Am 16. Mai 2004 hat das Schweizervolk über das so genannte Steuerpaket 2001 zu befinden. Es handelt sich dabei um eine der wichtigsten Finanzvorlagen der letzten Jahre. Doch wenige Wochen vor der Abstimmung ist um das Steuerpaket Aufregung ausgebrochen, ja zum Teil kann man von Chaos sprechen. Unversehens sind Fragen rund um die kalte Progression aufgetaucht. Und die politischen Parteien kommen auf recht unterschiedliche Resultate, wer in welchem Ausmass vom Steuerpaket profitieren wird. Die Linken führen ins Feld, dass vor allem die bereits Begüterten steuerlich entlastet würden. Die bürgerlichen Parteien dagegen meinen, auch der Mittelstand und vor allem Familien spürten die Massnahmen positiv in
ihrem Portemonnaie.
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Die Antwort auf die Frage, wer nun tatsächlich vom Steuerpaket 2001 profitieren wird, ist simpel: eigentlich fast alle. Zwar bringt der Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung für viele Steuerzahler einen Nachteil (siehe «Steuer-Multipaket»). Da das Steuerpaket aber verschiedene Anliegen zusammenschnürt, dürften die meisten Steuerpflichtigen gesamthaft für das Paket stimmen.
Von den geplanten Änderungen im Familienbereich wird zu Recht insbesondere der Mittelstand profitieren. Der Mittelstand ist beim herrschenden Steuersystem auf Grund der progressiven Ausgestaltung der Steuertarife faktisch auch am meisten belastet. Dies gilt insbesondere für die verheirateten Doppelverdienerpaare. Zudem kann der Mittelstand nicht von der Verbilligung der Krankenkassenprämien profitieren. Die Argumentation der Linken – diese hat neben elf Kantonen gegen die Vorlage das Referendum ergriffen –, das Steuerpaket 2001 entlaste nur die ohnehin Bessergestellten, stimmt in keiner Weise.
Bereits heute bezahlt ein wesentlicher Prozentsatz der Steuerpflichtigen keine direkte Bundessteuer, da diese als eigentliche Reichtumssteuer ausgestaltet ist. Bei Annahme der Vorlage werden sogar rund 37 Prozent der Bevölkerung keine Bundessteuer mehr bezahlen. Entlastet werden damit klar auch die wirtschaftlich Schwächeren.
Das Steuerpaket 2001 enthält neben Neuerungen bei der Stempelsteuer, die dem Finanzplatz Schweiz und den KMUs zugute kommen werden, einschneidende Änderungen für die privaten Steuerpflichtigen. Bei der Besteuerung der Ehepaare will der Bund das Teilsplittingmodell mit dem Divisor 1,9 einführen. Dies bedeutet, dass für die Festlegung des Steuertarifs eines Ehepaares das Gesamteinkommen durch 1,9 zu teilen ist; folglich wird das Gesamteinkommen zu einem wesentlich tieferen Tarif besteuert als heute. Beseitigt wird damit vor allem die Ungleichheit zwischen unverheirateten und verheirateten Doppelverdiener-Paaren.
Kritisiert wurde, dass das Modell einzig auf den Trauschein und nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abstellt. In den Genuss der Steuererleichterung kommen nämlich alle Ehepaare, unabhängig davon, ob sie Kinder haben oder nicht. Heute kennen erst sechs Kantone ein Splittingmodell: Aargau und St. Gallen mit Faktor 2,0 (so genanntes Vollsplitting), Schwyz mit 1,9, Nidwalden und Waadt mit 1,8 sowie Freiburg mit 1,66. Vom Teilsplittingmodell werden die mittleren Einkommen am meisten profitieren, da in ihrem Bereich die Progression am steilsten ist. Für die wirklich hohen Einkommen dagegen wird sich nichts ändern, da für diese trotz Splitting in aller Regel der Maximalsatz gilt.
Aber nicht nur beim Tarif, sondern auch bei den Abzügen sieht das Steuerpaket 2001 Erleichterungen vor. Kinderreiche Familien werden damit steuerlich doppelt entlastet: Durch die höheren Abzüge sinkt das steuerbare Einkommen, und durch das Teilsplitting wird dieses zudem zu einem günstigeren Tarif besteuert. Das im Steuerpaket enthaltene Element «Familienbesteuerung» dürfte damit die meisten Steuerpflichtigen dazu bewegen, der Vorlage zuzustimmen.
Nicht so eindeutig dürfte die Zustimmung zum Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung für selbst bewohntes Wohneigentum ausfallen. Der Systemwechsel bedeutet zwar, dass der für viele schwer verständliche Eigenmietwert nicht mehr als fiktives Einkommen aufgerechnet wird. Als Folge davon gehört auch die unendliche Diskussion mit der Steuerverwaltung über die Höhe des Eigenmietwertes der Vergangenheit an. Doch entfällt damit gleichzeitig auch der Steuerabzug der auf das Eigenheim entfallenden Hypothekarzinsen. Wie diejenigen Steuerpflichtigen behandelt werden, die vom Eigenheim auf ihre Renditeliegenschaften umschulden, kann nur vermutet werden: Entweder werden die Steuerverwaltungen Steuerumgehung annehmen oder dann sogar generell die Gesamtschulden anteilsmässig aufteilen.
Verschärft wird auch die so genannte Schuldzinsenregel, die den Missbrauch beim Schuldzinsenabzug verhindern will. Gestrichen wird diesbezüglich der heutige Freibetrag von 50 000 Franken, womit private Schuldzinsen generell nur noch in der Höhe der Bruttovermögenserträge abziehbar sein werden. Zudem können bei Annahme des Steuerpaktes zukünftig nur noch die effektiven Unterhaltskosten geltend gemacht werden, wobei da zusätzlich ein jährlicher Selbstbehalt von 4000 Franken vorgesehen ist. Der heutige Pauschalabzug von in der Regel 10 bis 20 Prozent des Eigenmietwerts entfällt.
Gewinner des Systemwechsels werden vor allem ältere und generell vermögende Hausbesitzer sein, die in aller Regel eine tiefe Hypothekarbelastung haben. Jüngere Hausbesitzer dagegen müssten bei Annahme des Steuerpakets eine höhere Steuerrechnung in Kauf nehmen, vor allem wenn die Zinssätze für Hypotheken wie erwartet wieder ansteigen.
Neuerwerber müssen künftig anders kalkulieren: Sie können zwar in den ersten zehn Jahren nach Erwerb noch einen gewissen Zinsabzug machen, doch wird es ihnen kaum gelingen, in dieser Zeit entsprechend zu amortisieren. Zukünftige Eigenheimbesitzer können dafür vom äusserst attraktiven neuen Bausparmodell profitieren, das es Steuerpflichtigen bis Alter 45 erlaubt, zusätzlich zur Säule 3a während zehn Jahren jährlich maximal 12 000 Franken (Ehepaare das Doppelte) steuersparend anzulegen. Zusammen mit der Säule 3a kann somit ein Ehepaar, das alle Bedingungen erfüllt, im Maximum bis 36 000 Franken steuerlich absetzen.