Rendite, Risiko, Liquidität – das genügt vielen Anlegern nicht mehr. Sie fordern eine Variable mehr: Nachhaltig muss das Geld angelegt sein. Banken reagieren auf das Bedürfnis mit neuen Anlageprodukten. Rechnen tut sich das für sie zwar nicht. Doch lohnenswert ist es trotzdem.

Ende 2016 waren in der Schweiz etwa 266 Milliarden Franken nachhaltig angelegt. Das sind fast 40 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Zwar schieben institutionelle Investoren wie Pensionskassen die Wachstumsraten an, doch auch Privatkunden investieren zunehmend gerne mit gutem Gewissen.

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Zentrale Anlaufstelle

Die Grossbank Credit Suisse hat kürzlich sogar eine eigene Abteilung für das Geschäft mit sogenannten sozialen Investments gegründet. Die Bank war zwar auch bisher im Bereich ethischer Anlagen tätig, etwa mit klimaneutralen Immobilienfonds oder Mikrofinanzierungen.

«Doch unser Engagement geht nun einen Schritt weiter», sagt Marisa Drew, Leiterin der neuen Einheit Impact Advisory and Finance Departement (IAF). «Wir sind mit einem eigenen Team bankintern über alle Divisionen und Funktionen hinweg mit dem Thema präsent. Die Abteilung ist die zentrale Anlaufstelle für alle Belange, welche Impact Investments betreffen», sagt sie.

Alle Kunden im Blick

Die bisherige Co-Leiterin EMEA der Division Investment Banking & Capital Markets ist daran, das Team aufzubauen. Wie gross es sein wird, ist noch nicht ganz klar. Sie wird von London aus agieren und etwa eine Woche pro Monat in Zürich sein. Dass ihre Einheit direkt an den CEO Tidjane Thiam rapportiert, unterstreiche die strategische Bedeutung der Abteilung für die Bank, sagt sie.

«Wir signalisieren damit, dass es uns ernst ist. Wir machen hier mehr als Lippenbekenntnisse», so Drew. Angesprochen werden alle Kunden, also nicht nur sehr vermögende Investoren, sondern auch Firmen, institutionelle Kunden und Private.

Positiver Zusammenhang

Mit Drews Team zu tun haben werden darum auch diverse Abteilungen der Bank. Die Aufgaben des Teams gehen über die Koordination hinaus und umfassen die Schulung der Bankmitarbeitenden an der Kundenfront. Denn soziale Anlageprodukte setzten anderes Wissen voraus und ziehen sicherlich andere Diskussionen – auch über Werte – mit sich.

Seit den 1970-er Jahren untersuchen Forscher die Beziehungen zwischen Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien und den Unternehmenserfolgen. Der Grossteil der wesentlichen Studien weist positive Zusammenhänge nach. Zu diesem Schluss kommen die deutschen Forscher Gunnar Fried, Timo Busch und Alexander Bassen in einer Studie über Studien. Mehr als 2000 wissenschaftliche Arbeiten haben die Ökonomen dafür untersucht.

Wandel im Image

Doch warum kommt die gute Nachricht erst jetzt an bei Privatanlegern? Gemäss Alex Tobler, Verantwortlicher für nachhaltige Geldanlagen bei der Berner Kantonalbank (BEKB), hat dies vor allem mit einem Imagewandel der angebotenen Anlageprodukte zu tun. «Noch vor 10 Jahren wurde Nachhaltigkeit gleichgesetzt mit Investitionen in ökologische Projekte wie Solaranlagen», sagt er.

Doch die Solarbranche wurde zur Blase, platzte, viele Anleger verloren Geld. «Bei Sparer blieben nachhaltige Anlagen oftmals in Erinnerung als Investitionen mit Minderrenditen», sagt Tobler, der eine Dissertation zum Thema schreibt.

Dreistufiges Auswahlverfahren

Zudem ist der Begriff der Nachhaltigkeit heutzutage breiter gefasst. Unter Impact Investing versteht Marisa Drew Anlagen, welche messbare soziale oder ökologische Verbesserungen mit sich bringen. «Und finanzielle Rendite bringen», betont sie. Damit unterscheiden sich die Produkte von der Philanthrophie, bei denen meist sehr reiche Kunden Gelder für gemeinnützige Zwecke bereitstellen. Bei der BEKB sind damit Anlagen gemeint, die auf die längerfristige Entwicklung bedacht sind und nicht auf rein finanzielle Kriterien fokussieren.

Nachhaltige Produkte der BEKB durchlaufen dabei ein dreistufiges Verfahren, um sicherzustellen, dass nur in verantwortungsvoll handelnde Unternehmen investiert wird. Dabei werden zuerst in kontroversen Geschäftsfeldern und Geschäftspraktiken tätige Firmen ausgeschlossen, danach die Klassenbesten ausgewählt und anschliessend nach ökonomischen Kriterien priorisiert.

Zu den kontroversen Geschäftsfeldern gehören unter anderem fossile Brennstoffe oder Rüstung. «Die Zuteilung der Unternehmen, Branchen und Anlageprodukte ist ein dynamischer Prozess», sagt Tobler.

Viel Erklärungsbedarf

Dynamisch ist auch die Wechselwirkung zwischen Angebot und Nachfrage. Dass Banken mit ihren Angeboten werben, ist für Manfred Stüttgen, Dozent am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ nur folgerichtig. «Der Begriff ‹Marketing› tönt in diesem Kontext allerdings manchmal abschätzig. Denn nachhaltige Anlagen sind ein echtes Kundenbedürfnis, das von Anbietern befriedigt wird», sagt er.

Dass die Banken mit nachhaltigen Anlagen mehr Geld verdienen als mit konventionellen Anlagen, glaubt er indes nicht. «Im Gegenteil. Die Produkte sind erklärungsbedürftig und darum aufwändig», sagt er. Eher gelte es, mit diesen Angeboten neue Kunden zu gewinnen und bestehende Kunden zu binden.

(sda/jfr)