Das schweizerische Vorsorgesystem baut auf dem traditionellen Familienmodell auf: Ohne Trauschein erhalten Lebenspartner weder aus der AHV noch aus der beruflichen Vorsorge eine Rente und sind deshalb ungenügend abgesichert. Diese Vorsorgelücke entsteht jedoch nicht etwa, weil das Gesetz eine solche Rente ausschliesst. Im Gegenteil: Viele fortschrittliche Pensionskassen hätten noch so gerne Lebenspartnerrenten eingeführt, doch sie scheiterten an den restriktiven Bedingungen der Steuerbehörden. Deren Anspruchskriterien haben die Absicherung von Konkubinatspartnern bisher erfolgreich verhindert, was faktisch einem Verbot gleichkommt. Wer also bisher eine Lebensgemeinschaft geführt hat und seinen Partner über sein Ableben hinaus versorgt wissen wollte, musste eine private Todesfallversicherung abschliessen.
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll sich dies bald ändern: Mit der Umsetzung der ersten BVG-Revision, die für das Jahr 2005 geplant ist, können Konkubinatspaare – auch gleichgeschlechtliche – einander gegenseitig für den Todesfall absichern. Allerdings müssen dafür einige Bedingungen erfüllt sein. Erstens sind die Lebenspartner verpflichtet, unverheiratet zu sein, und sie dürfen in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis zueinander stehen. Zum Zweiten haben die beiden nachweislich seit mindestens fünf Jahren in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Und drittens muss der eine Leistung empfangende Partner vom Verstorbenen wenigstens während der letzten fünf Jahre bis zum Zeitpunkt des Todes massgeblich unterstützt worden sein.
Unter massgeblicher Unterstützung versteht der Gesetzgeber, dass die verstorbene Person mindestens die Hälfte der Kosten des gemeinsamen Haushaltes getragen hat. In der Praxis wird dies der besser verdienende Partner sein, der bei seinem Tod eine Lebenspartnerrente auslösen kann. Damit ist künftig im Konkubinat zumindest die Versorgungssituation für den Fall gelöst, dass der wirtschaftlich stärkere Partner stirbt.
Wer nun denkt, dass er bis 2005 oder noch länger warten muss, bis er seinen Lebenspartner begünstigen kann, der irrt sich. Denn die neue Pensionskasse des Bundes, die Publica, hat diese Lebenspartnerrente bereits heute eingeführt. Und erstaunlicherweise erhob die Steuerverwaltung dagegen keinen Einspruch. Dies hat sicherlich nichts damit zu tun, dass deren Beamte selbst auch in den Genuss dieser Lebenspartnerrente gelangen können – die Schweizerische Steuerkonferenz hat nämlich unversehens beschlossen, bis zum Inkrafttreten der ersten BVG-Revision die Reglemente von Pensionskassen zu akzeptieren, welche die Lebenspartnerrente gemäss obigen Bedingungen einführen.
Das grüne Licht aus Kreisen der Steuerverwaltung ermöglicht nun den Pensionskassen, diese Lebenspartnerrente als neue Leistung im Todesfall einzuführen. Zuständig hierfür ist der Stiftungsrat beziehungsweise die Vorsorgekommission. Die Kosten für diese kollektive Todesfallleistung sind gering und werden kaum zu Prämienerhöhungen führen, zumal sie kompensiert werden durch die rückläufigen Belastungen für die klassischen Witwenrenten. Mit einer kleinen Reglementsergänzung kann also die Lebenspartnerrente von allen Pensionskassen schnell und einfach ins Leistungsangebot integriert werden.
Was aber können Betroffene tun, wenn ihre Pensionskasse keine Lebenspartnerrente einführt? Als Versicherter kann man einen entsprechenden Antrag beim Stiftungsrat oder der Vorsorgekommission stellen. Die erforderlichen Dokumente zur Illustration und Begründung des Anliegens lassen sich problemlos aus dem Internet herunterladen, beispielsweise von der Publica-Homepage (www.publica.ch). Will der Stiftungsrat die Lebenspartnerrente jedoch nicht einführen, kann man ihn nicht dazu zwingen. In dem Fall ist man weiterhin auf die privaten Versicherungen der Säule 3b angewiesen. Zusätzlich kann dem Konkubinatspartner die gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a) vermacht werden, sofern keine Kinder oder Ehepartner vorhanden sind.