Seit Monaten verhandeln eine grosse Gruppe von Banken und OC Oerlikon über eine Sanierung. Und seit Monaten muss der Sanierer und – bis im Mai – CEO ad interim Hans Ziegler die Aktionäre immer wieder vertrösten. Die Banken scheinen nicht bereit, grosse Abstriche zu machen. Dagegen dürfte Mehrheitsaktionär Viktor Vekselberg darauf drängen, dass die Geldhäuser auf einen beachtlichen Teil ihrer Forderungen verzichten.

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Das Ganze ist ein heisser Poker. Letztlich werden sich, da bin ich mir ziemlich sicher, die Parteien finden. Und falls doch nicht? Dann würde OC Oerlikon in den Konkurs segeln. Eine giftige Frage: Wäre das so schlimm? Oder anders gefragt: Weshalb sollten die Banken dem schlechten Geld noch gutes hinterherwer-fen? Das leckgeschlagene Unternehmen muss über eine Sanierung sowie eine saftige Kapitalerhöhung wieder auf die Beine gestellt werden. Nur wäre damit OC Oerlikon noch lange nicht über den Berg. Dann hat das Management unter dem künftigen CEO Michael Buscher zu beweisen, dass es auch anständige Erträge zu ernten weiss. Nur hat das wild zusammengewürfelte Konglomerat noch nie richtig funktioniert. Weshalb sollte es nun funktionieren?

Das Management wird nach der Sanierung wohl das tun, was es seit langem tut: mit dem Zweihänder auf der Kostenseite draufhauen und weiter Leute entlassen. Volkswirtschaftlich betrachtet, wären eine Aufsplitterung des Konzerns und ein geregelter Verkauf der Einzelteile an Unternehmen, die sich im entsprechenden Gebiet auskennen, wohl sinnvoller. So liessen sich Arbeitsplätze erhalten. Schlecht wäre der Gnadenschuss dagegen für Banken und Aktionäre. Letztere erhielten wohl kein Geld mehr.

Mein Mitgefühl hält sich in Grenzen; seit Jahren gelten die OC-Oerlikon-Titel als hochspekulativ, jeder Anleger weiss um das Risiko. Über die Aktien schreibe ich seit Jahren dasselbe: Hände weg!

Doppeltes Lottchen. Für jeden Journalisten ist es eine Genugtuung, wenn Konkurrenzmedien aus einem seiner Artikel zitieren. Und wenn mal frech abgeschrieben wird, ohne eine Quelle zu nennen, ist das zwar weniger erfreulich, aber ebenfalls eine Art von Kompliment. So sehe ich das mit der neuen Kolumne im «Tages-Anzeiger», die unter dem Titel «Inside Bahnhofstrasse» jüngst lanciert wurde. BILANZ hat bereits vor über 30 Jahren eine Finanzkolumne dieses Namens veröffentlicht. Und ich schreibe als Frank Goldfinger nun auch schon seit fünf Jahren in «Inside Bahnhofstrasse». Ich bin den «Tagi»-Gewaltigen wegen des Plagiats nicht gram, sie haben wohl lediglich die Übersicht verloren. Was ja auch kein Wunder ist; immerhin gibt es im Printbereich heute nicht weniger als vier Deutschschweizer Finanz- und Wirtschaftsmedien, die mit eigenen Börsenkolumnen aufwarten.

Ruhig Blut. Gestern noch Börsendarling, werden Actelion heute links liegen gelassen. Bis zu einem gewissen Grad verstehe ich die Enttäuschung der Börsianer: Actelion galt jahrelang als Wachstumswert par excellence. Bis Anfang März CEO Jean-Paul Clozel bekanntgeben musste, dass Tracleer gegen Lungenfibrose nicht wirksam ist. Damit ist ein zusätzliches Umsatzpotenzial von etwa einer Milliarde Franken weggefallen, die Aktien stürzten ab. Schon seit langem weisen Analysten auf das Klumpenrisiko bei der jungen Biotechnologiefirma hin. Actelion hat drei Produkte im Markt: Ventavis gegen Lungenbluthochdruck, Zavesca zur Behandlung einer Fettstoffwechselstörung sowie eben Tracleer. Dieses Medikament gegen Bluthochdruck im Lungenkreislauf steuert 85 Prozent an den Umsatz bei. Schon seit langem versucht Actelion, diese Abhängigkeit abzubauen. Die Zeit drängt, der Patentschutz läuft 2015 ab. Deshalb war die Börse auch so enttäuscht von den Testresultaten.

Dabei geht vergessen, dass Actelion auch ohne dieses Zusatzgeschäft über die nächsten Jahre Top-Resultate liefern wird. Auch ist es der Firma durchaus zuzutrauen, in den nächsten fünf Jahren ein Tracleer-Nachfolgepräparat zu entwickeln. Vier grössere Projekte befinden sich in Phase III.

An Klimpergeld für die Forschung mangelt es Actelion nicht. Nach dem Kurssturz bieten die Aktien mit einem für 2011 geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11,2 risikobereiten Investoren eine gute Kaufmöglichkeit.

Halali auf den Euro. Die Hedge Funds sind in alter Stärke zurück – und sorgen gleich für mediales Getöse. Seit in Griechenland die Finanzkrise ausgebrochen ist, wird auf eine Abwertung des Euro gewettet. Dutzende von Milliarden sind bereits in Shortpositionen geflossen. Prompt hat Europas Leitwährung seit Anfang Jahr gegenüber dem US-Dollar rund zehn Prozent an Wert verloren. Unter Aufwertungsdruck, wenn auch lange nicht in demselben Ausmass wie der Greenback, steht auch der Schweizer Franken. Devisenspekulationen hat es schon immer gegeben. Und die Wetten gegen den Euro decken letztlich nur auf, wie stark die Angst verbreitet ist vor dem Dominoeffekt – also dass sich die Griechenland-Krise auf weitere finanzschwache Nationen wie Spanien oder Italien ausdehnen könnte. Bedenklich wird es jedoch dann, wenn die Spekulanten ihre Strategien aufeinander abstimmen. Laut dem «Wall Street Journal» hätten sich milliardenschwere Hedge Funds wie SAC Capital Advisors, Brigade Capital oder Soros Fund Management im Februar in Manhattan zu einem «Ideen-Dinner» getroffen. Drei Tage danach wurde der Euro von einer Verkaufswelle getroffen.

Spekulationen gegen den Euro sind legal – Absprachen nicht. Nur verfügen die Aufsichtsbehörden nicht über das Instrumentarium, um solchem Treiben einen Riegel schieben zu können. Deren Ohnmacht zeigte sich kürzlich in einem Interview des «Handelsblattes» mit Jean-Claude Juncker. Der Chef der Euro-Gruppe meinte auf die Frage, wie er weitere Spekulationen gegen den Euro verhindern wolle: «Sie können sicher sein: Wir haben die Folterwerkzeuge im Keller, und wir zeigen sie, wenn es nötig ist.»

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch