Aktien bringen langfristig deutlich mehr ein als Obligationen. Seit dem Jahr 1926 betrug die annualisierte reale Aktienrendite in der Schweiz 5,6 Prozent, wie die Bank Pictet in einer Studie zeigt. Dagegen rentierten Obligationen nur mit 2 Prozent. Daraus generell zu schliessen, dass langfristige Anlegerinnen und Anleger höchstens einen kleinen Anteil ihres Portfolios in Obligationen halten sollten, ist allerdings falsch.

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Denn die Betrachtung von Durchschnittsrenditen verdeckt den Umstand, dass Obligationen in Sachen Rendite manchmal jahrzehntelang die Nase vor den Aktien haben. Wer beispielsweise Ende 1928 den Betrag von 10’000 Franken in Schweizer Aktien investierte, erlitt zunächst happige Verluste. Obligationen erzielten dagegen auch in dieser Zeit ordentliche Renditen. So ordentlich, dass Aktien erst nach über zwanzig Jahren, nämlich erst nach 1951, wieder die Nase vor den Obligationen hatten. Das zeigt die folgende Grafik:
 

Natürlich werden manche Investoren und Investorinnen nun einwenden, dass 1928 kein gewöhnliches Jahr war, sondern der Ausgangspunkt eines grossen Börsencrashs, auf den die Weltwirtschaftskrise folgte. Aber es gibt immer wieder Zeitpunkte, zu denen Aktien massiv überbewertet sind, während Obligationen ein viel günstigeres Rendite-Risiko-Profil aufweisen. Dies war in der Schweiz etwa auch zu Beginn der 1960er Jahre der Fall und nach der Jahrtausendwende. Obligationen rentierten in diesen Perioden über viele Jahre besser als Aktien.

Heute zeigt sich eine ähnliche Konstellation. Wichtige Kennzahlen deuten auf eine erhebliche Überbewertung von Aktien hin. Dazu gehört etwa das Kurs-Umsatz-Verhältnis KUV, das heute sowohl beim SMI als auch beim S&P 500 etwa 2,5 beträgt. Das ist deutlich über dem Schnitt der letzten zwei Jahrzehnte, der rund 30 Prozent tiefer liegt. Auch das zyklisch adjustierte Kurs-Gewinn-Verhältnis von Nobelpreisträger Robert Shiller ist höher als im historischen Schnitt. Ebenso deutet Tobin’s Q, das den Marktwert der börsenkotierten Firmen ins Verhältnis zu deren Substanzwert setzt, auf eine Überbewertung von Aktien hin.

Extreme Aktienbewertungen – im aktuellen Fall eine Überbewertung – prognostizieren zuverlässig die langfristigen Renditen. Das heisst ausdrücklich nicht, dass der Markt sofort oder in den nächsten Jahren einbrechen wird. So funktionieren diese Bewertungen nicht. Aber Aktienanleger und -anlegerinnen müssen damit rechnen, über die nächsten zehn oder zwölf Jahren deutlich unterdurchschnittliche Renditen zu erzielen. Also nicht die langfristigen jährlichen Realrenditen von 5,6 Prozent, sondern eher etwas im Bereich zwischen 0 und 2 Prozent, wenn überhaupt. 

Das haben viele passiv agierende Anleger und Anlegerinnen nicht auf dem Radar, die mit börsengehandelten Fonds, sogenannten ETF, auf die grossen Aktienindizes setzen. Sie erwarten trotz der hohen Bewertungen Realrenditen von um die 6 Prozent.

Gute Aussichten für Obligationen

Während die Wahrscheinlichkeit für gute Realrenditen bei den Aktien gefallen ist, hat sich die Renditeerwartung bei den Obligationen deutlich verbessert. Denn im Gegensatz zu den Aktien sind sie nicht mehr so hoch bewertet. Nach mehreren Zinserhöhungen durch die Zentralbanken hat sich ihre Überbewertung mehr oder weniger aufgelöst. Zwar wollen einige Zentralbanken noch kleine Zinsschritte machen, was sich negativ auf die Kurse von Obligationen auswirken wird. Angesichts der Anzeichen für eine Konjunkturverlangsamung dürfte hier aber das Ende der Fahnenstange bald erreicht sein.

Langfristig orientierte, passiv investierende Privatanlegende sollten sich angesichts dieser Ausgangslage überlegen, den Obligationenanteil ihres Portfolios in den nächsten Monaten zu erhöhen (etwa nach dem nächsten Zinsschritt der Zentralbanken). Die Frage ist, welche Produkte sie dafür kaufen könnten. 

Passive Investoren und Investorinnen setzen am besten auf einen Obligationen-ETF. Zwar gibt es auch Obligationenfonds, aber die kosten in der Regel deutlich mehr als ein ETF. Ein ETF kostet häufig um die 0,2 Prozent, ein Fonds nicht selten über 1 Prozent pro Jahr. Und geringe Kosten sind für den Anlageerfolg und akzeptable Renditen entscheidend.

Das Problem des starken Frankens 

Zudem sollten Schweizer Anleger und Anlegerinnen grundsätzlich auf Produkte in Schweizer Franken oder währungsgesicherte Vehikel setzen. Denn das Fremdwährungsrisiko ist erheblich, insbesondere weil der Franken eine besonders starke Währung ist. Eventuelle Zinsvorteile des Auslands werden durch eine Aufwertung des Frankens schnell vernichtet.

Leider ist eine Währungsabsicherung recht teuer, was die Vorteile von höheren ausländischen Zinsen stark verringert. Die Produkte mit den aktuell höchsten Ausschüttungsrenditen (um die 5 Prozent) konzentrieren sich auf Schwellenländeranleihen oder Junk Bonds. Allerdings ist damit zu rechnen, dass gerade diese Bereiche schwer unter die Räder kommen, wenn die Konjunktur erlahmt.

So ist etwa in den vergangen Jahren die Zahl sogenannter Zombiefirmen gestiegen. Diese Unternehmen verdienen nicht genug, um ihre Schuldzinszahlungen aus dem laufenden Geschäft zu finanzieren. Sie sind daher auf immer neue Kredite angewiesen, was sie zu Zombies macht: nicht mehr richtig am Leben, aber auch (noch) nicht ganz tot. Ein nicht geringer Teil des Junk-Bond-Segments sind solche Zombiefirmen. Deswegen dürfte es hier bei einer längeren Baisse zu erheblichen Einbrüchen kommen.

Schwellenländer haben ein anderes Problem. Sie machen oft Schulden nicht in ihrer Heimatwährung, sondern in Dollar. So kommt es, dass Zinserhöhungen in den USA sowie ein starker Dollar die Rückzahlung gefährden. Die Staatsobligationen von Schwellenländern haben deshalb aktuell trotz der hohen Zinsen kein vorteilhaftes Rendite-Risiko-Profil.

Damit bleiben allenfalls ausländische Unternehmensobligationen. Währungsgesichert können hier mit einem entsprechenden ETF rund 3 Prozent oder etwas mehr Rendite erwartet werden. 

Versteckte Risiken

Aber es ist fraglich, ob sich ausländische Unternehmensobligationen lohnen, wenn man mit Schweizer Staatsobligationen aktuell eine Rendite von 2,5 Prozent erzielen kann. Und Schweizer Staatsobligationen gehören zu den sichersten Anlagen der Welt. Viele Produkte mit Unternehmensobligationen enthalten dagegen versteckte Risiken.

So halten ETF, welche sich auf Unternehmensobligationen konzentrieren, aktuell besonders viele Obligationen mit der Bewertung BBB. Das ist noch knapp ein Investmentgrade, gilt damit also gerade noch als einigermassen sicher. Wenn ein Obligationeninvestment jedoch vor allem aus BBB-Anleihen besteht, dürfte es bei einer Rezession zu Rating-Herabstufungen kommen.

Ein solches Downgrade führt oft zu höheren Finanzierungskosten, erschwert damit also die Zinszahlungen. Und gerade BBB-Bonds sind besonders gefährlich, weil sie in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld relativ leicht vom Investmentgrade in den Non-Investmentgrade abrutschen. Das geht mit deutlichen Kursverlusten einher.

Schweizer Staatsobligationen sollten die erste Wahl sein

Aus all diesen Gründen bieten sich daher im Moment vor allem ETF auf Schweizer Staatsobligationen zur Portfoliobeimischung an. Manche Anlegerinnen und Anleger könnten auch versucht sein, auf Einzelwerte von grossen und damit sicheren Topunternehmen zu setzen, also beispielsweise Obligationen von Unternehmen wie Novartis oder Nestlé zu kaufen. 

Was Schweizer Staatsobligationen anbelangt: Leider ist die Auswahl von ETF in diesem Bereich nicht gross. Vor allem ein Produkt könnte einen Kauf wert sein: der iShares Swiss Domestic Government Bond 0-3 (Valor: 10253078). Mit diesem Produkt setzt man auf kurz laufende Schweizer Staatsobligationen (Obligationen mit bis zu drei Jahren Laufzeit). Die Ausschüttungsrendite dieses ETF liegt derzeit bei 2,5 Prozent (wobei die Zinsen von Schweizer Staatsobligationen bei rund der Hälfte liegen).

Wer sich bei Einzelobligationen von Topfirmen des SMI umsieht, wird feststellen, dass die Zinsen dort überraschend niedrig sind. Novartis-Obligationen mit einer Laufzeit bis 2035 (Valor: 27019100) rentieren aktuell mit etwa 2,07 Prozent, Nestlé-Obligationen mit der gleichen Laufzeit (Valor: 122654384) bringen 2,14 Prozent.

Allerdings liegt die Inflation in der Schweiz im Moment bei 2,9 Prozent, also höher als diese Zinsen, sodass real ein leichter Verlust entsteht. Die Inflation ist jedoch jüngst zurückgegangen, die Aussichten für Obligationen scheinen sich damit zu verbessern. 

Wenn allerdings eine lang anhaltende Baisse oder Wirtschaftsprobleme (etwa wegen einer Bankenkrise) die Konjunktur lähmen, oder wenn es tatsächlich zu einem Börsencrash kommt, dann sind Schweizer Staatsanleihen eindeutig die beste Wahl. Denn sie verleihen einem Portfolio durch ihre ausgezeichneten Defensivqualitäten erhebliche Stabilität, selbst wenn es knüppeldick kommt.

Das wäre nicht das erste Mal. So ist der Kurs von Schweizer Staatsobligationen während des Corona-Crashs gestiegen. Derjenige von Unternehmensobligationen ist dagegen massiv eingebrochen, selbst bei Obligationen von Topfirmen wie Novartis und Nestlé.