Was beschäftigt derzeit die Finanzmärkte?
Stefan Frischknecht*: Die Trump Tweets! Seit der US Präsidentenwahl im Herbst 2016 haben die Finanzmärkte heftig auf seine Absichten und Ankündigungen reagiert: zuerst stiegen die Zinsen, weil man erwartete, dass seine Politik die Inflation erhöhen würde, dann avancierten die Aktienmärkte dank seiner Steuerreform. Derzeit ist der Dollar stark, während Währungen und Wertschriften in Schwellenländern sowie China schwach sind aufgrund des entfachten Handelskrieges.

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Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Kurzfristig könnte die Verunsicherung anhalten. Als langfristig orientierte Anleger interessiert uns aber vielmehr die Entwicklung in den kommenden Jahren. Hier sind wir zuversichtlich. Nicht, dass wir weiter so hohe Kursfortschritte erwarten wie seit 2009, aber Aktien gehören für uns zu den präferierten Anlagen angesichts der tiefen Zinsen und der hohen Verschuldung vieler Länder. Börsennotierte Schweizer Firmen sind oft globale Marktführer. Dies sollte sich langfristig auszahlen und könnte der Schweizer Börse helfen, wie in den vergangenen 25 Jahren, besser abzuschneiden als weltweite Indizes.

Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Für einen Aktieninvestor sind zwölf Monate ein zu kurzer Horizont. Wenn man nur für eine solche Zeitspanne investieren kann, sollte man das Risiko nicht auf sich nehmen, sondern das Geld auf dem Konto parkieren.

Stefan_Frischknecht_Schroders_Börseninterview

* Stefan Frischknecht ist Head Swiss Equities von Schroders.

Quelle: ZVG

Der Wertzerfall der türkischen Lira sorgt für Verunsicherung an den Finanzmärkten. Werden die Probleme der Türkei Auswirkungen auf die globale Konjunktur haben?
Die Türkei allein macht zu wenig aus, um die globale Wirtschaft merklich zu bremsen. Hingegen ist wie bei allen solchen Krisen auf die Signalwirkung zu achten. Kommen andere Länder unter Druck, die wie die Türkei entweder an einem Budgetdefizit, einem Handelsdefizit oder beidem leiden, dann könnte die Krise weitere Kreise ziehen: neben der Türkei hat Argentinien ein hohes solches Doppeldefizit, und kurz danach in der Rangliste kommen Grossbritannien und die USA. Ich erwarte nicht, dass die USA in Mitleidenschaft gezogen wird, wenn jedoch die Krise Grossbritannien oder Dauerkandidat Italien erfasst, dann wird dies nicht spurlos an der Welt vorbeigehen.

Aryzta will eine Kapitalerhöhung durchführen. Wird der hochverschuldete Backwarenhersteller dank der Finanzspritze aus der Krise finden?
Dies erwarten wir, denn die Kapitalerhöhung wird «Luft verschaffen», so dass sich Aryzta auf den operativen Turnaround konzentrieren, notwendige Investitionen machen und eine Rückkehr zu normalisierten Margen anstreben kann. Das Geschäft mit Frischbackwaren ist stabil und erlaubt genügend attraktive Margen, wenn man den Kunden innovative Produkte mit einer konstanten Qualität anbieten kann.

Der Wert von Bitcoin ist unter 6000 Dollar gefallen. Haben Anleger das Vertrauen in Cyberwährungen verloren?
Die Technologie hinter Bitcoin ist nützlich. Gegen die Erfindung von Bitcoin ist nichts einzuwenden. Als Kritiker der Notenbanken, welche masslos die Geldmengen ausgedehnt haben, finde ich an Bitcoin gut, dass die maximal ausgegeben Menge beschränkt ist. Jedoch hat die Entstehung von vielen anderen Kryptowährungen ebenfalls eine Geldschwemme verursacht. Es hat eine wahre Spekulationsblase gegeben. Ich hoffe, dass heute niemand mehr jemandem traut, der aus dem Nichts eine weitere Cyberwährung schafft.

Der chinesische Elektroautohersteller Nio plant einen Börsengang in den USA. Könnte der E-Autobauer dem grossen US-Rivalen Tesla gefährlich werden?
Das Rennen um E-Autos hat erst begonnen, das heisst es gibt viele Kandidaten, die mit Tesla in Konkurrenz kommen werden. Gerade die etablierten Autohersteller, welche in letzter Zeit viel in die Elektrifizierung der Autos investiert haben, werden in den nächsten Jahren viele Modelle auf den Markt bringen – sie dürften für Tesla die relevantere Grösse sein.

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