Covid-19-Impfstoff-Hersteller wie BioNtech, Moderna oder Novavax sind letztes Jahr an der Börse hochgeschossen. Droht bei solchen Unternehmen der Kurszerfall, sobald die Pandemie abflacht?
Gut möglich, dass diesen Titeln nach den Kursprüngen kurzfristig eine Korrektur droht. Allerdings haben diese Biotechnologie-Firmen mit der raschen Entwicklung von hochwirksamen Impfstoffen gezeigt, welche Möglichkeiten in ihrer Technologie steckt.

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Es besteht nun die berechtigte Hoffnung, dass diese Erkenntnisse auch gegen andere Krankheiten wie beispielsweise Krebs oder HIV eingesetzt werden können. Der Sektor hat langfristig grosses Potential.

Philipp Grüebler

Philipp Grüebler ist Portfolio Manager und Geschäftsführer der Grüebler Vermögensverwaltung AG. Bevor er im Jahr 2000 zur Grüebler Vermögensverwaltung AG stiess, arbeitete er bei UBS und Credit Suisse. 1995 schloss er das Betriebswirtschaftsstudium mit dem Lizenziat ab und 2000 den Chartered Finanicial Analyst (CFA).

Quelle: ZVG

Auch der E-Autokonzern Tesla gehört zu den Stars des Börsenjahrs 2020. Wie sehen Sie die Zukunft des Unternehmens, nun da Tesla zunehmend unter Druck kommt von etablierten Herstellern wie VW und Startups wie Nio?
Der Aktienkurs ist mittlerweile so stark angestiegen, dass die Marktkapitalisierung so gross ist, wie die der folgenden sechs grössten Automobilhersteller zusammen.

Tesla hat auf der Produktebene unbestritten grossen Erfolg, aber die Gewinnmarge ist zu tief und Verluste können nur durch den Verkauf von CO2-Zertifikaten vermieden werden. Die Konkurrenz wird zudem in ein paar Jahren technologisch aufholen und Teslas Wachstum bremsen. Übertreibungen in den Technologieaktien werden nicht zuletzt durch die laxe Geldpolitik ermöglicht.

«Tesla hat auf der Produktebene unbestritten grossen Erfolg, aber die Gewinnmarge ist zu tief und Verluste können nur durch den Verkauf von CO2-Zertifikaten vermieden werden. »

Diese Woche hat die UBS ihre Jahreszahlen präsentiert, in drei Wochen wird die Credit Suisse das Ergebnis vorlegen. In welchem Zustand sehen Sie die beiden Grossbanken zum Jahresstart?
Die beiden Grossbanken sind aufgrund der stabilen Erträge im Vermögensverwaltungs- und im Hypothekargeschäft in einem sehr guten Zustand hinsichtlich Gewinn und Eigenkapital.

Freilich dürften die grossen Gewinne des Investment Bankings in diesem Jahr wegen geringerer Marktvolatilität geringer ausfallen wie 2020 und die Negativzinsen sind weiterhin schwer verdaubar, weshalb versucht wird, diese zunehmend den Kunden weiterzugeben.

Mittels Digitalisierung bemühen sich die Banken ihre Kosten langfristig zu senken, wobei die grossen Institute stärker von Skaleneffekten profitieren können.

Grüne Anleihen sind laut einer neuen Studie des Verbandes Climate Bonds Initiative (CBI) weltweit beliebt wie nie. Was halten Sie grundsätzlich von nachhaltigen Wertpapieren – und gibt es in der Schweiz Möglichkeiten, in solche Titel zu investieren?
Grüne Anleihen sind ein wichtiger Schritt hin zu nachhaltigeren Anlagen und werden von den Schweizer Banken angeboten. Ihr Anteil an den emittierten Obligationen wird kontinuierlich wachsen.

Zurzeit besteht jedoch das Problem, dass Anleihen allgemein stark überbewertet sind und ein sehr ungünstiges Rendite-/Risikopotential aufweisen. Generell rate ich daher zurzeit von Anlagen in festverzinslichen Papieren ab.

Kommen wir zum allgemeinen Börsengeschehen: Wie stark beschäftigt die Corona-Krise die Finanzmärkte?
Die Finanzmärkte sind seit Oktober, als Pfizer den Start der globalen Impfkampagne auf den Dezember ankündigte, davon überzeugt, dass das Ende der Pandemie absehbar ist.

Seither haben konjunktursensitive Titel die Führung übernommen. Für weiteren Schub sorgen die expansive Geld- und Fiskalpolitik, wobei ein Scheitern des Konjunkturpaketes von US-Präsident Biden für Unruhe sorgen würde. Ebenfalls ist es für die Märkte wichtig, dass die globale Impfkampagne dieses Jahr durchschlagenden Erfolg hat.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Konjunktursensitive Werte werden sich weiterhin sehr gut entwickeln, während die defensiven Marktschwergewichte Nestlé,

Novartis und Roche kurzfristig kein Kursfeuerwerk liefern können. Ich rechne deshalb insgesamt mit einer leicht positiven Tendenz.

Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Schweizer Aktien sind sehr attraktiv, da Sie gegenüber Obligationen eine hohe Risikoprämie bieten. Zudem wirkt die Geld- und Fiskalpolitik stark unterstützend, weshalb ein Kursziel von 11'800 Punkten realistisch ist.

Das Interview wurde schriftlich geführt.