Frühpensionierungen kommen immer häufiger vor. Denn viele haben den Wunsch, vor der gesetzlichen Altersgrenze in Pension zu gehen. «Auf dieses Thema werden wir zunehmend angesprochen», konstatiert denn auch Max Bolanz, einer der beiden Gründer und Geschäftsführer des VZ VermögensZentrums, das auf die finanzielle Gesamtberatung einer weit gehend privaten Klientel spezialisiert ist. Aber die Frühpensionierung ist eine kostspielige Angelegenheit. Denn das bis zur ordentlichen Pensionierung fehlende Einkommen muss in aller Regel entweder durch einen Vorbezug von AHV- und Pensionskassenrente oder durch den Verzehr von bestehendem Vermögen finanziert werden.

AHV- und Pensionskassenrente können allerdings nicht beliebig lange im Voraus abgerufen werden. Während die AHV zurzeit einen Vorbezug von maximal zwei Jahren erlaubt, gibt es bei den Vorsorgeeinrichtungen der Unternehmen unterschiedliche Lösungen. Massgebend sind die Reglemente der jeweiligen Pensionskasse. Gerade bei einer Frühpensionierung kann es sinnvoll sein, Altersleistungen vorzubeziehen. So etwa aus der parallel angesparten Säule 3a, um Auszahlungen nicht zu kumulieren und so die Steuerprogression zu brechen.

Wer frühzeitig aus dem Berufsleben aussteigt, muss jedoch eine lebenslange Kürzung der Rente hinnehmen. So reduziert sich nach den Erfahrungen des VZ beispielsweise eine um fünf Jahre vorgezogene Pensionskassenrente im Normalfall um etwa 30 Prozent, eine um zwei Jahre vorgezogene AHV-Rente um bis zu knapp 14 Prozent.

Doch solche Lücken lassen sich schliessen, wenn man zeitig Vorsorge trifft und die Pensionskasse zudem noch Hand dazu bietet. Wie etwa bei der Julius-Bär-Gruppe, wo die Angestellten ab dem 58. Lebensjahr vorzeitig in Pension gehen können. Das ordentliche Rücktrittsalter beträgt für weibliche wie männliche Beschäftigte 63 Jahre. «Die Frühpensionierung ist bei uns sehr attraktiv», sagt Adrian Giger, Geschäftsführer der Personalvorsorgestiftungen der Bankengruppe. «Wer beispielsweise im Alter von 58 Jahren in Pension geht, muss eine Kürzung der Pensionskassenrente von lediglich 14 Prozent hinnehmen, obwohl sich versicherungstechnisch eine Lücke von über 30 Prozent ergibt.» Die Differenz zahle die Vorsorgeeinrichtung.

Diese Kürzung – das heisst Lücke – bei den so genannten Altersgutschriften von in diesem Fall 14 Prozent kann jedoch vorfinanziert werden, indem sich der Frühpensionär bei der Vorsorgeeinrichtung der Julius-Bär-Gruppe mit dem entsprechenden Betrag einkauft. «Insbesondere im Hinblick auf eine vorzeitige Pensionierung werden Einkäufe bei uns häufig genutzt», so Giger.

Solche Einkäufe in die Pensionskasse sind vor allem für Personen mit höherem Einkommen interessant – ab einem Grenzsteuersatz beziehungsweise einer Progression von etwa 20 Prozent –, weil diese Einzahlungen grundsätzlich vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden können. Dafür langt der Fiskus aber bei der Inanspruchnahme der Leistungen künftig noch mehr zu. Die Pensionskassenrenten werden beim Bund wie in allen Kantonen ab 2002 zu 100 Prozent als Einkommen besteuert. Wer vor dem 1. Januar 2002 Rente bezieht, muss in der Regel nur 80 Prozent der Rente versteuern, und das ein Leben lang.

«Da ist es dann schon eine Überlegung wert, ob der Einkauf in die Pensionskasse bis zu einem gewissen Grad noch Sinn macht», gibt Christoph Oeschger zu bedenken. Gleichzeitig relativiert der Geschäftsführer der ABB-Pensionskasse aber auch: «Ein in zehn Jahren bezahlter Steuerfranken ist bekanntlich weniger wert als ein heute bezahlter.» Und neben diesem Steueraufschub lasse sich durch über Jahre gestaffelte Pensionskasseneinkäufe die steuerliche Progression brechen.

Beim Kapitalbezug des Pensionskassengeldes wird die Steuer beim Bund und in den meisten Kantonen jedoch getrennt vom übrigen Einkommen berechnet, und dies zu reduziertem Steuersatz. Denn auch beim Kapitalbezug vor dem 1. Januar 2002 fällt in der Regel eine geringere Besteuerung an. So lässt sich noch eine schöne Rendite erzielen.

Die Spezialisten vom VZ rechnen das anhand eines Beispiels vor: Wird das Alterskapital zum gesetzlichen Minimalsatz von vier Prozent verzinst, resultiert aus einem Einkaufsbetrag von 50 000 Franken nach zehn Jahren ein zusätzliches Pensionskassenguthaben von 74 000 Franken. Bei einem Grenzsteuersatz von 30 Prozent reduziert die Steuerersparnis den Kapitaleinsatz von 50 000 auf 35 000 Franken. Berücksichtigt man noch die Steuern beim Kapitalbezug, beträgt die Nettorendite 6,6 Prozent. Dasselbe Beispiel mit einem Grenzsteuersatz von 40 Prozent berechnet, ergibt eine Nettorendite von über 8 Prozent. Zu beachten ist, dass die auf die Kapitalauszahlung erhobene Steuer je nach Gemeinde unterschiedlich ist und auch von der Höhe der Auszahlung abhängt.

Seit Jahresbeginn sind der Einkauf in eine Vorsorgeeinrichtung und damit auch der steuerrechtliche Einkommensabzug nur noch in begrenztem Umfang möglich. Vorher konnten die von Arbeitnehmern und Selbstständigerwerbenden geleisteten Einkaufsbeträge an die Vorsorgeeinrichtung vollumfänglich vom Einkommen in Abzug gebracht werden. Seit Anfang Jahr berechnet sich der von den Steuern abziehbare Maximalbetrag in der Regel wie folgt: oberer BVG-Grenzbetrag zum Zeitpunkt des Eintritts in die Pensionskasse, multipliziert mit der Anzahl Jahre vom Eintritt in die Vorsorgeeinrichtung respektive vom Einkaufsantrag bis zum Erreichen des ordentlichen Pensionsalters. Dieser Grenzbetrag stellt sich derzeit auf 74 160 Franken; BVG steht für das Gesetz über die berufliche Vorsorge.

Ob Lücken in der privaten Altersvorsorge bestehen und in welcher Höhe, kann man bei der Pensionskasse erfragen. Es sei denn, dass dies nicht erforderlich ist, weil der mögliche, aktuelle Einkaufsbetrag dem jährlich zugestellten Versicherungsausweis zu entnehmen ist wie etwa bei den Pensionskassen von Julius Bär oder ABB. Die BVK-Vorsorgeeinrichtung für das Personal des Kantons Zürich teilt ihren Versicherten immerhin beim Eintritt mit, welche zusätzlichen Einlagen sie noch leisten können. Mit freiwilligen Beiträgen seine Versicherungsleistungen verbessern kann fast jeder. «Einkaufslücken im Sinn von möglichen Nachzahlungen haben beinahe alle», stellt Christoph Oeschger fest. Immerhin betreut die ABB-Pensionskasse rund 8000 im Berufsleben stehende Versicherte sowie 8500 Rentner.

Doch manches Unternehmen wie auch die öffentliche Hand bieten ihren Beschäftigten darüber hinaus Hilfestellung. «Chancen sinnvoll nutzen» heisst ein im ständigen Turnus von den Arbeitgebern des Kantons Zürich organisiertes Seminar, an dem auch die Pensionskasse ihren Part bestreitet. «Da erklären wir unter anderem, welche Einkaufsmöglichkeiten bestehen oder wann und zu welchen Bedingungen man sich vorzeitig pensionieren lassen kann», sagt BVK-Leiter Rolf Huber. Und welche Überbrückungsleistungen für allenfalls noch fehlende AHV-Jahre geboten werden. Unter dem Logo «Älter werden» hat die ABB-Pensionskasse Lebenshilfe für all die Mitarbeiter institutionalisiert, die das 56. Lebensjahr vollendet haben. Diese werden dann mit dem Ehe- oder Lebenspartner eingeladen, sich über vorzeitige Pensionierung sowie deren steuerliche Auswirkungen oder auch die Folgen eines Wegzugs ins Ausland zu informieren.

Wohl nicht unbedingt typisch für den Grossteil der Belegschaft der ABB – doch den Lebensabend im sonnigen Süden oder an den Gestaden Floridas kann man sich auch steuerlich noch versüssen. Denn bei einem Wohnsitz im Ausland werden die angesparten Vorsorgegelder der Säulen 2 (Pensionskasse) und 3a (steuerlich begünstigte, freiwillige Vorsorge) meist zu tieferen Sätzen besteuert. Hat der Empfänger bei der Auszahlung seinen Wohnsitz in der Schweiz, muss er die Gelder als Einkommen versteuern, allerdings gesondert vom übrigen Einkommen und zu einen tieferen Satz. Wer bei der Kapitalauszahlung im Ausland wohnt, hat Quellensteuer zu bezahlen. Die Vorsorgestiftung zieht diese Steuer direkt vom Kapital ab. Bei Deklaration des Geldes im Wohnsitzland kann man die Quellensteuer zurückfordern, vorausgesetzt, es besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz. Allerdings gilt es zu bedenken, dass die Steuerbelastung im Ausland meist höher ist.

Je nach Kanton unterscheidet sich der Quellensteuerabzug allerdings erheblich. Wer die richtige Vorsorgestiftung respektive bei der Einrichtung eines Freizügigkeitskontos die richtige Bank wählt, kann viel Geld sparen. So sind bei einer Kapitalauszahlung von 600 000 Franken im Kanton Baselland 32 350 Franken an den Fiskus abzuführen, im Kanton Jura ist es mit 130 505 Franken mehr als das Fünffache. Also gilt es genau abzuklären, wo der juristische Sitz der Vorsorgeeinrichtung oder Bank ist, weil dieser häufig nicht mit dem Sitz der Niederlassung übereinstimmt. Noch mehr sparen kann, wer mehrere Vorsorgekonti einrichtet und das Geld über eine Reihe von Jahren gestaffelt bezieht. So lässt sich nämlich die Steuerprogression brechen.

Ob Frühpensionierung oder normaler Übergang ins Leben eines Rentners, einer der wichtigsten Entscheide ist: Soll das Pensionskassengeld als Rente oder als Kapital bezogen werden? Eine Patentlösung gibt es nicht, aber die Erfahrung aus der Praxis. «Wer wohlhabend ist, entscheidet sich eher für den Kapitalbezug, weil dann das Gesamtvermögen eine komfortable Grösse darstellt, um das Einkommensziel sicherzustellen», beobachtet Max Bolanz vom VZ. Je knapper man rechnen müsse, desto riskanter sei die Entnahme des Kapitals aus der Pensionskasse.

Bei Kapitalauszahlung ist die Einkommenshöhe abhängig von der gewählten Anlagestrategie. «Je nach Anlagekonzept sollte der Nettoertrag des Kapitals zwischen vier und sieben Prozent liegen», heisst es beim VZ. Dann muss man sich allerdings aktiv um die Verwaltung seines Vermögens kümmern, was den nötigen Sachverstand voraussetzt. Die Betreuung durch Anlageexperten wiederum kostet zwar in aller Regel. Doch sollten die Mindereinnahmen durch eine bessere Performance wettgemacht werden.

Da ist der lebenslange Bezug der Pensionskassenrente bequemer und weniger risikoreich, ist dieses regelmässige Einkommen von Börsen- und Zinszyklen doch weit gehend unabhängig. Allenfalls der Teuerungsausgleich oder Sonderzahlungen können vom Geschehen an den Finanzmärkten abhängen. Die Höhe der Rente wird bei den Beitragsprimatskassen – das sind mittlerweile die meisten – durch das angesammelte Pensionskassenguthaben zum Zeitpunkt der Pensionierung bestimmt und durch den Rentenumwandlungssatz, der die Höhe der jährlichen Rente in Prozent des vorhandenen Kapitals ausdrückt. Bei einer regulären Pensionierung beträgt dieser gesetzlich vorgeschriebene Umwandlungssatz derzeit 7,2 Prozent. Bei früherer Pensionierung werden dieser Satz und damit die Rente gekürzt, wobei die Vorsorgeeinrichtung den Umfang der Kürzung festlegt. Im Rahmen der laufenden BVG-Revision ist eine stufenweise Senkung des Umwandlungssatzes auf 6,65 Prozent bis 2016 vorgesehen, was zu entsprechend tieferen Leistungen führt.

Doch für den Entscheid, ob Bezug von Rente oder Kapital bei der Pensionierung, sind noch eine ganze Reihe weiterer Überlegungen anzustellen. Wie hoch ist gemäss Pensionskassenreglement die Rente für den überlebenden Ehepartner? Erwachsene Kinder und Konkubinatspartner haben oft keine, sonstige Hinterbliebene überhaupt keine Ansprüche auf die Pensionskassenrente oder auf Teile des Pensionskassenguthabens. Soll nach dem Ableben des Versicherten das Geld für die Nachkommen teilweise oder ganz verloren sein? Der Kapitalbezug ermöglicht ein ungeschmälertes Einkommen auch über den Tod des Versicherten hinaus. Selbst wenn nach einem Kapitalbezug zum Zeitpunkt des Todes auch nicht mehr das volle Pensionskassenguthaben vorhanden ist, weil Teile davon verzehrt worden sind, so kann immer noch ein beträchtlicher Betrag verbleiben, der den Nachkommen zugute kommt.

Die Thematik Rente oder Kapital sowie auch das Kapitel Frühpensionierung sind so komplex, dass sich hierfür die Kosten für eine professionelle Beratung lohnen. Besonders aktuell ist das jetzt für all diejenigen, die kurz vor der Pensionierung stehen. Wie zuvor erwähnt, werden die Pensionskassenrenten ab dem 1. Januar 2002 im Bund zu 100 Prozent dem steuerbaren Einkommen zugerechnet und nicht wie bis anhin in der Regel zu 80 Prozent. In den Kantonen erfolgt eine ähnliche Anpassung, sodass der kumulierte Steuereffekt erheblich sein kann. Daher kann es sich lohnen, den Pensionierungszeitpunkt um einige Monate früher anzusetzen. Denn die Steuerersparnis kompensiert je nach Wohnort die tiefere Rente. Bei einem Kapitalbezug der Pensionskassenrente vor dem 1. Januar 2002 kann der Steuereffekt je nach Höhe des Betrages wegen der Progression sogar noch deutlich höher ausfallen.
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