Der Wert von Bitcoin ist extrem gestiegen. Folgt wie so oft bald der nächste Taucher der Kryptowährung? 
Dem Erklimmen des Allzeithochs von zuweilen über 66'000 Dollar im Nachgang zum Handelsstart des ersten Bitcoin-ETF an der New Yorker Börse ist mittlerweile schon ein Taucher von über 10 Prozent gefolgt. Ich bin überzeugt, dass diese Preisvolatilität anhält. Dies ist nicht überraschend für eine Anlage in diesem Adaptionsstadium.

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Täglich ergibt sich eine neue Faktenlage. Darüber hinaus haben positive wie auch negative Signale und Handlungen von Regulierungsbehörden und Regierungen enormes Gewicht. Für mich bleiben Kryptowährungen im aktuellen Stadium ein spekulatives Investment.

Ein Investor muss die Nerven und die Fähigkeit haben, auch grössere Rückschläge auszusitzen. Gleichzeitigt muss man bei Investitionen in exotische Coins auch immer mit einem Totalausfall rechnen, sollte sich diese nicht nachhaltig am Markt etablieren. Ich gehe davon aus, dass über die nächsten Jahre eine Vielzahl der heute gehandelten Coins wieder verschwindet und laufend neue dazu kommen.

Christof Strässle Strässle Schuhmacher Börseninterview

Christof Strässle ist Gründungs- und Managing Partner der Strässle Schumacher AG in Luzern. Strässle Schumacher ist spezialisiert auf unabhängige Vermögensberatung und strategische Finanzplanung.

Quelle: ZVG

Wie macht sich der Rohstoffmangel an den Börsen bemerkbar?
Die bei den Investoren wohl präsenteste Entwicklung sehen wir beim Ölpreis, welcher den im Frühling 2020 begonnenen Aufwärtstrend unbeirrt fortsetzt. Dies mit positiver Wirkung auf die Aktienkurse von Energieunternehmen und negativer Wirkung auf das Haushaltsbudget vieler Konsumenten. Ich gehe davon aus, dass dies ein temporärer Effekt ist, welcher sich mittelfristig wieder abschwächt.

Weiter sehen wir höhere Preise für Rohmaterialen wie Stahl oder Kupfer und der Angebotsnotstand bei Mikrochips wird breit diskutiert. Die enormen Preisbewegungen sind ein Nebenprodukt der Massnahmen zur Pandemiebekämpfung und führen dazu, dass Umsatz und Ertrag von Industriebetrieben und Maschinenherstellern negativ beeinflusst werden.

Wie stark sollten durchschnittliche Anlegerinnen auf Indexfonds setzen (ETFs)?
ETFs sind ein effizientes und kostengünstiges Instrument, um bereits mit kleineren Beträgen ein diversifiziertes Investment zu erschliessen. Das Angebot ist in den letzten Jahren förmlich explodiert. Heute lässt sich neben klassischen, marktkapitalisierten Hauptindizes, wie z.B. S&P500 oder SMI, auch auf Basis unzähliger Subindizes und Customized-Indizes investieren.

Bei Letzteren haben alternative Titelgewichtungen, Faktorinvestments und Nachhaltigkeitsthemen an Bedeutung gewonnen. In diesem Zusammenhang relevant zu wissen ist, dass ein Indexfonds lediglich die Funktion hat, die Indexrendite nachzubilden. Die Kenntnis des unterliegenden Index ist daher zentral für den Anlageerfolg. Ist man im Bilde, was man kauft, kann es sowohl als langfristige Kerninvestition dienen wie auch als Instrument, um temporär eine taktische Marktmeinung im Portfolio umzusetzen.

«Preisbewegungen bei Währungen erfolgreich vorherzusagen, erachte ich als schwierig.»

Sind Währungsgeschäfte (Forex) eine Option für durchschnittliche Anleger, oder ist der Devisenmarkt zu unberechenbar?
Wahrgenommene und über gängige Preisbildungsmechanismen erklärbare Über- und Unterbewertungen von Währungspaaren können lange anhalten und sich unter Umständen nie abbauen. Preisbewegungen bei Währungen erfolgreich vorherzusagen, erachte ich als schwierig. Zudem sind bei Währungsgeschäften, insbesondere bei reger Handelsaktivität, auch immer die damit einhergehenden Kosten zu berücksichtigen. Diese fallen vor allem bei kleineren Volumen relativ betrachtet stark ins Gewicht.

Währungsgeschäfte sehe ich daher primär als (strategisches) Absicherungsinstrument, wenn man global investieren, das Währungsrisiko aber nicht tragen will. Dies macht insbesondere bei Obligationenanlagen Sinn.

Wechseln wir zum allgemeinen Börsengeschehen. Wie stark beschäftigt die Corona-Krise die Finanzmärkte? 
Das Virus selbst ist nicht mehr der zentrale Faktor, vielmehr beschäftigen jetzt die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nebenwirkungen die Märkte. Dies drückt sich zurzeit in Störungen der Produktions- und Lieferketten aus. Gleichzeitig nehmen die gesellschaftlichen Spannungen zu und auch geopolitisch weht ein rauerer Wind.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln? 
Insgesamt nehme ich wahr, dass Aktienquoten auf eine neutrale Position zurückgeführt werden, aber defensive Märkte und Dividendenaktien favorisiert bleiben. Letzteres hilft dem Schweizer Markt. Trotzdem erwarte ich kurzfristig eine Seitwärtsbewegung. Auch mit Blick auf das Jahresende erwarte ich keine Rally.

Inflationsängste und die Furcht vor geldpolitischer Straffung dürften die Volatilität an den Finanzmärkten hoch halten. Weiter ist es wahrscheinlich, dass die jüngst angehobene US-Schuldenobergrenze schon zum Jahreswechsel hin wieder zum Thema wird. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir dieses Jahr noch günstigere Einstiegsgelegenheiten sehen, insbesondere bei den Schwergewichten.

Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft sind weiterhin positiv. Der Zenit des gegenwärtigen Wirtschaftszyklus dürfte im Verlaufe des nächsten Jahres erreicht werden. Die starke Kursentwicklung des laufenden Jahres hat jedoch viel vom künftigen Gewinnwachstum der Unternehmen vorweggenommen.

Diese müssen nun die prognostizierten Zahlen zuerst bestätigen. Raum nach oben ist somit vorhanden, die Luft an den Finanzmärkten ist aber dünner geworden. Dabei gilt es die Entwicklung der Inflation ebenso im Auge zu behalten wie die Situation rund um den für China wichtigen Immobiliensektor oder geopolitische Themen wie den latenten Konflikt zwischen den USA und China. Das Jahr 2022 dürfte an den Finanzmärkten deshalb nicht so ruhig verlaufen wie das bisherige 2021.

Christof Strässle beantwortete die Fragen schriftlich.

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