Zu den aussergewöhnlichsten Aktien zählen jene der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Einmal sind sie ein Novum; sonst verfügt keine Zentralbank über kotierte Valoren. Speziell ist auch, dass der Kursverlauf nur wenig vom Geschäftsgang beeinflusst wird, denn die Nationalbank unterliegt nicht den üblichen (Ertrags-)Gesetzen. Dennoch sind die Aktien oft heftigen Schwankungen ausgesetzt, ist doch auch die SNB gegen Gerüchte nicht gefeit.

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Über die letzten Monate wurden die Titel wieder einmal kräftig durchgeschüttelt. Analysten haben mir gesagt, die Börsianer fürchteten sich vor 
den Milliardenverlusten, die wegen 
der von Notenbankchef Philipp Hildebrand beschlossenen Marktinterventionen anfallen. Allerdings steht für schwerste Einbussen der Bund ein. Deshalb nehme ich an, die Investoren hätten eher Angst vor einem Dividendenschnitt. Die SNB-Aktien sind eine Art Obligation mit ewiger Laufzeit, gegenwärtig rentieren sie 1,6 Prozent. Nun gibt es zwar eine ganze Anzahl von heimischen Aktien, die weitaus besser rentieren – doch sie bieten lange nicht eine derart hohe Sicherheit.

Was geschieht jedoch, wenn die Nationalbank einen Riesenverlust ausweisen muss? Wird dann die Dividende gestrichen? Ich habe aus SNB-Kreisen vernommen, dass dieser Tage genau darüber heiss diskutiert wird. Offiziell hält man sich bedeckt: «Die Frage stellt sich erst nach Abschluss des Geschäftsjahres», wurde mir beschieden. Ich wäre nicht überrascht, wenn die SNB aus politischen Gründen ihre Dividende schneidet, falls tiefrote Zahlen anfallen. Anderseits ist Hildebrand daran gelegen, zumindest bei der Dividendenausschüttung Kontinuität zu zeigen. Seit 1921 erhält der Aktionär ohne Unterbruch 15 Franken pro Titel!

Wenn Erfolge fehlen. Wenn bei einem Unternehmen die guten Resultate ausbleiben, wird gerne jeder noch so kleine Pluspunkt als Erfolg verkauft. So meldete Nobel Biocare jüngst, dass sie eine Anleihe von 120 Millionen Franken aufgelegt habe – erfolgreich. Nun ja, es ist schon fast erfolgreich, dass der Zahnimplantatehersteller überhaupt noch frisches Geld erhält. Doch ein Coupon von vier Prozent ist ein gutes Argument. Richard Laube, der seit wenigen Monaten als neuer CEO wirkt, braucht dringend positive News. Für das erste Semester musste Laube beim Konzerngewinn einen Einbruch von 51 Prozent melden. Die so oft versprochene Wende lässt weiter auf sich warten, die Aktien sind auf dem Zehnjahrestiefst angekommen. Für einen Einstieg ist es noch viel zu früh. Etwas attraktiver sind die Titel des Konkurrenten Straumann. Diese brachen seit dem Frühjahr um nicht weniger als 40 Prozent ein und bieten damit für risikofreudige Investoren Kurspotenzial.

Luxuriöse Anlage. Seit Anfang 2009 haben die beiden führenden Schweizer Luxusgüterkonzerne ein gewaltiges Kursfeuerwerk abgebrannt. Die Valoren von Richemont vermochten sich im Wert zeitweise zu vervierfachen, Swatch Group glänzten mit einer Avance von 230 Prozent. Und weil auch ein Börsenbeobachter nicht gegen Eitelkeit gefeit ist, vermelde ich es gerne: Ich habe die Aktien rechtzeitig zum Kauf empfohlen. Doch je mehr sich die Probleme in Euroland verschärften und der Franken an Kraft gewann, desto stärker gerieten die Luxustitel unter Druck.

Die Schwäche ist für mich wenig verständlich. Die Krise in Euroland schlägt sich vergleichsweise gering im Geschäftsgang nieder. Zwar spüren beide Häuser den starken Franken. Dennoch hat vor allem Richemont, in geringerem Masse auch Swatch, für das erste Halbjahr 2011 starke Resultate vorgelegt. Denn ihr Absatz wird in erster Linie von der Nachfrage aus Asien bestimmt – und da ist unverändert Boom angesagt. Auf dem tieferen Kursniveau bieten beide Valoren eine gute Einstiegschance, das für 2012 geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis von je gegen 14 ist attraktiv. Vor allem längerfristig disponierende Anleger dürften ihre Freude an Richemont und Swatch haben.

Solider Wachstumskurs. Seit die Nationalbank entschieden hat, den Franken gegenüber dem Euro auf einen Mindestkurs von 1.20 zu fixieren, kann der heimische Anleger wieder an Engagements im Euroraum denken. Etwa in L’Oréal. Die Hauptaktionärin und reichste Frau Frankreichs, Liliane Bettencourt, hat den hässlichen Familienstreit mit Tochter Françoise begraben. Seither achtet die Öffentlichkeit wieder vermehrt auf den Geschäftsgang. Und da sieht es gut aus; nach dem Krisenjahr 2009 liefert der Kosmetikriese, der Marken wie Biotherm, Lancôme, Giorgio Armani und Helena Rubinstein vertreibt, wieder erfreuliche Wachstumsraten. So ist der Gewinn im vergangenen Geschäftsjahr um 25 Prozent gestiegen.

Im ersten Halbjahr 2011 dagegen hat der Umsatz nur um fünf Prozent zugenommen. Das Management versichert, dass die weltgrösste Kosmetikgruppe sich besser entwickelt als der Gesamtmarkt und bei Umsatz sowie Gewinn zulegen wird. Für Kontinuität spricht die Ablösung an der Konzernspitze; seit März sitzt der 54-jährige Jean-Paul Agon auf dem Sessel des Président-Directeur Général. Agon stieg gleich nach dem Studium bei L’Oréal ein. Er wird dafür sorgen, dass der Marktführer den soliden Wachstumspfad nicht mehr so schnell verlässt. Der Aktienkurs hat in den letzten Wochen deutlich nachgegeben und bietet damit eine gute Einstiegsmöglichkeit. Die Valoren, die mit einem für 2012 geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15,3 ein reelles Kurspotenzial bieten, eignen sich vor allem für konservative Anleger.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
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