Es war nur ein kurzer Satz in einem Interview. Doch er enthielt jede Menge Sprengstoff: Der renommierte Wirtschaftswissenschafter Milton Friedman forderte, dass Zentralbanken abgeschafft und durch einen Computer ersetzt werden sollten, der die Geldmenge steuert. Zunächst ist das nur ein typisches Statement des erklärten Monetaristen Friedman. Darüber hinaus bedeutet es die endgültige Kriegserklärung an die grossen Goldvorräte der Zentralbanken. In einer Welt, in der kein Alan Greenspan oder Wim Duisenberg der gespannten Finance-Community seine codierten Einschätzungen mitteilt, sondern nur ein Programm die Finanzmärkte steuert, sind die Goldvorräte der Nationalbanken völlig fehl am Platz.

Seit der Aufhebung des Goldstandards im Jahr 1971 fristet das Edelmetall ohnehin nur noch ein Schattendasein an den Finanzmärkten. In einer offiziellen Publikation der Europäischen Zentralbank (EZB) zu ihrer Geldpolitik wird das Wort Gold nicht einmal erwähnt.

Eigentlich ist das Gold ja ein Rohstoff wie andere Metalle auch. Doch seit Menschengedenken übt das gelbe Metall eine grosse Faszination auf die Menschen aus. Es wurde und wird in praktisch allen Gesellschaften und Kulturen als Zahlungsmittel anerkannt oder genutzt. Trotzdem gilt auch hier die von dem Soziologen Max Weber angenommene fortschreitende Entzauberung der Welt. Der mythische Glanz des Goldes an den Finanzmärkten ist endgültig verblasst. Dies zeigte sich bei den jüngsten Finanzkrisen. Weder die ins Trudeln geratenen Volkswirtschaften von Mexiko, Russland noch die der Türkei oder Argentiniens wurden durch ihre Goldvorräte gerettet. Diese Finanzkrisen haben jedermann gezeigt, wie sinnlos die enormen Lagerbestände der Zentralbanken inzwischen geworden sind. Trotz diesem offenkundigen Sachverhalt lösen grössere Goldverkäufe von Zentralbanken selbst in wirtschaftlich ruhigen Zeiten allzu oft den Unmut der Bevölkerung aus. Bobby Godsell, Chef der grössten Goldmine der Welt, AngloGold, protestierte persönlich vor der britischen Botschaft gegen Goldverkäufe der Bank of England. Schliesslich würde eine sinkende Nachfrage nach Gold grossen volkswirtschaftlichen Schaden für dessen Hauptproduzenten Südafrika bedeuten.

Auch wenn die Bedeutung des Goldes an den Finanzmärkten schwindet, kaufen Anleger und Spekulanten bei jeder Krise immer noch Gold oder horten Goldmünzen und -barren «für Notzeiten». Unmittelbar nach dem verhängnisvollen 11. September verzeichnete der Kurs für die Unze Feingold einen rapiden Anstieg um rund sechs Prozent. Doch dieser kurze Höhenflug hat sich schnell wieder gelegt. So war es in den vergangenen Jahren schon mehrfach. Und nachdem der Goldpreis seit Mitte der Neunzigerjahre stark gefallen war, konnte man 2001 einige kürzere Rallyes beim Unzenpreis feststellen.

Jahresproduktion 2500 Tonnen
Die Marke von 300 US-Dollar pro Unze Feingold wurde allerdings nie durchbrochen. Meist waren die Gründe für diese Kursreaktionen, dass sich die Sätze für die Goldleihe erhöhten und Investoren deshalb ihre Short-Positionen aufhoben. Auch die kurze Rallye nach dem 11. September soll auf das Glattstellen von Short-Positionen zurückgegangen sein. Diese Short-Positionen entstanden so: Die grossen Goldminengesellschaften schlossen, meist mit Zentralbanken, Future-Kontrakte ab. Das heisst, sie verkauften Gold, das sie erst in den kommenden Jahren fördern würden. Insgesamt waren die Produzenten auf diese Weise rund 4000 Tonnen «short», das heisst, diese Menge Gold musste geliefert werden. Das entspricht Lieferverpflichtungen von durchschnittlich 400 Tonnen pro Jahr. Der Vorteil für die Minengesellschaften war, dass sie mit so genannten Gold-Futures und Gold-Forward-Contracts bei niedrigen Transaktionskosten auf die künftige Preisentwicklung von Gold spekulieren konnten. Das zu Grunde liegende Risiko ist dabei nicht sehr komplex. Früher oder später kommen die Minengesellschaften ja ihren Lieferverpflichtungen nach.

Kreditkosten senken mit Goldleihe
Diese Art von derivativen Goldgeschäften führte in der Vergangenheit deshalb zu einer beschleunigten Goldproduktion. Von 1980 bis 1999 stieg die jährliche Goldproduktion von rund 1000 Tonnen auf knapp 2500 Tonnen an. 1980 schoss der Preis für die Unze Feingold auch auf ein Rekordniveau. Doch der Preiszerfall des Edelmetalls und das Washingtoner Abkommen haben diesen Trend vorerst beendet. Dieses Abkommen von 1999 sieht vor, dass die Zentralbanken ihre Goldverkäufe auf ein Maximum von 400 Tonnen pro Jahr beschränken. An diesem Abkommen sind 15 Notenbanken beteiligt, die Ende September 1999 etwa 48 Prozent des weltweiten Goldbestandes horteten. Grosse Produzenten wie AngloGold planen daher, ihre Abbaustrategie zu ändern. Nur noch profitable Erze sollen verarbeitet werden. Die weltweiten Ausgaben für die Exploration neuer Vorkommen sinken bereits seit Jahren, während die Gewinnungskosten für Gold recht stabil geblieben sind.

Im Prinzip funktionieren die beschriebenen Transaktionen auch als so genannter Carry-Trade: Ein Investor leiht Gold und verkauft das Gold gegen US-Dollars. Diese US-Dollars nutzt er dann für andere Transaktionen und Investments. Bevor die Goldleihe zum vorab festgesetzten Termin ausläuft, kauft er wieder genügend Gold, um die ursprüngliche Goldleihe zurückzuzahlen. Der Umweg über das Gold lohnt sich dann, wenn die Goldleihe billiger ist als ein US-Dollar-Kredit. Von August 1994 bis August 1999 war es gemäss einer Untersuchung von Anthony Neuberger, Associate Professor der London Business School, um rund ein Prozent pro Monat billiger, Gold zu leihen, als einen US-Dollar-Kredit aufzunehmen.

Im September 1999 kletterte allerdings mit dem Abschluss des Washingtoner Abkommens der Goldpreis um über 20 Prozent und liess die Träume der Spekulanten platzen. Das Moratorium wird im Jahr 2004 auslaufen, dann werden besonders viele Goldkontrakte fällig. Damit könnte wieder mehr Bewegung in den Markt kommen. Derzeit dürfte das Umfeld für die Goldleihe ebenfalls ungünstig sein. Schliesslich wurden Dollar-Kredite dank den stark gesunkenen Leitzinsen in den USA deutlich billiger. Selbst Goldproduzenten sichern sich derzeit immer weniger gegen Preisänderungen des Edelmetalls ab. Ein Grund dafür liegt allerdings auch darin, dass Banken bei Goldminengesellschaften vorsichtiger mit der Kreditvergabe geworden sind. Manche Minengesellschaften sind angeschlagen, und in der Branche scheint sich eine Konsolidierung zu vollziehen, wie der hartnäckige Kampf um die Übernahme der australischen Normandy-Mine zeigt. Für Aktienanleger dürften sich also künftig Chancen aus Fusionsvorhaben ergeben.

Obwohl der Markt für Goldderivate in der letzten Dekade massiv gewachsen ist, hatten diese Instrumente bislang nur einen geringen Einfluss auf den Goldpreis. Erst der plötzliche Rückzug von mehreren Hundert Tonnen würde nach Schätzungen von Professor Anthony Neuberger den Markt signifikant beeinflussen.

Der gesamte verfügbare Goldbestand wird vom World Gold Council auf etwa 140 000 Tonnen geschätzt. Die Wahrscheinlichkeit einer plötzlichen Goldschwemme auf den Rohstoffmärkten ist wegen des Washingtoner Abkommens derzeit gering. Gegen 80 Prozent der Goldnachfrage stammen aus der Schmuckindustrie. Etwa 14 Prozent dienen industriellen Zwecken, und nur etwa 10 Prozent der weltweit verfügbaren Goldbestände werden als Investment genutzt. Von diesen zehn Prozent wird wiederum nur ein geringer Teil zu Münzen verarbeitet. Im Jahr 2000 waren es gerade einmal neun Tonnen Gold, die weltweit bei den Prägeanstalten landeten, das entsprach rund 0,3 Prozent des weltweiten Goldverbrauchs.

Zu den wichtigsten Argumenten, warum man in Gold investieren soll, zählt die sehr geringe Korrelation zu anderen Anlageklassen wie etwa Aktien. Je nach Statistik besteht zwischen Gold und anderen Investments nur eine minimale Abhängigkeit. Kurzum: Gold steigt, wenn alles andere fällt. Das ist wieder einmal das altbekannte Argument, Gold sei die richtige Anlage für Notzeiten, eben nur statistisch verbrämt. Interessant wird das Metall damit für einige Hedgefunds, zu deren Strategie die geringe Korrelation zu anderen Anlageklassen gehört.

Anders sieht es mit der Entwicklung des Goldbedarfs aus. Der sollte eigentlich in Krisenzeiten steigen. Doch ein Blick auf die Entwicklung des Goldmarktes im krisengeschüttelten Japan zeigt, dass das nicht unbedingt stimmt. Seit Jahren fällt in Japan die Nachfrage nach Gold, und der Unzenpreis folgt seit 1998 einem Abwärtstrend. Offensichtlich glauben die Japaner auch nicht mehr an den Krisenschutz von Gold. Andererseits spiegelt sich die sinkende Schmucknachfrage in dieser Situation wider. Auch in der Türkei scheint das Paradigma der Krisenwährung Gold nicht mehr zu stimmen. Durch die Wirtschaftskrise fiel der Goldbedarf rapide, und um sich gegen den galoppierenden Kursverfall der türkischen Lira zu schützen, musste man nicht in Gold investieren.

Indien, eine Hochburg des Goldes
Indien gehört traditionell zu den Ländern mit einem hohen Goldverbrauch. Der jährliche Goldbedarf des Subkontinents ist höher als die Nachfrage von Europa, den USA und Japan zusammen. Dafür unterliegt die Nachfrage in Indien starken Schwankungen, die vom hinduistischen Kalender abhängig sind. Je mehr viel versprechende Hochzeitstage der Kalender in einem Jahr bietet, umso höher ist die Zahl der Hochzeiten; und je mehr Hochzeiten, umso mehr Goldschmuck wird verschenkt. In Indien dient er noch der wirtschaftlichen Absicherung der Ehefrau. Trotz tendenziell steigender Nachfrage blieb in Indien der Preis für Gold in indischen Rupien in den vergangenen Jahren erstaunlich stabil. Zu den Ländern mit dem grössten Nachfrageschub in den letzten Monaten zählt Vietnam. Dort werden Immobilientransaktionen noch in Goldbarren abgewickelt.

Wer heute in der Schweiz Goldmünzen und Barren kauft, muss teilweise grosse Spannen zwischen Kauf und Verkauf in Betracht ziehen. Für gängige Goldmünzen ohne besonderen numismatischen Wert wie das 20-Franken-Vreneli oder den Krügerrand liegen diese Spannen am Bankschalter üblicherweise zwischen 7 und 15 Prozent. Der Goldpreis müsste also massiv steigen, damit dieses Investment auch nur einen Ertrag abwirft, der einem Inflationsausgleich entspricht. Ein Investmentfonds, der in Gold- und andere Edelmetalle investiert, ist hier sicherlich die bessere Alternative. Die erzielten sogar im problematischen Börsenjahr 2001 überwiegend eine gute Performance und könnten dadurch ein diversifiziertes Portfolio abrunden.

Infos rund ums Gold bietet das World Gold Council auf seiner Homepage www.gold.org
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