Die Sonne des Südens findet man in der Schweiz nicht nur in Lugano, Locarno oder Ascona. Diese Destinationen sind berühmt, aber auch teuer. Es gibt Alternativen: attraktive Feriendomizile mit (noch) moderaten Preisen. Die Experten von Wüest & Partner sind für BILANZ auf die Suche nach Schweizer Standorten für Ferienimmobilien gegangen, dort, wo die Märkte noch Potenzial haben. Sie finden diese Orte in den Tabellen zu diesem Text, angeordnet nach den drei Kategorien «Tessin», «Berge» und «Am Wasser».

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Bundesrätin Doris Leuthard hat eine Villa in Gambarogno gekauft, erhöht, an der im Sommer mit Abendsonne verwöhnten Ostküste des Lago Maggiore. Dort eröffnet sich ihr der Blick über den See, und wenn sie genau hinschaut, kann sie auf der anderen Seite den mondänen Golfplatz von Ascona ausmachen.

Der Kauf des Feriendomizils in Gambarogno deutet darauf hin, dass Leuthard ein Gespür für den Immobilienmarkt hat. Aus einer Analyse der Immobilienexperten von Wüest & Partner geht Gambarogno nämlich als eine der Gemeinden hervor, die als Feriendomizil attraktiv und preislich (noch) auf der moderaten Seite sind (siehe Tabelle «Ferienorte im Tessin» unter 'Downloads').

Die Gemeinde Gambarogno zieht sich von der Magadinoebene entlang dem Ufer des Lago Maggiore bis zur italienischen Grenze. Als Feriendomizil ist sie auch wegen der Nähe zu Locarno/Ascona und Lugano attraktiv. Die Musikfestwochen in Ascona und das Filmfestival in Locarno im August sind nur 20 Autominuten entfernt. Auch zum Musikfestival «Blues to Bop» im August in Lugano, der grössten Tessiner Stadt, sind es nur 40 Autominuten. Zudem bietet die Gegend rund 200 Kilometer ausgeschilderte Wanderwege, traditionelle Tessiner Dörfer und einen botanischen Garten mit Kamelien und über 350 verschiedenen Arten Magnolien. Das dürfte Doris Leuthard gefallen, die von sich selber sagt, sie erhole sich gerne im Garten.

Trotz der Nähe zu den Top-Domizilen im Tessin sind die Preise für Ferienimmobilien in Gambarogno ein Drittel tiefer. Das Angebot ist vielfältig: In Gerra, einer zu Gambarogno gehörenden Ortschaft, findet man mit der Internet-Suchmaschine www.alle-immobilien.ch derzeit 34 Verkaufsangebote: vom teilweise renovierten Einfamilienhaus mit 145 Quadratmetern Wohn- und 1000 Quadratmetern Grundfläche für 360 000 Franken über das Rustico (95 Quadratmeter Wohnfläche, 375 000 Franken), bei dem Küche und Bad renoviert werden müssten, bis zur neuwertigen, 2007 erstellten Villa mit Pool, 200 Quadratmetern Wohn- und 547 Quadratmetern Grundstücksfläche für 2,25 Millionen.

Das Rustico für 375 000 Franken lässt sich mit einer Hypothek finanzieren, sodass Zinsen und Amortisation weniger als 700 Franken pro Monat kosten. Bei den tiefen Zinssätzen sind viele Ferienimmobilien eben erschwinglich geworden. Das ist ein Grund, warum die Verkaufszahlen für Zweitimmobilien seit dem Jahr 2007 steigen (siehe Grafik «Explodierende Nachfrage» auf dieser Seite). Ein zweiter Grund sind die Turbulenzen an den Börsen. Viele Anleger nutzen inzwischen lieber die Zweitimmobilie als Geld- und Kapitalanlage als die unsicheren Börsenanlagen. Gemäss einer Umfrage des Vermietungsdienstes HomeAway und des Immobilienmaklers Engel & Völkers geben immerhin fast 43 Prozent als Motiv für den Kauf an, dass sie die Investition als Geld- und Kapitalanlage sehen (siehe Grafik «Das Ferienheim als Sparhafen» unter 'Downloads').

Entscheidend dafür, ob sich die Ferienimmobilie als gutes Investment erweist, ist die Lage. Diese sollte gut abgeklärt werden. Die Villa für 2,25 Millionen Franken in Gerra (Gambarogno) etwa befindet sich in unmittelbarer Nähe zum See. Und gerade deswegen ist Vorsicht geboten, denn die Bahnlinie führt in der Gemeinde Gambarogno genau durch die attraktiven Wohngebiete am See. Wer ein lauschiges Plätzchen gefunden zu haben glaubt, sollte unbedingt die Durchfahrt des nächsten Güterzuges abwarten. Die alten Kompositionen können richtig lärmig und nervig sein.

Wer im Alter im Tessin überwintern will, sollte zudem bedenken, dass im Winter an den Hängen über Gambarogno viele Balkone monatelang kaum einen Sonnenstrahl sehen. Im Winter geht die Sonne im Rücken von Gambarogno auf und erreicht einen grossen Teil der Gegend erst am Nachmittag, wenn sie über dem See steht. Sie verschwindet aber schnell wieder hinter den Bergen auf der anderen Seeseite.

Sonne kostet

Da lässt es sich nur neidvoll auf die gegenüberliegende Seeseite mit den besonders teuren Spots wie Ascona, Ronco sopra Ascona und Brissago hinüberschauen. Im Soge dieser Tourismuszentren sind in den letzten Jahren auch in den Gemeinden zur Magadinoebene hin immer mehr Neubauten hochgezogen worden. Während es in der Campinghochburg Tenero am äussersten Zipfel des Lago Maggiore in erster Linie Wohnblocks im Flachen sind, wächst die Nachbargemeinde Gordola auch in attraktiven Hügellagen mit Seesicht. Was Durchreisenden verborgen bleibt: Es gibt ganze Dorfteile im Rustico-Stil.

An den Häusern am Rande des Dorfes vorbei schlängelt sich die Strasse ins beliebte Verzascatal hoch. Ein Gewirr von Strässchen führt in die Rebberge, von denen etliche auf Bauland wachsen. Das ist deshalb von Belang, weil Gordola und Tenero nach den letzten verfügbaren Zahlen aus dem Jahr 2000 zusammen mit Locarno den tiefsten Zweitwohnungsanteil aller Gemeinden in Seenähe aufweisen und günstige Bodenpreise bieten. Weil die intensive Bautätigkeit überwiegend Erstwohnungen betraf, dürfte der Anteil im Moment unter den ominösen 20 Prozent liegen. Die meisten Gemeinden der Gegend wie auch im Verzasca- und im Maggiatal sowie in Gambarogno weisen hingegen einen Zweitwohnungsanteil von um die 60 Prozent auf (siehe Nebenartikel «Initiative»).

Wenn man den Lago Maggiore in Richtung Maggiatal verlässt, locken das beschauliche Verscio sowie die Nachbargemeinden Cavigliano und Tegna. Für die längere, mit dem öffentlichen Verkehr umständliche Anreise entschädigt die sonnige Position am Tor zum Maggiatal und zum Centovalli.

Sandstrand

Gleichzeitig ist man nur einen Steinwurf von der Agglomeration Locarno/Ascona und dem Golfplatz Losone entfernt. Nicht zu verachten ist auch die erstaunliche Ballung guter Restaurants. Das Gebiet beginnt beim beliebten Ponte Brolla: Hier geniessen Badende das kristallklare Flusswasser der Maggia zwischen ausgewaschenen Felsen und wärmen sich, die Bergwelt bewundernd, am grössten Sandstrand weit und breit.

Wer Gegenden meidet, in denen überwiegend Deutschschweizer eine Zweitliegenschaft kaufen, muss über den Monte Ceneri. Nördlich von Lugano lockt Sonvico mit bezahlbaren Preisen. Abzuwarten ist, ob der neue Umfahrungstunnel von Lugano die bisher eher mühsame Anfahrt erleichtert. Die Gewohnheiten der Grenzgänger sollte kennen, wer in Lugano Nord die A2 verlässt, aber in Richtung Landesgrenze weiterfährt. Dort führt die Route nach Cademario der zuweilen sehr verstopften Kantonsstrasse entlang, bevor es in die Höhe geht.

Das Dorf Cademario verwöhnt mit einem Prachtspanorama. Bekannt ist es bei Insidern für den guten Wein – etwa von Spitzenproduzent Monti. Aber vor allem für das vorübergehend geschlossene Kurhaus, das der Schweizer Schriftsteller Markus Werner in seinem Kultroman «Am Hang» verewigte. Das Kurhaus gehört inzwischen einer Hotelgruppe, aus deren Verwaltungsrat Sergio Ermotti zurücktreten musste, nachdem er UBS-Chef geworden war. Zum luxuriösen Wellnesshotel ausgebaut, empfängt es ab 2013 wieder Gäste.

Wem es bei kurvigen Bergfahrten leicht schwindlig wird, der ist in Riva San Vitale ganz am südlichen Ende des Luganersees besser aufgehoben als in Cademario. Hier ist das älteste vollständig erhaltene Gotteshaus der Schweiz zu besichtigen. Der Ort befindet sich am Wasser und am Fusse des Unesco-Weltnaturerbes Monte San Giorgio.

Das nur fünf Kilometer entfernte Maroggia am gleichen Zipfel des Sees hat historisch weit weniger zu bieten und liegt obendrein direkt an der Autobahn A2. Hier wohnen Pendler günstig, die in Lugano arbeiten. Für temporäre Nord-Süd-Pendler wiegt dieser Standortvorteil die Nachteile jedoch kaum auf. Es sei denn, man findet ein Objekt mit direktem Seeanstoss – was wiederum den Kaufpreis in die Höhe treibt.

Da bietet Magliaso am Ast des Luganersees in Richtung Ponte Tresa ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis. Das Dorf verfügt über den Vorteil, am Wasser zu liegen, und weist einen Golfplatz auf. Ausserdem fährt – im Tessin eine Ausnahme – eine S-Bahn im Viertelstundentakt nach Lugano. Wer zudem direkt vom Feriendomizil auf Geschäftsreise gehen möchte, hat den Flugplatz in unmittelbarer Nähe, Mailand-Malpensa ist auch nur gut eine Stunde entfernt.

Mit ganz anderen Trümpfen wartet Acquarossa im Bleniotal auf. Grosse Hoffnungen setzt das ganze Tal auf ein ehrgeiziges Projekt für die seit Jahrzehnten stillgelegten Thermen. Nach einem gescheiterten Anlauf planen neue Investoren, bis 2016 für 150 Millionen Franken inmitten einer Gegend, in der noch Rustico-Romantik herrscht, eine Art zweites Vals entstehen zu lassen. Die vielen Rustici haben für Kaufinteressenten den Vorzug, dass sie nicht unter die 20-Prozent-Klausel der Zweitwohnungsinitiative fallen. An der ausnehmend schönen Route über den Lukmanierpass liegen viele Wanderstrecken, aber ebenso die Tessiner Langlaufhochburg Campra. Zudem bildet die ganzjährig geöffnete Passstrasse bei langen, hartnäckigen Staus am Gotthard eine stressfreie Alternative.

Die Staus am Gotthard lassen sich natürlich auch vermeiden, wenn man es vorzieht, die Ferien in den Bergen zu verbringen. Dort zieht es im gesamten Jahr auch am meisten Menschen hin. Alleine in den Kantonen Wallis und Graubünden wurden im vergangenen Jahr fast zehn Millionen touristische Übernachtungen (Logiernächte) registriert – rund viermal so viele wie im Tessin. Auch in diesen beiden Kantonen gibt es noch attraktive Ferienorte, wo die Preise für Zweitwohnungen gemäss der Analyse von Wüest & Partner moderat sind. In Graubünden gehört Disentis zu dieser Kategorie. Dort kostet der Quadratmeter Wohnfläche nur halb so viel wie in Davos und sogar nur ein Drittel so viel wie in St. Moritz. Dabei bietet Disentis mit rund 200 Kilometern Skipisten fast so viel Skispass wie Davos und St. Moritz mit ihren 320 bzw. 350 Kilometern. Schneesicher ist Disentis auch, reicht das Skigebiet doch bis auf 2833 Meter über Meer hinauf, fast so hoch wie das Davoser Skigebiet, dessen höchster Punkt 2844 Meter erreicht.

Ein attraktives Skigebiet gehört bei den Bergorten zu den grössten Standortfaktoren. Denn Skifahren und Snowboarden sind die beliebtesten touristischen Aktivitäten in der Schweiz. Das zeigen die Suchabfragen bei Interhome, der Migros-Tochter für die Vermietung von Ferienimmobilien (siehe «Skiing in 2 Schlafzimmern» unter 'Downloads').

Besonders erwähnenswert aus der Liste der Bündner Gemeinden mit Potenzial ist Tschiertschen-Praden. Ein heute noch eher verschlafenes Dorf, das vor allem von Tourenskifahrern geschätzt wird, die gerne unberührte Hänge hinuntergleiten. Bald könnte es damit aber vorbei sein, wenn der geplante Zusammenschluss der Skigebiete Arosa und Lenzerheide umgesetzt wird. Dann wäre Tschiertschen mitten im Skigebiet. Die Preise für Ferienimmobilien würden mächtig anziehen und sich vom heutigen Niveau von 5200 Franken pro Quadratmeter in Richtung der 9000 Franken von Arosa bewegen.

Günstig im Wallis

Auch im Wallis sind noch Ferienwohnungen zu moderaten Preisen zu haben. Etwa in Wiler (Lötschental). Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Dörfchen von Zürich aus in 2 Stunden 41 Minuten erreichbar – was immer noch weniger ist als die 3 Stunden 21 Minuten, um nach St. Moritz zu gelangen. Das Skigebiet Lauchernalp ist zudem äusserst schneesicher und reicht bis auf 3111 Meter über Meer.

Von der Prominenz bereits entdeckt ist Grächen, wo der Fussballstar Alex Frei seit Jugendtagen seine Ferien verbringt. Gemäss einem lokalen Immobilienmakler hat sich nun auch sein FCB-Kumpel Marco Streller dort eine Zweitwohnung geleistet. Auch Ex-Miss-Schweiz Tanja Gutmann wird oft in Grächen gesichtet.

Grächen glänzt mit seiner Familienfreundlichkeit. Seit kurzem ist die Talstation mit farbigen Märchengondeln ausgerüstet worden, in denen die Kleinen über einen MP3-Player Märchen hören können. An die Umwelt wurde auch gedacht, kommt der Strom dafür doch von einer Solaranlage auf dem Dach der Gondeln.

Für Zweitwohnungskäufer ist der Grächener Markt zudem äusserst vielfältig. 45 Verkaufsangebote finden sich bei www.alle-immobilien.ch zurzeit: von der 130-Quadratmeter-Wohnung für 330 000 Franken über das 80-Quadratmeter-Chalet für 390 000 Franken bis zur «exklusiven Traumvilla» mit fast 300 Quadratmetern Wohnfläche für 1,19 Millionen.

Daneben gibt es im Wallis auch noch die «Vororte» von Zermatt: Täsch und Randa. «Sie profitieren vom Effekt der Verdrängung in nahe gelegene, weniger teure Gemeinden», sagt Robert Weinert, Immobilienexperte bei Wüest & Partner. Täsch ist nur sechs Kilometer von Zermatt entfernt und mit der Bahn oder dem Taxi in zwölf Minuten erreichbar. Wer die Fahrt in Kauf nimmt, kann in Täsch den Quadratmeter Wohnfläche für die Hälfte des Zermatter Preises kaufen. Wer mit dem Auto nach Zermatt will, muss dieses ohnehin in Täsch lassen und mit der Bahn weiterfahren, da Zermatt autofrei ist.

Fun-Sport bei Meiringen

Auch andere Kantone neben Graubünden und dem Wallis haben schöne Berg- und Skigebiete. Meiringen/Hasliberg im Berner Oberland zum Beispiel. Dieses Gebiet ist mit dem Auto gut erreichbar: aus Zürich in etwas mehr als einer Stunde, aus Bern und Luzern in einer knappen Stunde. Im Vergleich zu Top-Destinationen im Berner Oberland kostet der Wohnquadratmeter hier nur ein Drittel.

Meiringen verfügt zudem über ein gutes Ausgeh- und Einkaufsangebot, weil es als urbanes Zentrum der Region viele Erstwohnungen aufweist. Für Tennisspieler gibt es in Meiringen neben offenen Sandplätzen sogar Hallenplätze. Im Sommer liegt Interlaken, gemäss dem Reiseführer «Lonely Planet» das Zentrum für Fun-Sportarten, nur 25 Autominuten entfernt. Ein kleiner Wermutstropfen in Meiringen ist allerdings, dass es mit 600 Metern über Meer relativ tief liegt und die Talabfahrt nicht schneesicher ist.

Neben dem Tessin und den Bergen bietet die Schweiz auch viele Erholungsgebiete am Wasser, an den Seen und Flüssen. Es müssen dabei nicht die teuren Orte Genf, Cologny, Zürich, Nyon oder Montreux sein. Es gibt auch am Wasser attraktive Ferienorte, in denen Immobilien noch zu moderaten Preisen gekauft werden können (siehe Tabelle «Ferienorte am Wasser» unter 'Downloads'). Etwa in Concise am Neuenburgersee, wo der Quadratmeter nur etwa halb so teuer ist wie in Montreux. Dabei bietet der Ort alle Wassersportmöglichkeiten und ist wunderbar gelegen in einer Region, der Experten wie der St. Galler Tourismus-Professor Christian Laesser einiges Potenzial zutrauen. Hinter dem See findet sich das Val-de-Travers mit seinen eindrücklichen Felsformationen wie dem Creux du Van, dem «Grand Canyon der Schweiz».

Am Wasser befindet man sich – womöglich zuweilen zusammen mit Bundesrätin Doris Leuthard – auch in der Gemeinde Gambarogno im Tessin, einem der laut Immobilienexperten zukunftsträchtigsten Ferienorte des Landes. Und wenn sogar unsere Verkehrs- und Energieministerin auf diese Karte setzt, muss da ja etwas dran sein.

Mitarbeit: Francesco Welti