Lange hatte sie sich dagegen gesträubt, aber nun eröffnet die Berner Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen den «Kryptomilliardär» Dadvan Yousuf wegen gewerbsmässigen Betrugs. Die Berner fühlten sich nie für den Fall Yousuf zuständig. Das und vieles mehr wurde nur bekannt, weil sich die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern in der Zuständigkeitsfrage an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts gewandt hatte. Dort beantragte sie am 6. Oktober 2022, dass für den Fall Yousuf nicht sie, sondern entweder die Bundesanwaltschaft oder die Behörden des Kantons Zürich zuständig seien.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Der Fall kann öffentlich nachgelesen werden. Er zeigt, wie lange sich die Behörden um die Zuständigkeitsfragen stritten, während der «Kryptomilliardär» weiter seinen Geschäften nachgehen konnte. Seine Kryptocoins, die Käufer reich machen sollten, wurden während dieser Zeit weiter von Ahnungslosen gekauft.

Der Fall Yousuf beginnt am 18. Mai 2021. Also sogar schon bevor die «Handelszeitung» im Februar 2022 aufzeigte, dass die Geschichte vom «Krypotmilliardär» kaum stimmen kann. Damals machte eine Schweizer Bank eine Verdachtsmeldung bei der Meldestelle für Geldwäscherei gegen ihren Kunden Dadvan Yousuf. Der Fall kommt in der Folge zur Staatsanwaltschaft Bern, und die Kantonspolizei Bern macht Abklärungen.

Der Zuständigkeitsstreit

Am 5. April 2022 fragt die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern die Bundesanwaltschaft an, ob nicht sie für den Fall Yousuf zuständig sei. Ab hier die Ereignisse chronologisch zusammengefasst:  

2. Juni 2022

Die Bundesanwaltschaft antwortet, sie sei nicht zuständig.

14. Juni 2022

Während sich die Strafverfolgungsbehörden über die Zuständigkeit streiten, übermittelt die Meldestelle für Geldwäscherei der Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte am 7. April und am 14. Juni 2022 im selben Sachzusammenhang weitere Verdachtsmeldungen.

20. Juli 2022

Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern ist nicht happy mit der Antwort der Bundesanwaltschaft. Sie initiiert einen Meinungsaustausch mit der Bundesanwaltschaft, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug und der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich.

28. Juli 2022

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug teilt mit, dass sie sich in der Sache nicht als zuständig sieht.

16. August 2022

Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern lässt der Bundesanwaltschaft und der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich die Korrespondenz mit dem Rechtsvertreter des von Dadvan Yousuf zukommen.

30. August 2022

Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich teilt mit, sie sei nicht zuständig.

27. September 2022

Die Bundesanwaltschaft kommt zum Schluss, sie sei nicht zuständig. Nein, die Sache falle in die Zuständigkeit kantonaler Strafverfolgungsbehörden.

6. Oktober 2022

Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern wendet sich an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichtes: Die Bundesanwaltschaft sei zuständig. Oder eventuell Behörden des Kantons Zürich.

10. Oktober 2022

Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichtes, dass die Bundesanwaltschaft für zuständig erklärt werde. Oder die Behörden des Kantons Bern.

19. Oktober 2022

Die Bundesanwaltschaft weist den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern ab.

19. Dezember 2022

Das Resultat der Zuständigkeitsfrage vor der Beschwerdekammer ist ein zehnseitiger Bericht, der damit endet: Die Frage der Zuständigkeit lässt sich aufgrund der Angaben im Gesuch nicht beurteilen, weshalb auf das Gesuch nicht einzutreten ist.

Wie lange die Behörden stritten, ist nur wegen des Falls vor dem Beschwerdegericht klar geworden. Während ich die Ereignisse in eine chronologische Reihenfolge brachte, musste ich mehrmals laut lachen. Das alles, während der Kryptocoin weiterhin von Ahnungslosen gekauft wurde. Dabei war der Verdacht gegen Yousuf schon am 1. November 2021 klar formuliert. Auch das wurde nur wegen des Falls vor dem Beschwerdegericht öffentlich. Der Tatverdacht war schon damals gewerbsmässiger Betrug und Geldwäscherei. 

Der Tatverdacht

Am 12. März 2021 habe Yousuf die Stiftung Dohrnii Foundation mit Sitz im Kanton Zug gegründet. Yousuf werde vorgeworfen, er habe, insbesondere mithilfe diverser nationaler und internationaler Medien sowie bei Veranstaltungen, Anlegende vom Kauf seines Kryptocoins Dohrnii überzeugt, ohne dass er die Absicht gehabt haben soll, das entsprechende Projekt dahinter tatsächlich zu realisieren respektive indem er Anlegerinnen und Anleger über Vermögensanlagen und insbesondere einen angeblich von ihm erfundenen Algorithmus zum automatisierten Handel mit Kryptowährungen getäuscht habe.

Aufgrund der bewusst und aktiv über diverse nationale und internationale Medien gesteuerten Täuschungen soll er ein grosses nationales und internationales Publikum erreicht und sich unter anderem als erfolgreicher «Kryptomilliardär» vermarktet haben, um Anlegende für seinen Kryptocoin zu gewinnen. Den mutmasslich deliktischen Erlös habe der Beschuldigte bis Ende Mai 2021 auf ein auf ihn lautendes Konto bei einer Schweizer Bank entgegengenommen.

Nach Saldierung der Beziehung zu dieser Bank seien die verbleibenden Vermögenswerte über ein Konto einer anderen Bank am 28. Mai 2021 zu einer Bank mit Sitz in Liechtenstein transferiert worden. Auf verschiedenen auf Yousuf lautenden Konten bei dieser Bank seien zwischen dem 28. Mai 2021 und circa 21. Juni 2022 weitere Zahlungseingänge potenzieller Anlegerinnen und Anleger erfolgt. Yousuf soll den mutmasslich deliktischen Erlös mindestens teilweise von Liechtenstein auf eine Plattform mit Sitz in den USA und auf eine Bank mit Sitz im Vereinigten Königreich gebracht haben.