Gerne träumt Ivan Glasenberg, Chef des Baarer Rohstoffkonzerns Glencore, von einer Fusion mit dem Zuger Minenunternehmen Xstrata. Dafür würde der Südafrikaner sogar Xstrata-Boss Mick Davis den Chefsessel überlassen; als Glencore-Hauptaktionär zöge Glasenberg sowieso die Fäden. Nur ist der Zusammenschluss zum 90 Milliarden Franken schweren Börsengiganten gefährdet. Einigen Xstrata-Aktionären ist das Angebot – eine Xstrata- gegen 2,8 Glencore-Aktien – zu mager. Glasenberg dagegen wird nicht müde zu betonen, dass dies eine faire Offerte sei und er nicht aufbessern wolle.

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Mitten ins Geplänkel platzte Mitte März das Gerücht, wonach Glencore am kanadischen Getreidehändler Viterra interessiert sein soll. Die Viterra-Valoren haussierten subito um gegen 40 Prozent. Wollte Glasenberg die Xstrata-Aktionäre unter Druck setzen? Ihnen bedeuten, wenn ihr nicht spurt, halte ich mich an andere Firmen? Ich traue ihm einen solchen Poker durchaus zu. Jüngst wurde der Vorhang gelüftet: Mit zwei Partnern kauft Glencore Viterra. Die Firma wird in drei Teile aufgespalten. Die Baarer verleiben sich für rund 3,2 Milliarden Franken den grössten Brocken ein, nämlich den Getreidehandel samt Ableger in Genf. Dieser ergänzt das Glencore-Sortiment an Agrargütern bestens. Damit hat Ivan Glasenberg zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Er verstärkt ein lukratives Geschäft und hebt warnend den Finger in Richtung Xstrata.

Die Glencore-Aktien legten Anfang Februar auf die Fusionsabsichten mit Xstrata hin zu. Inzwischen verpufften die Gewinne wieder. Die Titel sind zwar langfristig interessant; ein Einstieg indes eilt nicht.

Prämienbeben. Eines muss man den Versicherern lassen: Ihre Lobbyisten sind ihr Geld wert. Monatelang haben sie bei Parlamentariern jeder Couleur Klinken geputzt, um eine Idee mehrheitsfähig zu machen: eine obligatorische Versicherung gegen Erdbeben. Vor Jahren starteten sie bereits einen Versuch, blitzten aber ab. Clever, wie sie im Gefolge der Katastrophe in Japan den Schrecken ausnutzten. Resultat: Gegen den Willen des Bundesrates stimmten Stände- wie Nationalrat einer Motion zu.

Die Befürworter argumentierten, es sei nicht verständlich, dass Wasser, Lawinen und Erdrutsche obligatorisch versichert seien, Erdbeben dagegen nicht. Nur zählt die Schweiz nicht zu den erdbebengefährdeten Zonen. Die Lobbyisten jedoch sind sich nicht zu blöd, das verheerende Beben von Basel ins Feld zu führen – das vor 650 Jahren passierte. Sollte nicht jeder Haus- und Wohnungseigentümer selbst entscheiden dürfen, ob er das Mini-Risiko absichern will oder nicht? Die Prämieneinnahmen der Schadenversicherer von total 25 Milliarden Franken werden durch die Erdbebenprämien kaum spürbar angehoben, was die überwiegend wenig attraktiven Aktien kaum beflügeln wird.

Ach ja, die Motion wurde eingereicht von CVP-Ständerat Jean-René Fournier. Der Walliser sitzt im Verwaltungsrat des Versicherungskonzerns Helvetia.

Renditebolzer. Unter den Versicherungsaktien gefallen mir nur Swiss Re und Zurich Financial Services (ZFS). Ihr Trumpf sind die hohen Dividendenrenditen: Swiss Re lockt mit 5,1 und ZFS mit spitzenmässigen 6,9 Prozent. Hohe Renditen sind oft ein Zeichen dafür, dass die Höhe der Ausschüttung wackelt. Entgegen der Befürchtung manchen Investors muss ZFS die Schere bei der Dividende nicht ansetzen. Zwar haben 2011 Naturkatastrophen wie das Erdbebeben mit Tsunami in Japan oder die Flut in Australien im operativen Resultat Spuren hinterlassen. Der Reingewinn stieg dennoch um zehn Prozent.

ZFS-Chef Martin Senn lässt keinen Zweifel daran, dass das Unternehmen an seiner Politik festhalten werde, «eine attraktive Dividende zu zahlen». Damit bleiben die Papiere für Renditejäger reizvoll. Zumal auch die Aussichten rosig sind: Europas drittgrösster Versicherungskonzern zeichnet sich zwar nicht durch ein enormes, dafür aber solides Wachstum aus. Dazu gesellen sich Kapitalstärke und Ertragskraft. Die Aktien haben seit Mitte 2011 rund zwei Drittel zugelegt. Dennoch sind sie mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 9,6 nicht zu teuer. Keine frischen (Kurs-)Impulse erwarte ich von Josef Ackermann, der Anfang Juni das Präsidium übernehmen soll.

Deppen-Aktien. Jahrzehntelang war Goldman Sachs der Star unter den globalen Investmentbanken. Doch in letzter Zeit hat das Image des US-Powerhauses Kratzer erhalten. Verstösse gegen das Wertpapiergesetz, Investorenklagen oder ein für das Schlussquartal von 2008 erstmals ausgewiesener Verlust waren dem Nimbus abträglich. Weltweit für Negativ-Schlagzeilen sorgte jüngst der einstige Chef einer Abteilung für Derivate. In der «New York Times» beklagte Greg Smith den Verlust an Unternehmenskultur bei Goldman Sachs, seit sich Lloyd Blankfein 2006 an die Spitze setzte. Stand früher das Wohl der Kunden im Vordergrund, würden diese heute firmenintern als Deppen bezeichnet und ausgenommen, klönte Smith.

Die Goldman-Sachs-Oberen gelten tatsächlich als arrogant. Dennoch sind Smith’ Aussagen mit Vorsicht zu geniessen. Eine Bank ist nun mal kein Streichelzoo. Doch Fakt ist: Goldman Sachs steht unter Druck. Vor allem bei den Erträgen herrscht Ebbe. Im dritten Quartal 2011 ist zum zweiten Mal ein Verlust angefallen, im gesamten Geschäftsjahr rauschte der Gewinn um zwei Drittel in die Tiefe. Die Eigenkapitalrendite stellt sich noch auf 3,7 Prozent – im Boomjahr 2006 wurden 32,8 Prozent gemessen. Und auch für dieses Jahr zeigen sich wenig Aufhellungen. Die Aktien sind mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 27 überbewertet.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch