIAC wie beim VZ schon seit 2010 ihre Strategien nach ihren persönlichen Vorlieben erstellen.

Beim Fintech-Start-up stehen 11 ETFs und 21 Indexfonds zur Auswahl, beim VZ sind es insgesamt rund 40 Produkte von zehn verschiedenen Anbietern. Die Programme prüfen im Hintergrund, ob die Strategien die BVV2-Kriterien erfüllen. Klumpenrisiken werden ausgeschlossen; Einzelwerte dürfen maximal fünf Prozent des Gesamtportfolios ausmachen. Da Néstle, Novartis und Roche im SMI so dominant sind, wurde die Gewichtung des SMI-Indexfonds bei VIAC beispielsweise auf maximal 20 Prozent beschränkt. Gold wiederum kann mit maximal 10 Prozent gewichtet werden. Die Fremdwährungsrisiken hat VIAC auf 60 Prozent beschränkt.

Vorsorge 3a-Wertschriften-Lösungen im Vergleich VZ VermögensZentrum
Quelle: Bilanz

Cost Average Effect nutzen

«Wir empfehlen dir, einen Dauerauftrag einzurichten, sodass monatlich investiert wird. Wer regelmässig einzahlt, profitiert vom Durchschnittskosteneffekt», schreibt mir VIAC. Klingt im ersten Moment nach Kundenbindungsprogramm, macht aber tatsächlich Sinn. Denn der Durchschnittskosteneffekt oder Cost Average Effect ist eine tolle Sache. Automatisierte Käufe helfen, nicht in eine der zahlreichen Psychofallen an den Börsen zu geraten. So steigen Kleinanleger meist zu spät ein und nehmen Gewinne zu früh mit.

Das perfekte Timing ist selbst für Profis reine Glücksache. Wer regelmässig in kleinen Summen investiert, kann die Achterbahn an den Börsen ausblenden und kauft unabhängig von den Geschehnissen dort ein. Selbst Korrekturen ist auf diese Weise etwas abzugewinnen. So wandern mehr Fondsanteile ins Portfolio. Insgesamt werden die Wertschwankungen im Portfolio mittels regelmässiger Investments verhindert.

Den Cost-Average-Effekt machen sich Sparpläne zunutze. In Deutschland sind diese weit verbreitet. In der Schweiz machen hohe Grundgebühren solche Strategien meist unmöglich. Wer sich Fonds im Wert von 200 Franken ins Depot legt und dabei 10 Franken Gebühren bezahlt, hat schon vom Start weg fünf Prozent verloren. Bei VIAC und dem VZ werden die Gebühren in Prozent des Vermögens berechnet. Bei Ersterer können sogar Einzahlungen ab einem Franken getätigt werden. Sparpläne sind dort also auch mit sehr kleinen Summen möglich.

Tiefe Gebühren sind besonders relevant

Durch den langen Anlagehorizont sind tiefe Gebühren in der Altersvorsorge besonders relevant. Denn wie bei den Gewinnen macht sich auch bei den Kosten der Zinseszins – nur eben negativ – bemerkbar. VIAC und VZ stechen bei den Kosten positiv hervor. «Die Konkurrenz belastet ihre Wertschriftenlösungen in der Säule 3a mit Gebühren von teilweise über 1,5 Prozent. Die Säule 3a beim VZ ist damit bis zu 60 Prozent günstiger als andere Angebote», schreibt das VZ. Hier liegt die Verwaltungsgebühr bei 0,68 Prozent auf das gesamte Vermögen. Bei der Konkurrenz, mit der sich das VZ vergleicht, sind Produktkosten inkludiert. Beim VZ kommen zur Verwaltungsgebühr noch Produktkosten von rund 0,2 Prozent dazu.

VIAC unterbietet das Preisniveau des VZ mit einer 0,52-prozentigen Verwaltungsgebühr. Zudem wird diese nur auf dem investierten Vermögensteil verrechnet, beim VZ auf dem gesamten Vermögen. «Das Pricing bei VIAC ist offensiv», sagt Markus Müller vom Vermögensverwalter Tareno.

Grundsätzlich gilt: je niedriger der Aktienanteil, desto niedriger die Gebühren. Bei der Strategie Global 20 liegen die Gesamtkosten bei 0,17 Prozent, bei der Strategie Global 100 machen die Gesamtkosten 53 Basispunkte aus. Der Fokus auf Nachhaltigkeit und ESG kostet: Die Strategie Global 100 Nachhaltig schlägt mit Gesamtkosten von 0,72 Prozent zu Buche. Darin sind Transaktionskosten, Depotgebühr, Kontoführung und Stiftungsadministration enthalten. Für eine Strategieänderung fallen keine zusätzlichen Transaktionskosten an. Ein grosser Vorteil: Im Gegensatz zum VZ ist der Cashanteil bei VIAC gebührenfrei und zudem mit 0,3 Prozent verzinst. Das ist zwar weniger, als die VIAC-Mutter für 3a-Sparkonten offeriert (0,4 Prozent), aber im Branchenvergleich ansehnlich.

Vorsroge 3a-Wertschriften-Lösungen im Vergleich VIAC
Quelle: Bilanz

Obligationen eliminiert

Obwohl VIAC die höchsten Aktienquoten in der Säule-3a-Anlage ermöglicht, spielt Cash eine überdurchschnittlich grosse Rolle. Bei der Strategie Schweiz 20 werden etwa 68 Prozent in Bargeld investiert. Sind Obligationen bei gängigen Vorsorge-Portfolios die Grundbausteine, wurden sie von VIAC in den Basisstrategien kurzerhand eliminiert und durch Bares ersetzt.

Der Ausschluss von Obligationen in den Standardstrategien ist eigenwillig, aber sinnvoll. Zu Recht werden Obligationen von vielen Experten aktuell sehr kritisch bewertet. Obligationen von soliden Schuldnern wie der Schweizer Regierung bieten Anlegern nach Kosten immer noch negative Renditen. Hinzu kommt ein Zinsänderungsrisiko. «Steigen die Zinsen schlagartig, drohen bei Obligationen massive Kursverluste», sagt VIAC-Gründer Mathis. Im Unterschied dazu wirken sich Zinsanstiege auf den verzinsten Cashanteil sogar positiv aus. Bevormunden will man die Kunden bei VIAC dennoch nicht. Wer Obligationen will, kann sich diese über eigene Strategien ins Depot legen.

Grundsätzlich haben Banken kein Interesse daran, Obligationen durch Cash – und schon gar nicht verzinstes – zu ersetzen. Sie müssen die überschüssige Liquidität bei der SNB zu negativen Zinsen deponieren und können noch dazu keine Verwaltungsgebühr kassieren.

«Wir nützen Skaleneffekte. Die Arbeit ist auch bei 10 000 oder 20 000 Kunden von drei Mitarbeitern zu schaffen»

Christian Mathis, VIAC-Gründer

Möglich sind tiefe Gebühren durch die Automatisierung und die Verwendung von passiven Produkten. Bei VIAC kümmern sich drei Angestellte um die rund 4500 Kunden. «Wir nützen Skaleneffekte. Die Arbeit ist auch bei 10 000 oder 20 000 Kunden von drei Mitarbeitern zu schaffen», sagt Christian Mathis. Für die Verarbeitung einer Kontoeröffnung muss ein Mitarbeiter zehn Sekunden aufwenden. Das Rebalancing, also die Ausrichtung aller Depots auf die ursprünglich gewünschte Gewichtung, ist in vier bis fünf Stunden erledigt.

Gedrückt werden die Kosten durch den Verzicht auf aktive Fondsmanager. Wie bei Robo-Advisors üblich, setzt man bei VZ und VIAC auf ETFs und Indexfonds, also passive Produkte, die automatisiert einem Index folgen. Bei VIAC liegen die jährlichen Fondskosten etwa im Falle der globalen Strategie bei 0,03 Prozent, beim VZ bei rund 0,2 Prozent. Hier wird bis ins Detail optimiert. Relevant ist das Domizil des Fonds. Bei einem «schlechten» Domizil kann der Fonds keine Verrechnungssteuer auf Dividenden zurückfordern. Für Schweizer Aktien ist die Schweiz vorteilhaft. Für den MSCI ist Irland ein gutes Domizil.

Fokus auf Fonds der Credit Suisse

VIAC verwendet bei den Indexfonds die institutionellen Fondstranchen, die sonst eigentlich für professionelle Anleger gedacht sind. Das VZ kombiniert institutionelle mit Retailtranchen. Diese können im Unterschied zu den VIAC-Fonds ins Privatvermögen übertragen werden, ohne dass sie verkauft werden müssen.

Auffällig bei VIAC ist die starke Präsenz von Produkten der Credit Suisse, die nicht gerade als erste Anlaufstelle für passive Fonds bekannt ist. Da die CS die Depotbank von VIAC ist, liegt der Verdacht auf Rückflüsse nahe. «Weder VIAC noch die Terzo Vorsorgestiftung oder die WIR Bank erhält irgendwelche Formen von Retrozessionen von der CS», sagt VIAC-Gründer Mathis. Vor neun Monaten habe man diverse Banken als Depotbank offerieren lassen. Die CS habe mit der kostengünstigen Insti-Tranche und den tiefen Depotgebühren «ganz klar das Rennen gemacht». Die CSIF-Indexfonds werden über die IFAPlattform der Credit Suisse gehandelt.

Viac schlägt VZ

Auch beim VZ ist die Bindung an die Depotbank eng. «Das VZ pocht auf seine Neutralität, schaut aber, dass die eingesetzten Produkte in der hauseigenen VZ Depotbank liegen», sagt ein Experte. Laut VZ sind die tiefen Kosten erst durch die eigene Depotbank möglich.

Im direkten Vergleich ist das Produkt von VIAC jenem der VZ überlegen. Das gilt besonders für Anleger, die mit einer Beratung über Chat oder Telefon auskommen. Die tieferen Kosten machen sich langfristig positiv bemerkbar.

«Auf deiner VIAC 3a-Beziehung wurde soeben eine Einzahlung verbucht. Mit dem nächsten Rebalancing am 1.10.2018 wird diese Einzahlung automatisch in deine gewählte Strategie investiert», schreibt mir die App. In Windeseile habe ich die neue Welt der Vorsorge betreten. In einer Woche geht die Reise los.