Wie dürften sich die Schweizer Immobilienaktien und Immobilienfonds in diesem Jahr entwickeln?
Bei den Immobilienanlagen ist der Markt zweigeteilt. Aktien und Fonds mit Fokus Wohnen dürften weiterhin weniger stark unter der Krise leiden, als Anlagen mit Fokus Büro und Verkauf.

Allerdings sind Wohnimmobilienfonds oder Immobilienaktien mit einem hohen Wohnanteil auch entsprechend teuer, was der aktuelle Börsenwert im Vergleich zum Buchwert aufzeigt.

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Aufgrund des anhaltenden Tiefzinsumfeldes gehen wir dennoch von leicht steigenden Preisen aus. Fonds und Aktien mit hohem kommerziellen Bestand könnten sich im Laufe des Jahres als Turnaround-Investments bewahrheiten, für ein aktives Investment ist es aus unserer Sicht jedoch noch zu früh.

Entscheidend bleibt jedoch weiterhin die Selektivität, da die Qualität der darunterliegenden Immobilienbestände sehr unterschiedlich ist.

 

 Valiant-CIO Renato Flückiger

Renato Flückiger ist seit August 2012 CIO der Bank Valiant in Bern. Zuvor war der Betriebsökonom bei der Grossbank UBS in verschiedenen Funktionen tätig. Renato Flückiger hat an der Fachhochschule in Bern studiert und besitzt zudem das Diplom des Chartered Financial Analyst.

Quelle: ZVG

Aktien, Immobilien und Gold sind beliebt – und entsprechend hoch bewertet. Welche attraktiven Alternativen bieten sich für Anlegerinnen in diesen Zeiten von Negativzinsen?
Wir gehen davon aus, dass Anlegern aufgrund des anhaltenden Tiefzinsumfeldes und der sich weiter ausdehnenden Geldmenge keine andere Wahl bleiben wird, weiterhin in Sachwerte zu investieren.

Die sogenannte Assetinflation wird sich also fortsetzen. Entsprechend dürften die erwähnten Anlagen weiter zulegen, zumal wir uns ab dem zweiten Halbjahr 2021 wieder in ein Umfeld negativer Realverzinsung hineinbewegen werden, sprich, die Inflation oder Teuerung dreht in den positiven Bereich, während dem das Negativzinsumfeld verankert bleiben wird.

«Ein Kauf der Richemont-Aktie ist eine Wette auf eine Normalisierung des Lebens nach der Covid-Pandemie.»

UBSHSBCDeutsche BankBNP Paribas: Gleich vier Banken haben in den letzten Tagen die Aktie des Luxusgüterkonzerns Richemont zum Kauf empfohlen. Können Sie die Empfehlung nachvollziehen?
Richemonts Geschäftsverlauf ist durch die Covid-Pandemie beeinträchtigt worden (Umsatz 1. Halbjahr 2020/21 per Ende September: -26%). Die konjunkturelle Delle und Ausgangssperren in verschiedene Regionen haben die Leute nicht animiert zu konsumieren.

Ein wichtiger Teil der Umsätze wird zudem durch Touristen generiert. Die Analysten haben dank den erwarteten Impfungen ein positives Szenario betreffend Wirtschaft und Reisetätigkeit erarbeitet.

Ein Kauf der Richemont-Aktie ist eine Wette auf eine Normalisierung des Lebens nach der Covid-Pandemie. Die diesen Mittwoch von Richemont präsentierten Umsatzzahlen und Ausblicke für das 2021 haben unsere Meinung bestätigt.

Die US-Börsen haben letztes Jahr deutlich stärker abgeschnitten als die europäischen Märkte. Wird die Wall Street auch heuer stärker abschneiden?
Nicht unbedingt. Denn mit der erwarteten globalen Wirtschaftserholung dank den Impfkampagnen gegen Covid sollte der europäische Markt für eine gewisse Zeit besser abschneiden können.

Durch die starke internationale Verflechtung profitiert Europa von einer Wiederbelebung der Weltwirtschaft deutlich mehr als die USA mit ihrem ausgeprägten Binnenmarktfokus. Eine gewisse Rotation ist bereits seit letztem Herbst zu beobachten.

Sektoren wie Industrie, Rohstoffe, Energie und die Finanzbranche erlebten eine erste Kurserholung. Gerade diese günstig bewerteten Branchen profitieren im Sektorenvergleich von den stärksten Aufwärtsgewinnrevisionen der Analysten.

Sie rechtfertigen somit den jüngsten Kursanstieg auch aus fundamentaler Sicht. Der europäische Aktienmarkt ist von der Branchenstruktur her zyklischer ausgerichtet als der US-Markt und könnte mittelfristig von diesem Trend profitieren.

Europa verzeichnet unter den Hauptregionen gegenwärtig den grössten Anstieg bei den Gewinnrevisionen, während sich das Gewinnmomentum in den USA auf sehr hohem Niveau eher wieder abflacht.

«Mir fällt auf, dass am Markt eher unerfahrene Anleger aktiv werden mit der Hoffnung auf schnelle Gewinne. Dies ist meist ein Zeichen, dass die Hausse sich den Höchstkursen nähert.»

Werfen wir einen Blick auf das allgemeine Börsengeschehen: Wie stark beschäftigt die Corona-Krise die Finanzmärkte?
Die Finanzmärkte eilen aktuell in der Erwartungshaltung weit voraus und preisen die Post-Corona-Zeit bereits vollumfänglich ein. Die Akteure an den Aktienmärkten rechnen also mit einem raschen und durchschlagenden Erfolg der weltweiten Corona-Impfstrategien und nehmen so auch die erhöhten Bewertungen in Kauf.

Es ist mittlerweile sehr viel Positives eingepreist. Dies macht die Aktienmärkte doch auch anfällig für eine Konsolidierung oder einen temporären Rücksetzer. Es wartet weiterhin viel Geld, bei einem Kursrutsch investiert zu werden, und das stützt die Aktien recht gut nach unten ab.

Sollte jedoch die Erkenntnis kommen, dass der Impferfolg doch nicht so durchschlagend sein könnte oder weiter mutierende Covid-Virenstämme den erwarteten Erfolg der Impfkampagnen sogar in Frage stellen würden, hätte dies sehr schnell negative Kursreaktionen zur Folge.

Die Volatilität würde sprunghaft ansteigen. Heute spürt man diese Ängste jedoch noch überhaupt nicht.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse hat gerade erst begonnen. Sie bestimmt die kurzfristige Entwicklung an der Schweizer Börse.

Bis jetzt lagen die präsentierten Zahlen der Unternehmen meist am oberen Ende der Erwartungen des Marktes oder sogar darüber. Erste Erkenntnisse zeigen aber, dass die Unternehmen mit den starken Avancen im 2020 wie beispielsweise Logitech, Lonza, Sika, Siegfried, Schweiter, Gurit einen überzeugenden Abschluss und Ausblick präsentieren müssen, sonst droht dem Aktienkurs eine Konsolidierung. Dies konnten wir in den letzten Tagen bei Geberit oder Logitech beobachten.

Die Börse hat eine sehr hohe Erwartungshaltung an US-Präsident Biden. Aktienkurse aus den Bereichen Nachhaltigkeit, Infrastruktur und neuen Technologien sind in den letzten Wochen sehr stark angestiegen.

In der Schweiz war dies zum Beispiel bei einer LafargeHolcim oder ABB zu beobachten. Mit dem starken Ansteigen des Aktienkurses steigt jeweils auch das Risiko für eine Kurskorrektur, wenn sich die Erwartungen an die Firmen nicht vollständig erfüllen.

Zusätzlich fällt mir auf, dass am Markt eher unerfahrene Anleger aktiv werden mit der Hoffnung auf schnelle Gewinne. Dies ist meist ein Zeichen, dass die Hausse sich den Höchstkursen nähert. 

Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Mit der Annahme, dass die Coronakrise erfolgreich bezwungen werden kann, trauen wir dem SMI 11'600 Punkte zu.

Das Interview wurde schriftlich geführt.