Was nur tun mit dem Telefonanschluss? Soll man den süssen Werbeversprechungen glauben und mit Sack und Pack zu Diax wechseln? Oder die Handys Orange anvertrauen, das Festnetzabonnement Sunrise und den Internetanschluss MCI Worldcom? Oder dem Entscheidungsproblem aus dem Weg gehen und doch lieber bei der Swisscom bleiben? Seit der Deregulierung des Telekommunikationsmarktes vor zwei Jahren gibt es kaum ein Unternehmen in der Schweiz, dass sich diese Fragen noch nicht gestellt hätte.

Die Antwort wird immer schwieriger. Denn laufend kommen neue Anbieter auf den Markt, wird das Leistungsspektrum unübersichtlicher und der Tarifdschungel undurchdringlicher. Dabei ist die Telekommunikation in vielen Branchen nicht nur zum Kosten-, sondern auch zum kritischen Erfolgsfaktor geworden: Wer sich für den richtigen Carrier entscheidet, kann nicht nur viel Geld sparen, sondern auch von Leistungen profitieren, welche die eigene Wettbewerbsfähigkeit direkt verbessern. Oder das Gegenteil bewirken, wenn man den falschen Anbieter erwischt hat.

Höchste Zeit also, Werbebroschüren und Preislisten auf die Seite zu legen und jene zu Wort kommen zu lassen, welche die neue Freiheit im Telekommarkt aus eigener Erfahrung beurteilen können. Exklusiv für die bilanz hat die Telecom User Group (TUG), die schweizerische Vereinigung der Benutzer öffentlicher Telekommunikationsdienste, 1500 Informatik- und Telekomleiter aus den verschiedensten Schweizer Unternehmen befragt: Wie gut sind bei Ihrem Carrier der Kundendienst, die Qualität und die Verfügbarkeit der versprochenen Leistungen? Wie innovativ sind die angebotenen Dienste, wie kompetitiv ist das Preis-Leistungs-Verhältnis, wie übersichtlich die Rechnungsstellung? Die Antworten erlauben erstmals Aufschlüsse über den Schweizer Telekommarkt: Wer ist der beste Anbieter für Fixnetz und Mobilfunk, für Netzwerkdienste und den Internetzugang? In jedem der vier Gebiete gibt es einen klaren – und überraschenden – Gewinner.


FIXNETZ
Beim Fixnetz, dem wichtigsten und am härtesten umkämpften Bereich im Telekommunikationsmarkt, geht die Trophäe an GlobalOne: Der in Zürich domizilierte Anbieter erzielt fast überall Bestnoten (siehe «And the winner is … GlobalOne!» auf S. 52). Auf Platz zwei landet die Firma Netnet, die sich hauptsächlich als Telekombroker betätigt und daher keine eigenen Leitungen hat. Stattdessen kauft sie auf dem internationalen Markt Überkapazitäten auf und schaltet ihre 1500 Schweizer Kunden – hauptsächlich KMU – je nach Verfügbarkeit auf verschiedene Netze. Rechnungsstellung, Service und Beratung erhält der Kunde aber aus einer Hand. Offensichtlich mit Erfolg, denn bereits letzten Mai erhielt die Firma von der Wirtschaftszeitung «Cash» und dem Telemarketingunternehmen Teleperformance die Auszeichnung für die beste Servicehotline aller Schweizer Unternehmen.

Und wo landet der Ex-Monopolist? Die Swisscom, immer noch mit Abstand grösster Schweizer Telekomanbieter, erreicht nur den vorletzten Platz. Bei Qualität und Verfügbarkeit der Netze, ihren beiden traditionellen Stärken, erhält sie zwar leicht überdurchschnittliche Noten. Doch bei den anderen Kriterien wird sie von ihren Abonnenten abgewatscht: Schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis, ungenügender Kundendienst, unbefriedigende Rechnungsstellung, zu wenig Innovationen werfen ihr die Befragten vor. Marketingleiter Heinz Karrer (im Gegensatz zu allen anderen Anbietern wollte Swisscom-Chef Jens Alder nicht persönlich zu den Ergebnissen Stellung nehmen) geht in Verteidigungsposition: «Das Ergebnis erstaunt mich. Die uns vorliegenden Studien zeigen andere Resultate, gerade was den Kundendienst angeht.» Bezüglich der mangelnden Innovationsfähigkeit sagt er: «Da gibt es einen Unterschied zwischen Wahrnehmung und Realität» und meint damit das Imageproblem des Ex-Monopolisten: «Vielleicht verkaufen wir uns auch zu schlecht.»

Den mit Abstand letzten Platz im Fixnetzranking belegt – vielleicht etwas unerwartet – Sunrise. CEO Urs Fischer ist vom schlechten Abschneiden überrascht: «Der Erfolg am Markt spricht eine andere Sprache.» In der Tat ist das Unternehmen, das vor zwei Jahren als erstes die Swisscom herausforderte, heute der grösste alternative Anbieter in der Schweiz. Und wurde dabei offensichtlich Opfer des eigenen Erfolges: Beim Kundenservice und der Dienstleistungsqualität erzielt Sunrise die schlechtesten Resultate. «Im Herbst, als wir durch eine Phase besonders stürmischen Wachstums gingen, hatten wir Problemfälle, deren Lösung länger gedauert hat», gibt Fischer zu. Seither hat Sunrise für seine Unternehmenskunden eine eigene Hotline eingerichtet. Das schlechte Abschneiden beim Kriterium Qualität kann sich Fischer jedoch nicht erklären: «Unsere eigenen Umfragen zeigen ein anderes Bild.»

Auch Diax, neben Sunrise der zweite grosse Herausforderer der Swisscom, erzielt kein Glanzergebnis. «Der grosse Erfolg im Mobilfunk hat uns im Festnetz Probleme bereitet», sagt Hans-Peter Aebi, VR-Präsident und bis vor kurzem Interims-CEO von Diax. So hatte er insbesondere Mühe, für den Ausbau des Kundendienstes genügend Leute zu bekommen. Der Markt hat es registriert, wie das Umfrageergebnis zeigt.

Auffallend ist, dass die Universalanbieter Sunrise, Swisscom und Diax die Schlusslichter des Rankings bilden, während die vorderen Plätze an Nischenplayer gehen. Wer dabei manchen aus der Werbung bekannten Namen wie Tele 2, Econophone oder One.tel in der Rangliste vermisst, sollte sich nicht wundern. «Diese Anbieter haben sich hauptsächlich auf den Privatkundenmarkt fokussiert; keines der 1500 befragten Unternehmen war bei ihnen Kunde», sagt Martin Heuschkel, Präsident der TUG und damit Hauptverantwortlicher für die durchgeführte Studie. Aber auch verschiedene auf Geschäftskunden spezialisierte Carrier wie Colt, Equant oder Interroute mussten aus der Wertung genommen werden: Sie erhielten von den Befragten schlicht zu wenig Nennungen, als dass die Ergebnisse repräsentativ wären.


MOBILFUNK
Leichter war die Wertung da schon im Mobilfunk. Nur Swisscom, Diax und Orange besitzen für den Schweizer Markt eine Konzession. Im bilanz-Rating liegen alle drei eng beieinander; der erste Platz geht dabei knapp an Diax. Dass die Swisscom in ihrer eigentlichen Paradedisziplin nur mittelmässig abschneidet, liegt einmal mehr am unbefriedigenden Preis-Leistungs-Verhältnis. Zudem kommt ihr wichtigster Pluspunkt, nämlich die gegenüber der Konkurrenz grössere Netzabdeckung, weniger zum Tragen, weil die Mehrzahl der Unternehmen in den Ballungsgebieten angesiedelt ist, die auch Diax und Orange inzwischen fast lückenlos abdecken. Mit der Swisscom quasi gleichauf liegt Orange. Die unterdurchschnittliche Wertung beim Kriterium Qualität liegt wohl darin begründet, dass Orange im Vergleich zu den anderen Anbietern das jüngste und damit am wenigsten optimierte Netz hat. Dagegen wird das Unternehmen als Preisbrecher gesehen, obwohl es zum Zeitpunkt der Umfrage kaum billiger als Diax war.

Insgesamt sind die Abonnenten aller drei Handyoperators mit den gebotenen Leistungen wenig zufrieden – die Punktezahlen beim Mobilfunk liegen deutlich unter den Wertungen im Fixnetz. «Der Kunde legt auch beim Mobilfunk den Massstab des Festnetzes an, was Zuverlässigkeit und Qualität der Verbindung betrifft», erklärt Heinz Karrer den Unterschied. «Aber drahtlose Telefonie kommt noch nicht an die Qualität des Fixnetzes heran.»


CORPORATE NETWORKS
Deutlich reifer ist dagegen der Markt für Corporate Networks, also Netzwerkdienste, die hauptsächlich für den Datenaustausch verwendet werden. Er wurde bereits vor neun Jahren liberalisiert; entsprechend lange hatten die privaten Anbieter Zeit, ihr Leistungsniveau den Kundenbedürfnissen anzupassen. Am besten gelang dies GlobalOne: Ebenso wie beim Fixnetz belegt das Unternehmen Platz eins. Die folgenden Ränge gehen wiederum an Nischenanbieter: Colt beispielsweise spezialisiert sich auf Grosskunden mit hohen Volumen und Qualitätsanforderungen (etwa im Finanzbereich), die auch einen entsprechenden Preis dafür zu zahlen bereit sind.

Sunrise schneidet in Networkbereich deutlich besser ab als im Fixnetz; die Swisscom leidet an den bereits bekannten Schwächen und belegt wiederum den vorletzten Platz. «Swisscom hat es noch nicht geschafft, sich von einem technologiegetriebenen zu einem kundenorientierten Unternehmen zu wandeln», kommentiert Nigel Deighton, Telekomexperte bei der Gartner Group, das Abschneiden. Noch schlechter als der Ex-Monopolist ist nur noch Unisource, ein Joint Venture, das die Swisscom zusammen mit der schwedischen Telia und der holländischen KPN aufgezogen hat. Das Konsortium, das sich auf internationale Grosskunden spezialisiert hatte und mit dem amerikanischen Grosscarrier AT&T zusammenarbeitete, stand von Anfang an unter einem schlechten Stern: Es dauerte lange, bis sich die drei beteiligten Carrier, die jeweils verschiedene Hauslieferanten haben, untereinander auf eine gemeinsame technologische Plattform geeinigt hatten. Massiver Abgang von Personal in Schlüsselpositionen sorgte dafür, dass die Verfügbarkeit der Netzdienstleistungen nicht immer garantiert war. In den letzten Monaten wurde das Joint Venture Stück für Stück demontiert. Ende März wird Unisource endgültig aufhören zu existieren; ihre Kunden wird Infonet übernehmen, an der die Swisscom ebenfalls beteiligt ist.

Zu wenig Nennungen für ein repräsentatives Ergebnis erhielten unter anderem Infonet, Multilink oder Cable & Wireless. Diax wird erst ab Mitte dieses Jahres in den Markt für Corporate Networks einsteigen und damit neben der Swisscom der zweite echte Universalanbieter sein.

INTERNET
Viele verschiedene Anbieter tummeln sich auf dem Markt für den Internetzugang, auch Internet Service Providing (ISP) genannt. Eine entsprechend grosse Bandbreite zeigt sich auch bei den Ergebnissen, wobei erneut einige Anbieter (unter anderem GlobalOne) wegen zu wenig Nennungen aus der Wertung genommen werden mussten.

Am besten schneidet IP Plus ab – was wiederum eine kleine Überraschung ist: Denn bei IP Plus handelt es sich um eine in der Öffentlichkeit bisher wenig bekannte Tochter der Swisscom. IP Plus zeigt, dass der Ex-Monopolist durchaus zu Spitzenleistungen fähig ist. Bezeichnend ist allerdings, dass IP Plus unabhängig von der bestehenden Infrastruktur auf der grünen Wiese aufgebaut wurde. So verfügt IP Plus, die sich auf Grosskunden spezialisiert, auch über ein eigenes Backoffice und einen eigenen Kundendienst.

Nur im Mittelfeld landet die zweite Swisscom-Tochter Blue Window, die sich auf Privatkunden und Kleinunternehmen konzentriert und daher weniger breitbandige Internetauffahrten als IP Plus bietet, dafür aber einen Portalservice. Sunrise macht als ISP jene Punkte gut, die sie im Festnetz verloren hat, und erreicht Platz zwei. Diax kommt mit seinem Internetangebot D-Planet nur auf ein unbefriedigendes Ergebnis. «Das Potenzial von D-Planet wird unterschätzt», meint dazu Diax-Chef Aebi. Das schlechteste Resultat aller Anbieter erzielt SwissOnline: Der Internetdienst, der aus dem alten Videotex-Service entstanden ist und daher viele KMU als Kunden hat, ging letzten Sommer durch eine regelrechte Problemphase. Weil der Mailserver während rund zweier Wochen völlig überlastet war, konnten E-Mails zum Teil tagelang nicht zugestellt werden. Die Erfahrung wirkt bei den Kunden bis heute nach: «Ich weiss, dass wir noch nicht am Ziel sind», kommentiert Interims-CEO Oskar Geisshüsler. «Aber dass die Ergebnisse so erschütternd sind, hätte ich nicht erwartet.» Seither hat SwissOnline die Infrastruktur massiv ausgebaut.

Das Fazit des Bilanz-Rankings: Den universell besten Carrier kann es nicht geben, denn ausser der Swisscom ist in der Schweiz noch kein Anbieter in allen vier untersuchten Bereichen aktiv. Doch klar ist: Die Nischenplayer sind die grossen Gewinner. Weil sie sich auf ein beschränktes Kundensegment konzentrieren, können sie seine Bedürfnisse besser erfüllen. GlobalOne, das in zwei der vier Kategorien den ersten Rang belegt, ist dabei der eigentliche Sieger.

Universalanbieter wie Sunrise erreichen dagegen keine Spitzenplatzierungen. Auch Diax landet ausser beim Mobilfunk, wo wenig Konkurrenz herrscht, nur im Mittelfeld. Noch düsterer sieht es für die Swisscom aus, die fast durchweg schlechte Ergebnisse einfährt. «Die Swisscom hat fast in allen Umfragen Mühe», kommentiert Telekomexperte Jörg Halter, der die Studie ausgewertet hat, das Imageproblem des Ex-Monopolisten. Denn manche Kunden hofften, durch ihre Kritik die Swisscom zu kompetitiveren Leistungen anzuspornen und sich dadurch selber einen Carrierwechsel zu ersparen. Zumal der Schweizer Markt gerade im Firmenkundengeschäft äusserst umkämpft ist. So haben die Gewinner des Ratings, GlobalOne, Diax und IP Plus, zwar Grund zu Freude, doch auf ihren Lorbeeren ausruhen können sie sich nicht. Gut möglich, dass nächstes Jahr, wenn die Umfrage wiederholt wird, ganz andere Carrier auf dem Siegertreppchen stehen.

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