So profitieren Sie von der EM: Sportaktien im Check

Die Gruppenphase der Europameisterschaft ist in vollem Gange und nach dem Unentschieden gegen Wales fiebern Fussballfans begeistert mit, wenn Vladimir Petkovics Kader am Mittwoch gegen Italien antritt. Doch die EM ist nicht nur für Fussballbegeisterte von grossem Interesse. Auch Aktionäre könnte in diesem Jahr das Sportfieber packen, Sport dürfte diesen Sommer nämlich allgegenwärtig sein. Neben der EM, die noch bis Juli andauert, kommt zwischen Juli und August ein weiteres Grossereignis auf Fans zu: die olympischen Sommerspiele in Tokio. Analysten sehen für Anbieter von Sportbekleidung, Fitnessgeräten und Co. daher viel Potenzial. So etwa Julie Saussier-Clement, Konsumgüteranalystin der Grossbank Credit Suisse: «Veranstaltungen wie Olympia oder die EM sind eine gute Möglichkeit für die Unternehmen, Marketing zu betreiben», erklärt sie. «Solche Events sind bei den Sportunternehmen erfahrungsgemäss Treiber für Innovation und regen gleichzeitig die Kauflaune der Sportfans an.» Die Grossveranstaltungen verstärken einen Fitnessboom, der ohnehin seit Jahren im Gange ist. Das zeigt sich an der Anzahl der Mitglieder in Fitnessclubs. Diese stieg vor der Pandemie seit zwei Jahrzehnten kontinuierlich an. Bis zum Jahr 2019 hatten die Fitnessclubs laut Zahlen des globalen Gesundheits- und Fitness-Verbands IHRSA mehr als 183 Millionen Mitglieder weltweit. Fussball-EM: Wie oft gewinnen die Mannschaften mit dem teureren Kader? Der EM-Spielplan der HZ zeigt die Duelle der Millionen. Neuer Megatrend: Stay fit at homeDie Corona-Krise zwang die Fitnessstudios zum Schliessen, konnte den Sportsgeist der Menschen aber nicht brechen. Vor allem nicht den der sportbegeisterten Schweizer, wie der aktuelle «Sport Schweiz 2020»-Bericht zeigt. Die Zahl der Schweizerinnen und Schweizer, die sich selbst als Nichtsportler bezeichnen, ist im vergangenen Jahr sogar gesunken – erstmals von 26 auf 16 Prozent. Die meisten sind am liebsten draussen aktiv, Lieblingssportarten hierzulande sind laut Bericht Wandern, Radfahren, Schwimmen, Skifahren und Jogging. Das lassen sich Verbraucher gerne etwas kosten: Im Schnitt geben Schweizer rund 2000 Franken pro Jahr für Sport aus, davon das Meiste für Sportbekleidung, Ausrüstung und Sportreisen. Doch auch in den eigenen vier Wänden hielten sich Fitnessbegeisterte im Corona-Jahr mit Yoga-Matten, Laufbändern, Faszienrollen und Youtube fit. «Durch die ‹Stay fit at home›-Bewegung wurde seit Corona ein neuer Megatrend ins Leben gerufen», sagt Michael Heimrich, Direktor des deutschen Vermögensverwalters Top Vermögen und Fondsmanager des Fonds Top Sport Global Equity. Für einige Unternehmen war die Corona-Krise dank Heimsport-Hype geschäftlich betrachtet daher sogar ein Segen, etwa für den US-amerikanischen Fitnessgerätehersteller Peloton. Dank geschlossenen Fitnessstudios konnte der Anbieter von Fitnessbikes seinen Umsatz im vierten Quartal 2020 von gut 466 Millionen im Vorjahr auf rund 1,06 Milliarden US-Dollar steigern. Ähnlich sieht es beim US-Fitnessgerätehersteller Nautilus aus: Verglichen zum Vorjahr steigerte der Hersteller von Kraft- und Kardiogeräten seinen Umsatz im Jahr 2020 von rund 309 Millionen Dollar auf gut 550 Millionen Dollar. Die Aktien beider Unternehmen gingen im Pandemiejahr durch die Decke. Auch Sportbekleidungsmarken sind Gewinner des Fitnessbooms. Zu deren Kunden gehören nicht nur Sportbegeisterte – auch als Alltagsbekleidung sind Sneaker, Baseballcaps und Co. ein langfristiger Trend. Einen Treiber für die Sportindustrie sieht Konsumgüteranalystin Saussier-Clement deshalb auch in Schulöffnungen nach dem Lockdown, vor allem im grossen Absatzmarkt USA. «Sobald Schüler wieder in den Präsenzunterricht gehen, wollen viele neue Turnschuhe tragen», ist sie überzeugt. Chinas junge Generation als TreiberEin besonders wichtiger Absatzmarkt für Sportartikelhersteller ist China. Vor allem die jüngere Generation interessiert sich dort für die Artikel internationaler Sportartikelhersteller wie Adidas, Puma oder Nike. «China ist ein grosser Markt mit viel Potenzial, da die Sportartikelhersteller hier noch nicht so weit vorgedrungen sind wie in Europa und den USA», sagt Saussier-Clement. Politische Spannungen belasten das China-Geschäft der Unternehmen allerdings derzeit. Die USA und Europa monierten im Frühjahr Menschenrechtsverletzungen und Sklavenarbeit von Uiguren auf Baumwollfeldern in bestimmten Regionen der Volksrepublik. Peking rief daraufhin zum Boykott westlicher Sportmarken wie Puma, Adidas und Nike auf. Allerdings dürfte die Angelegenheit den betreffenden Unternehmen nur zeitweilig einen Dämpfer versetzen: «Solche Streitigkeiten beeinträchtigen das Geschäft in der Regel nur temporär», erklärt Saussier-Clement. «Sollte der Streit allerdings wider Erwarten doch länger andauern, könnte das den Aufwärtstrend dieser Titel bremsen.» Falls der Streit zwischen West und Ost eskaliert, gäbe es dennoch Profiteure: chinesische Sportmarken. Bislang ist der Marktanteil westlicher Sportbekleidungskonzerne im Reich der Mitte grösser, denn chinesische Käufer setzten bis vor kurzem vor allem auf internationale Sportartikel, erklärt die Credit-Suisse-Analystin. Momentan steige aber das Interesse an heimischen Produkten, auf die man inzwischen stolz ist. Dazu gehören etwa Produkte des chinesischen Nike-Konkurrenten Anta Sports oder Sportartikel von Li Ning, einer Firma, die Bekleidung und Ausrüstung für unterschiedliche Sportarten ebenso herstellt wie Premium-Sneaker mit Preisen von umgerechnet um die 300 Franken. Insgesamt bleiben im Jahr 2021 diverse Unsicherheiten für Aktionäre, auch, weil die Pandemie noch nicht überwunden ist. Viele Hersteller kämpfen derzeit etwa mit Lieferketten-Problemen und steigenden Preisen bei Rohstoffen und im Frachtverkehr.Indexfonds: Es gibt auch Sport-ETF Wer den Sporttrend mitmachen, aber die Geldanlage so breit wie möglich streuen möchte, kann in Exchange Traded Funds (ETF) investieren.Global X Health & Wellness Thematic ETF Der ETF setzt auf Unternehmen, die auf «Förderung der Aktivität und des Wohlbefindens ausgerichtet sind», also Fitness nur im weitesten Sinne. Im Portfolio befinden sich 60 Aktien aus verschiedenen Branchen, gut die Hälfte des Fondsvolumens ist in Kleidung und Schuhe investiert. Zu den Toppositionen gehören Li Ning, der kanadische Yoga-Bekleidungs-Hersteller Lululemon und der britische Sportmode-Einzelhändler JD Sports. ISIN: US37954Y7985 Auflagejahr: Mai 2016 Fondsvolumen: 31,94 Mio. Dollar Gesamtkostenquote: 0,68% 3-Jahres-Performance: 16,26% Roundhill Sports Betting & iGaming ETF Dieser ETF setzt auf die Sportwetten- und iGaming-Branche, also eher auf Glücksspiel als Fitness. Top Holdings sind etwa der Sportwettenkonzern Entain, der Glücksspielbetreiber Kindred Group und der US-Spielautomatehersteller Scientific Games Corporation. Wer im Zuge der anstehenden Sportevents mit Wachstum bei den Sportwetten rechnet, könnte hier investieren. Seit Auflage letztes Jahr hat sich der ETF gut entwickelt. ISIN: US53656F7895 Auflage: Juni 2020 Fondsvolumen: 429,07 Mio. Dollar Gesamtkostenquote: 0,75% Performance im 1. Quartal 2021: 24% Allerdings dürfte sich das nicht allzu negativ aufs Geschäft auswirken, betont Saussier-Clement, denn Sportartikelhersteller gleichen Kostensteigerungen üblicherweise durch eine Erweiterung ihrer Produktpalette aus. Insgesamt sieht die Expertin die Branche sowohl kurzfristig als auch langfristig positiv, ebenso wie Fondsmanager Heimrich: «Die Fitnessbranche wird nach dem coronabedingten Rückgang in den nächsten Jahren wieder deutlich wachsen.» Digitale Angebote werden bleibenFür Anleger gibt es verschiedene Möglichkeiten, in den Sport-Hype zu investieren, etwa Einzelaktien grosser Sportmarken oder ETF. Letztere berücksichtigen oft auch Trends wie E-Sports oder Sportwetten. Heimrich rät dazu, möglichst breit in die Sportbranche zu investieren, um von einem weiteren Hoch zu profitieren: Sporttechnik. Denn nicht nur der Heimsport hat seit der Pandemie einen Boom erlebt, sondern auch Anbieter digitaler Fitness-Apps. «Vielen Investoren ist nicht bekannt, dass auch die namhaften Sportausrüster wie Nike, Adidas, Puma oder eben Lululemon in diesem Wachstumssegment mitmischen», erklärt der Experte. Ein Trend, den es zu beobachten lohnt. «Digitale Angebote werden auch nach der Wiedereröffnung der Fitnessclubs ein fester Bestandteil der Fitnesswelt bleiben.» Die wertvollste Elf der Fussball-EM