Es wird, wenn die Art Basel am Sonntag die Tore schliesst, wieder von aussergewöhnlichen Umsätzen und rekordverdächtigen Preisen die Rede sein. Warum? Weil Kunst längst nicht mehr nur mit Sinnstiftung verbunden wird, sondern zur neuen alternativen Asset-Klasse geworden ist. Sie befriedigt nicht nur ästhetische Bedürfnisse, sondern ist auch Wertspeicher, der im Niedrigzinsumfeld dankbar genutzt wird.

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Nach der Beurteilung des Branchendienstes Artprice sind sogar, wenn man sich als Sammler im oberen Segment bewegt, «Jahresrenditen von 10 bis15 Prozent für Werke über 100'000 Dollar möglich». Vorausgesetzt natürlich, man trennt sich bald wieder von seinen Stücken, womit man sich allerdings bei keinem Galeristen beliebt macht.

Neben Trustee-Gruppen amerikanischer Museen, die ihre Sammlungen bestücken, buhlen diese Woche auch vermehrt VIP-Gäste aus Asien um die besten Werke. Etwa um ein Gemälde der amerikanischen abstrakten Expressionistin Joan Mitchell für 14 Millionen Dollar, das bei Hauser & Wirth zu haben war. Oder um zwei Skulpturen des Schweizer Künstlerduos Fischli/Weiss bei der Galerie Eva Presenhuber für 250'000 und 450'000 Franken.

Neue Kunden, neue Kunst

Dass sich dieses Jahr noch mehr chinesische Jungmillionäre, amerikanische Hedgefonds-Manager und arabische Scheichs unters Kaufpublikum gemischt haben, gehört zur Strategie der Art Basel: Mit der Reifung der Emerging Markets und der Ausweitung der Zielgruppe auf ein durch neue Medien beeinflusstes, jüngeres Publikum, das Kunst als Lifestyle und Entertainment betrachtet und durch die Digitalisierung über Kunstmarkttrends informiert ist, ist dem Kunstmarkt ein unglaubliches Potenzial an Kundschaft erwachsen.

Beleg dafür ist, dass sich die Verkäufe im globalen Kunstmarkt laut einer Studie der UBS und der Art Basel seit 1990 auf 64,2 Millionen Dollar mehr als verdoppelt haben. Nach dem massiven Rückschlag infolge der Finanzkrise 2009 und den Rückgängen 2015 und 2016 hat sich der Kunstmarkt erholt. Mitverantwortlich ist der wachsende Hunger nach westlicher Kunst in Asien, den die Art Basel mit ihrem seit 2012 in Hongkong aktiven Ableger zu stillen weiss. Gemäss Artprice wurden zwischen 2000 und 2014 mit mehr als 700 neu eingerichteten Museen pro Jahr mehr Museen geschaffen als im 19. und 20. Jahrhundert zusammen – viele davon in Asien. Die damit verbundene Nachfrage nach Werken ist zum Turbo für das spektakuläre Wachstum des Kunstmarktes geworden.

Die Schattenseite der Ausweitung

Die Situation schafft auch für gut vernetzte Schweizer Galerien und Spitzenkünstler nie dagewesene Opportunitäten. Die Galerie Hauser & Wirth etwa öffnete im Frühjahr in Hongkong eine Galerie und Büros in Schanghai und Peking. Ihre Eröffnungsausstellung mit dem amerikanischen Künstler Mark Bradford war ausverkauft. «90 Prozent der Werke gingen an Sammler in Asien», so Iwan Wirth.

Mit der Ausweitung des Marktes ist aber auch eine Konzentration verbunden, die hiesige mittelständische Galerien zu spüren bekommen. Laut einem Report des Dachverbands Kunstmarkt Schweiz mussten in den letzten fünf Jahren 50 von 250 Galerien in der Schweiz schliessen. Messen und Auktionen setzen dem mittelständischen Galeriewesen zu. «Die Art Basel ist das Google der Kunstwelt», meint Franz Schultheis, Professor für Soziologie an der Universität St. Gallen, Co-Autor der Studie «Kunst und Kapital».

Ob als Händler, Galeristen, Auktionatoren, Kuratoren oder Sammler – Schweizer und in der Schweiz tätige Akteure mischen im Kunstgeschäft an vorderster Front mit. «Die Schweiz», sagt der einflussreiche Ausstellungs-Impresario Hans Ulrich Obrist, «ist mit der aussergewöhnlichen Dichte an Museen und Sammlungen traditionell ein guter Nährboden für Kunstkennerschaft.» Die Art Basel als megalomanes Kunst-Warenhaus und die hiesigen Zollfreilager, in denen Sammer ihre Kunst zollfrei parkieren können, tun ihr Übriges.