Ich habe, wie vor mir schon Dutzende von Journalisten auch, um ein Gespräch nachgefragt mit Amancio Ortega Gaona. Die Absage aus der Pressestelle war höflich, aber bestimmt: Amancio Ortega hat noch nie ein Interview gegeben, um die «Privatsphäre von ihm und seiner Familie zu schützen». Dabei wäre der Spanier ein spannender Gesprächspartner; er und seine damalige Frau begannen vor knapp 50 Jahren, Bademäntel zu nähen – daraus entstand Europas erfolgreichster Modekonzern. Unter dem Holdingdach der von ihm beherrschten Inditex ducken sich Kleidermarken wie Pull & Bear, Bershka und vor allem das bei Jungen höchst beliebte Label Zara. 110 000 Mitarbeiter kassierten 2011 einen Umsatz von 13,8 Milliarden Euro. Damit hat Inditex den schärfsten Konkurrenten, H&M, übertrumpft.

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Nicht einmal die Schuldenkrise vermochte die Spanier bislang zu bremsen, die Resultate glänzen wie noch nie. So beklatschte die Börse einen Gewinnsprung um 32 Prozent auf 944 Millionen Euro für das erste Halbjahr. Und auch die Wachstumsaussichten bleiben rosig. Die Bank Sarasin rechnet für dieses Jahr mit einer Gewinnverbesserung um 18 Prozent, 2013 dürften es 12 Prozent sein. Der Konzern gehört zu den Krisengewinnern; die jugendliche Kundschaft schätzt es, zu günstigen Preisen gute Qualität und stilvolle Mode kaufen zu können. So ist es wenig verwunderlich, dass Inditex zu den beliebtesten Aktien Europas zählen. Innert einer Dekade haben sie sich im Wert mehr als versechsfacht. Nur sind die Valoren inzwischen satt bewertet, das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2013 stellt sich auf 24. Dank seinem Gespür für Modetrends wird Amancio Ortega auch künftig für gute Zahlen sorgen. Die Aktien bleiben attraktiv, eignen sich mit Blick auf ihre aktuell hohe Bewertung jedoch nur für Langfristanleger.

Bärendienst. Nochmals zur Bank Sarasin: Dieser Tage wird ein unrühmliches Kapitel geschlossen. Wie Sie wohl gelesen haben, hat die brasilianische Safra-Bankengruppe nach der Übernahme der Aktienmehrheit von der Rabobank auch den Privataktionären von Sarasin ein Angebot unterbreitet. Allerdings entsprachen die 27 Franken pro Titel gerade mal dem gesetzlichen Minimum – ein Viertel unter dem an die Rabobank gezahlten Preis. Und damit die Minderheitsaktionäre ja auch ihre Titel andienen, wurde gleich noch bekanntgegeben, künftig würden keine Dividenden mehr ausgerichtet. Die Drohung hat gewirkt, Safra besitzt 99,47 Prozent aller Stimmen. Nun erfolgt der Antrag auf Dekotierung. Sarasin dagegen hat immer wieder betont, die Kotierung solle aufrechterhalten bleiben. Es sieht danach aus, als ob die Sarasin-Manager nicht mehr viel zu melden hätten. Von meinen Kontaktleuten im Basler Geldhaus, die sonst recht gesprächig sind, ist kein Pieps zu hören.

In Südamerika ist dieser Stil möglicherweise üblich; in der Schweiz sind wir andere, sprich aktionärsfreundliche Formen gewohnt. Die Familie Safra hat sich einen Bärendienst erwiesen. Sollte es ihr je einfallen, einen Teil ihrer Aktivitäten in der Schweiz an die Börse zu bringen, werden sich die Investoren an das unrühmliche Kapitel Sarasin erinnern.

Neustart gesucht. Kürzlich habe ich das ultradünne Keyboard-Cover für mein iPad gekauft. Ein gerade für Journalisten tolles Produkt, wie ja die meisten Artikel, die aus dem Hause Logitech stammen. Na ja, zumindest war das früher so. Inzwischen ist die Innovationsfreude erlahmt. Dennoch geniesst die Firma bei Computerzubehör unverändert einen Spitzenruf. Was nichts daran ändert, dass das Unternehmen seit dem Einbruch von 2008 nicht mehr auf Touren kommt.

Logitech leidet seit der Finanzkrise unter der Schwäche im Computermarkt. Ein guter Teil der Schwierigkeiten allerdings ist hausgemacht, (zu) viele Trends wurden verschlafen. Auch ist die schweizerisch-amerikanische Firma als Weltmarktleader von Mäusen und Tastaturen immer noch zu stark von diesem Segment abhängig. Auf den angehenden CEO Bracken Darrell jedenfalls wartet ein ganzer Kratten voller Probleme. Er muss das Unternehmen schlicht neu erfinden, gefragt ist vor allem frische Innovationskraft. Die Börse jedoch scheint nicht an die Wende zu glauben, die Titel haben in den letzten Wochen gegen 30 Prozent an Wert eingebüsst. Helvea hat dieser Tage das Kursziel von 9 auf 7.50 Franken zurückgenommen. Bei Logitech ist Abwarten angesagt.

Solide und attraktiv. Die Aktien des Aufzugs- und Rolltreppenherstellers Schindler zählen in meinen Augen zum Besten, was die Schweizer Börse zu bieten hat. Ich habe die Papiere immer wieder empfohlen. Seit dem Kurseinbruch in der Finanzkrise waren denn auch rund 160 Prozent zu verdienen. Der Zentralschweizer Konzern liefert seit Jahren zwar kein exorbitantes, dafür solides Wachstum. Das lässt sich auch am jüngst veröffentlichten Ausweis für die ersten neun Monate ablesen; der Umsatz verbesserte sich um 6,5 und das Ebit um 8,5 Prozent.

Erfreulich mit Blick auf die sich abschwächende Weltkonjunktur ist der um 8,2 Prozent höhere Auftragseingang. In den Büchern stehen nun Bestellungen von beruhigend hohen 6,7 Milliarden Franken. Eine besonders hohe Nachfrage nach Schindler-Produkten ist im asiatisch-pazifischen Gebiet zu registrieren. VR-Präsident und Mehrheitsaktionär Alfred Schindler räumt dieser Region auch künftig gute Absatzchancen ein. Aus diesem Grund werden in China und Indien 150 Millionen Franken in neue Fabriken gepumpt. Interessant dabei: Während die ganze (westliche) Welt über die anhaltende Kopierwut der Chinesen klagt, hat Schindler erstmals in China ein neues Produkt entwickelt, und zwar mit Schweizern sowie Chinesen. Die Erfahrungen dabei waren sehr positiv. Positive Erfahrungen dürften wohl auch die Investoren mit Schindler-Aktien machen. Zwar sind die Titel aktuell recht teuer, auf lange Sicht jedoch vielversprechend.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch