Es ist erst wenige Wochen her, seit sich das Gros der Börsenauguren darin überschlagen hat, so brandschwarz zu malen wie nur möglich: Das sei die schlimmste Rezession seit der Grossen Depression; das Finanzsystem könnte zusammenbrechen; die Talsohle sei noch lange nicht erreicht; die Aktienmärkte würden sich frühestens 2010 erholen. Im März dann hat die Börsenstimmung unerwartet gedreht, und der Swiss Market Index ist seither um nicht weniger als 27 Prozent in die Höhe geschossen. Und siehe da, plötzlich sind fast nur noch Optimisten auszumachen: Das Schlimmste liege hinter uns; Amerika zeige erste Zeichen der Erholung; jetzt könne man wieder breit in Aktien einsteigen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Vor allem in den USA haben (Berufs-)Zweckoptimisten Hochkonjunktur. Allen weit voran marschiert Notenbankpräsident Ben Bernanke. Als die führenden US-Banken einem finanziellen Belastungstest unterzogen wurden, nannte Bernanke das Resultat «äusserst ermutigend». Und was ist so ermutigend? Zehn Institute müssen ihr Kapital um «lediglich» 75 Milliarden Dollar aufstocken. Noch vor zwei Jahren hätte die Meldung, dass die führenden Banken derart unterkapitalisiert sind, an den Börsen schwerste Kursbeben ausgelöst. Sowieso ist die Aussagekraft dieses Tests zu hinterfragen, hat Bernanke doch grösstes Interesse daran, dass die Geldhäuser raschestmöglich wieder kapitalmarktfähig werden.

Auch sonst sehe ich kaum Anzeichen einer konjunkturellen Erholung in den Vereinigten Staaten. Die Wirtschaftsdaten sind zwar nicht mehr derart schlecht, wie sie noch im ersten Quartal waren – doch sie weisen unverändert auf Rezession hin. Kein gutes Gefühl habe ich bei den US-Kreditkartenfirmen, die laut Analysten Abschreibungen von bis zu 180 Milliarden Dollar vornehmen müssen. Wer bezahlt da die Zeche? Auch die Regierung, sprich der Steuerzahler?

Die Anleger sind der negativen News überdrüssig. Sie freuen sich schon darüber, wenn eine schlechte Nachricht nicht ganz so schlimm ausfällt, wie vorher erwartet worden ist. Nicht zuletzt deshalb glaube ich, dass an den Börsen das Übelste hinter uns liegt. Allerdings haben die Aktienmärkte noch nicht richtig Tritt gefasst, vorübergehende Kursrückschläge werden sich schon bald einstellen. Wer langfristig disponiert, kann solche Schwächephasen für den Kauf von Aktien nutzen. Halten Sie sich vor allem an Blue Chips von Firmen, die von einem Konjunkturaufschwung stark profitieren.

Megatrend. Die Genfer Bank Pictet legt dieser Tage den neuen PF (Lux) Agriculture auf. Wie schon der Name sagt, handelt es sich dabei um einen auf den Landwirtschaftssektor ausgerichteten Anlagefonds. Die Idee: Laut Schätzungen der Weltbank wird die Bevölkerung bis ins Jahr 2050 global um knapp 40 Prozent wachsen – und damit auch die Nachfrage nach Nahrungsmitteln. Der Fonds investiert in jene Unternehmen, die für die Nahrungsmittelversorgung der Weltbevölkerung eine entscheidende Rolle spielen. In den Anlageprozess einbezogen sind verschiedene Aspekte, beispielsweise die Effizienz; so werden Firmen bevorzugt, die mehr Nahrungsmittel mit einem geringeren Einsatz von Ressourcen produzieren können. Ein interessanter Ansatz. Wer sich beim Fonds engagiert, muss dies unter langfristigen Aspekten tun.

AKTIEN FÜR SPEKULATIONSFREUDIGE. Wer dieser Tage auf Biotech-Aktien setzt, benötigt eine gehörige Portion Optimismus. Die Finanzkrise setzt dieser Branche übermässig zu; wegen der Knausrigkeit der Banken sowie der Risikoscheu vieler Investoren geht mancher Firma das Geld aus. Erst recht starke Nerven sind bei den Aktionären der Basilea Pharmaceutica angesagt, denn deren Valoren befinden sich auf einer atemberaubenden Berg-und-Tal-Fahrt. Als im November 2008 das Antibiotikum Ceftobiprol bei der Zulassung in den USA einen Rückschlag erlitt, stürzten die Aktien um 40 Prozent ab. Danach trieben Übernahmegerüchte die Titel innert Monatsfrist um gegen 60 Prozent in die Höhe. Letzten Februar wurde ruchbar, dass sich die Zulassung für das Basilea-Antibiotikum, in Europa und Kanada unter dem Namen Zeftera vertrieben, in der EU verzögert – die Papiere rauschten um über 60 Prozent in die Tiefe.

Wenig Freude hervorgerufen hat der schlechte Jahresausweis. So gab CEO Anthony Man bekannt, dass 2008 bei einem Umsatz von 12 Millionen Franken ein Verlust von 144 Millionen angefallen ist. Eine für Biotech-Firmen zwar nicht ungewöhnliche Relation – allerdings ist für dieses Jahr erneut ein
hoher Fehlbetrag zu erwarten, die Barreserven schmelzen. Die unsicheren Aussichten von Basilea, im Jahr 2000 durch die Abspaltung des Roche-Bereichs Infektionskrankheiten entstanden, schlagen sich auch in den Empfehlungen der Bankanalysten nieder. So prognostiziert die Credit Suisse ein Kursziel von 88 Franken und versieht die Aktien mit der Empfehlung «neutral». Für Helvea dagegen sind die Titel ein klarer Kauf, das Kursziel wird auf 248 Franken festgelegt – dies entspräche einer Verdreifachung gegenüber dem aktuellen Preis. Die Basilea-Valoren jedenfalls bergen hohe Risiken und sind spekulationsfreudigen Investoren vorbehalten.

Bald ausgehoppelt? Playboy Enterprises, eine Ansammlung diverser Aktivitäten rund um das berühmte Hochglanzmagazin «Playboy», steckt in der Krise – wieder einmal. Doch diesmal geht es ans Eingemachte: Im vergangenen Jahr fiel ein Verlust von 156 Millionen Dollar an. Konzernchefin Christie Hefner, Tochter des Firmengründers Hugh Hefner, schmiss ihren Job hin. Ihr (interimistischer) Nachfolger Jerome Kern gibt inzwischen Durchhalteparolen aus, spricht von einem bald wieder anziehenden Geschäft. Derweil ist im ersten Quartal 2009 ein Minus von 14 Millionen Dollar angefallen.

Die Sexpostille «Playboy» ist unübersehbar in die Jahre gekommen, 56 sind es genau. Die Tage, da aufgepumpte Blondinen das Männerblut in Wallung bringen, sind gezählt. Wurden zu den besten Zeiten monatlich sieben Millionen Exemplare abgesetzt, sind es heute noch drei Millionen. Im Konzern ist Sparen angesagt, Budgets werden zusammengestrichen, Stellen abgebaut. Doch eines Tages wird das Sparpotenzial ausgeschöpft sein. Jerome Kern schliesst sogar Teilverkäufe nicht mehr aus; nur ist es fraglich, ob sich überhaupt Freier zeigen.

Die einst steil nach oben zeigenden Playboy-Enterprises-Aktienkurse sind ebenfalls längst erschlafft; seit Ende 2005 lösten sich gegen neun Zehntel an Börsenwert in Luft auf. Wer in früheren Krisenzeiten auf Playboy setzte, konnte sich freuen, wenn die Kurse wieder erstarkten. Diesmal jedoch will ich nicht ausschliessen, dass Playboy aus der aktuellen Mattigkeit nicht mehr herausfindet. Auch beim Gründer Hugh Hefner ist nicht mehr alles zum Besten bestellt. Jüngst musste er das Haus neben seiner Villa verkaufen. Nun hoppeln dem 82-Jährigen auch noch seine Bunnies in Scharen davon.