Falls Sie von Banken und Vermögensverwaltern regelmässig Post erhalten mit Anlageideen oder sonstigen (angeblichen) Invest-Trends, dann ist Ihnen in den letzten Monaten sicher eines aufgefallen: Das allmähliche Verschwinden von Mails, die für Aktien-Anlagen irgendwelcher Art in China werben. 

Das darf nicht erstaunen. Seit letzten Herbst, als die chinesischen Behörden Alibaba-Gründer Jack Ma quasi aus dem Verkehr zogen und den Mega-Börsengang von Ant untersagten, stehen Chinas Technologiefirmen unter massivem behördlichem Druck. Die Börsenkapitalisierung von Alibaba, einst die Vorzeige-Firma Chinas, hat sich seither fast halbiert.

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Dass nicht bloss Alibaba leidet, zeigen nun spätestens die Aktientransaktionen im zweiten Quartal der weltgrössten Vermögensverwalter, welche in den letzten Tagen bei der US-Börsenaufsicht SEC offengelegt wurden. TencentBaidu, Alibaba, GSX Techedu, IQiYi, Vipshop und wie sie alle heissen - es fand ein regelrechter Massenexodus aus chinesischen Technologie-Aktien statt. 

DIe Performance-Vergleichszahlen sind erdrückend: Der Hang Seng Index in Hongkong kam in den letzten zwölf Monaten auf eine Leistung von nicht einmal 2 Prozent. Die Tech-Börse Nasdaq in den USA legte im gleichen Zeitraum 36 Prozent zu, der Dow Jones 28 Prozent. Selbst der als träge verschriene Swiss Market Index kommt seit Mitte August 2020 auf einen Zuwachs von 22 Prozent. Oder soll's aktueller sein?

Der «Nasdaq Golden Dragon China Index», der 98 in den USA kotierte China-Aktien umfasst, stürzte allein im abgelaufenen Juli um 22 Prozent ab.Anleger, die aus politisch-ideologischen Gründen nie China-Aktien kauften, haben die Argumente nun auf ihrer Seite. Aber selbst sie könnten nun dem alten Anlegerreflex verfallen und auf abverkaufte Titel setzen. Davon ist schwer abzuraten.

Ganz abgesehen davon, dass bei Aktien wie Alibaba überhaupt keine Bodenbildung erkennbar ist, spielen vor allem zwei Entwicklungen eine entscheidende Rolle. Zum einen die Spannungen zwischen den USA und China auf wirtschaftlichem und immer mehr auf politischem Gebiet. Zum anderen, wichtiger noch, die neue ultraharte Hand der kommunistischen Partei in der Unternehmenslandschaft Chinas.

Nachdem den Machthabern in Peking die Tech-Konzerne und ihre schnöseligen Milliardäre entglitten waren, will die Regierung mit immer neuen Regulierungen die Kontrolle zurückerobern. Es geht um Datenhoheit, Finanzstabilität, Preissetzung, politische Rang- und Einordnung. Die Milliardenverluste an der Börse und der Vertrauensverlust der Investorenwelt sind Präsident Xi Jinping egal

Der Druck hat längst bei anderen China-Aktien eingesetzt, die nicht aus dem Tech-Sektor stammen. Denn mittlerweile fast täglich treffen neue Meldungen des Crackdowns in China ein. 

Bereits sind Bildungseinrichtungen sowie die Immobilien-, Versicherungs- und Gesundheitsbranche betroffen. Auch Lebensmittel-Aktien sind schon gefallen. Zu den Sektoren, die als nächstes ins Visier der Regulierer geraten könnten, gehören der Schönheitsbereich, die Haustierbranche oder die Logistik.

Es muss ja nicht ein Extrem-Szenario eintreten, dass internationale Investoren und Investorinnen dereinst überhaupt nicht mehr in China investieren dürfen. Doch zu vieles in China ist derzeit viel zu unsicher. Die Finanzmärkte hassen nichts mehr als Ungewissheit. In Abwandlung eines Börsen-Sprichwortes muss man bei China-Aktien klar festhalten: «Don’t buy the dip».

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Daniel Hügli
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