Wie hat der englische Premierminister Winston Churchill es einmal gesagt? «Man kann immer darauf vertrauen, dass die Amerikaner das Richtige tun werden. Aber erst, nachdem sie alle anderen Optionen ausprobiert haben.» Aktuell scheinen sie noch mit Letzterem beschäftigt.

Dass das dem Dollar nicht hilft, ist intuitiv einleuchtend. Wer aber meint, dass es der Grund für die seit Jahresanfang zu beobachtende Dollarschwäche an den Märkten ist, macht sich die Sache zu einfach.

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Überhaupt funktionieren einleuchtende Theorien zum Thema Wechselkursentwicklung in der Regel kaum bis gar nicht. Nehmen Sie die weitverbreitete Vorstellung, dass die Währungsstärke durch die Zinsdifferenz einer Währung zur Vergleichswährung bedingt sei. Die Idee ist, dass die Währung mit den höheren Zinsen sich aufwerten müsse, weil eine Anlage dort ja attraktiver sei.

Wer Ihnen so etwas erzählt, entlarvt sich als ökonomisch ungebildet. Die Zinsdifferenz eignet sich weder kurzfristig noch langfristig für die Erklärung von Wechselkursen. So ist seit Jahresbeginn der Notenbankzins für den Dollar konstant geblieben, in Europa und der Schweiz aber deutlich gesenkt worden. Der Dollar hat dadurch aber nicht zugelegt, sondern gegen Euro und Franken sogar gut 10 Prozent an Wert verloren.

Langfristig ist die Sache noch klarer. Mit wenigen Tagen Ausnahme lagen die Zinsen im Dollar in den letzten 55 Jahren über denen im Franken. Doch der Dollar wertete sich ab statt auf und hat seit 1970 über 80 Prozent seines Werts verloren.

Was bestimmt die langfristige Entwicklung der Wechselkurse? Die Inflationsdifferenz zwischen den Währungen. Die Währung, welche die höhere Inflationsrate aufweist, wertet sich ab. Nur so können die realen Preise von Waren und Dienstleistungen auf beiden Seiten der Grenze gleich bleiben. Den so gegebenen handelsneutralen Wechselkurs nennt man Kaufkraftparität.

Der Gastautor

Der Ökonom Klaus Wellershoff ist Gründer und Verwaltungsratspräsident von Wellershoff & Partners, regelmässiger Kolumnist der «Handelszeitung» und Co-Host von «Handelszeitung Morning-Call».

Kurzfristig kann man den Wechselkurs nicht prognostizieren, denn in der Tat schwankt er um seinen durch die Inflationsperformance bedingten Trend. Das liegt an Stimmungen oder irren Theorien wie etwa jener der Zinsdifferenz. Diese verleiten Investoren dazu, kurzfristig immer von dem abzuweichen, was die Inflationsdifferenzen eigentlich vorgeben. Solche Fehlbewertungen folgen aber leider keinem prognostizierbaren Muster.

Die Stimmung im Dollar hat also gedreht. Anfang Jahr war die amerikanische Währung im handelsgewichteten Durchschnitt gegenüber allen anderen Währungen mit gut 20 Prozent überbewertet. Das hat sich nun zur Hälfte korrigiert. Dreht die Stimmung weiter gegen die USA, ist eine weitere Abwertung des Greenback von nochmals 10 Prozent sehr wahrscheinlich. Und tatsächlich kann der Markt auch nach unten irren. Eine Aufwertung des Franken von nochmals bis zu 20 Prozent ist also auch kein aberwitziges Szenario.

Hinzu kommt, dass mit den wohl unvermeidlich ansteigenden Zöllen die Produzenten- und Konsumentenpreise in den USA deutlich ansteigen werden. Während wir in der Schweiz momentan Preisstabilität haben, droht damit die Inflationsdifferenz zu den USA zu steigen und der Trendwert für die Kaufkraftparität noch schneller zu fallen, als er es heute tut.

An einem Abwärtstrend des US-Dollar scheint damit kaum ein Weg vorbeizuführen. Für uns heisst das wegen der billiger werdenden Importe weiter tiefe Inflation und eine gestiegene Kaufkraft der Konsumenten. Und unsere Firmen können kräftig im Ausland investieren. Dabei sind Wechselkurse mit Werten auch unter 0.70 Franken in den nächsten Jahren nicht unrealistisch. Unsere Ferienmachenden wird es freuen. Die Nationalbank weniger, denn Gegenwehr wird neuerdings als Währungsmanipulation gewertet und mit Strafzöllen bedroht.