Nichts scheint die globale Börsenhausse stoppen zu können. Sogar die zypriotische Finanzkrise hat die Stimmung nur kurz getrübt. Den Treibstoff für den Kursaufschwung liefert die Geldschwemme der Notenbanken. Doch versiegen eines Tages die Liquiditätsströme, reiben sich gerade in Europa die Anleger verwundert ihre Augen, wenn sie realisieren, dass sich die Börsen von der realen Wirtschaftsentwicklung schon längst abgekoppelt haben.

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Die USA haben es da etwas besser. Zwar hält auch dort die lockere Geldpolitik des Fed das Kursfeuerwerk am Leben. Gleichzeitig aber hellt sich die Konjunktur auf. Vorderhand fallen die Wirtschaftsdaten gemischt aus, doch die Unternehmensgewinne ziehen an. Im internationalen Vergleich jedenfalls heben sich die USA positiv ab. Zudem habe ich das Gefühl, dass der Dollar wieder Boden gefunden hat.

Aktien aus Übersee bleiben für Schweizer Anleger attraktiv, obwohl viele Valoren inzwischen etwas gar hoch bewertet sind. Dennoch lassen sich immer noch vielversprechende Papiere ausmachen. Ich bevorzuge Blue Chips, die eine noch nicht allzu saftige Bewertung aufweisen wie Abbott Laboratories, DuPont, IBM, Eli Lilly oder die konjunktursensitiven General Electric. Erst mittelfristig interessant, da aktuell mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund 20 bewertet, sind Procter & Gamble, McDonald’s, Coca-Cola, Pfizer oder Johnson & Johnson.

Neustart. Zu den US-Starperformern der letzten Monate zählen Hewlett-Packard (HP). Zwischen Frühling 2010 und Ende letzten Jahres schmierten die Titel des weltgrössten Computerherstellers um 80 Prozent ab. Seither jedoch haben sie sich stark erholt. Und dies, obwohl der heruntergewirtschaftete Konzern für 2011/12 einen desaströsen Abschluss lieferte; zwei Riesenabschreiber zogen einen Verlust von 12,7 Milliarden Dollar nach sich. Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres schmolz zwar der Ertrag, doch es blieben 1,2 Milliarden an Gewinn. Die wenig verwöhnten Aktionäre jubelten, unversehens war der Turnaround in aller Munde.

Ich glaube nicht an die Wende – noch nicht. Die HP-Chefin Meg Whitman hat mit der Restrukturierung und Neuausrichtung noch ein grosses Stück Arbeit vor sich. Dazu zählt der Abbau von 27 000 Stellen. Der Kahlschlag macht nicht einmal vor dem eigenen Verwaltungsrat halt; zwei langjährige Mitglieder gingen, Präsident Ray Lane wurde zum einfachen Verwaltungsrat degradiert. Whitman stellt erste Erfolge für 2014 in Aussicht. Wer schon heute auf die Aktien setzt, geht einige Risiken ein.

Asien-Express. Vor kurzem hat in Japan der Prozess wegen des tödlichen Unfalls eines Schülers in einem Lift von Schindler begonnen. Das Management hofft, von jedem Fehlverhalten freigesprochen zu werden. Denn seit dem Unfall tut sich im Liftgeschäft der Schweizer in Japan nichts mehr. Mit einem Urteil wird aber erst im Sommer 2014 gerechnet. Doch auch dann ist der Krebsgang noch nicht ausgestanden. Im vergangenen Oktober kam es in Japan erneut zu einem tödlichen Unfall mit einem Schindler-Lift, da steht die Untersuchung erst am Anfang.

Ungeachtet der Probleme in Japan präsentierte Schindler für 2012 Rekordzahlen, die Ertragslage hat sich weit überproportional verbessert. Auch in den kommenden Jahren will der Innerschweizer Konzern deutlich wachsen. Dabei legt Hauptaktionär und Präsident Alfred Schindler den Schwerpunkt auf die asiatischen Märkte – bis auf weiteres mit Ausnahme Japans. Zusätzliches Wachstum ist auch bei den Aktienkursen angesagt. Die aktuelle Schwächeneigung bietet eine gute Einstiegsmöglichkeit. Die Valoren sind attraktiv, eignen sich aber bei einem KGV von 20,1 für 2013 nur für Investoren mit Geduld.

Alles unter Kontrolle. Viele Blue Chips sind im Zuge der Börsenhausse überteuert. SGS beispielsweise weisen für dieses Jahr ein saftiges KGV von 24,5 auf. Die Aktionäre sind euphorisch, räumen dem Warenprüfungskonzern ein anhaltend prächtiges Gedeihen ein. Das Genfer Unternehmen jedenfalls hat bewiesen, dass sich mit Inspektionen, Prüfungen und Zertifizierungen von Rohstoffen bis hin zu Konsumgütern konstant höhere Erträge erwirtschaften lassen. Auch der Aktienkurs weist einen stetigen, starken Zuwachs aus; über die letzten zehn Jahre hat sich der Wert verfünffacht.

SGS ist die weltweite Nummer eins unter den Warenprüfern. Und das dürfte so bleiben, denn die Mannen um Konzernchef Christopher Kirk haben allein 2012 über ein Dutzend meist kleine Unternehmen dazugekauft, auch künftig stehen Akquisitionen auf dem Plan. Für die nächsten Jahre ist beim Umsatz ein Wachstum von acht bis zehn Prozent zu erwarten, Betriebs- und Reingewinn dürften überproportional zulegen. Trotz den hohen Kursen eignen sich die defensiven Aktien vor allem für konservative, langfristig operierende Investoren. Zusätzliche Fantasie könnte ein Split bringen; die Dividendenpapiere notieren im Bereich des historischen Höchst von 2446 Franken, sind also «schwer» geworden.

 

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch.