Wincasa, Livit - und die Partners Group: Der Kampf um das Mehrfamilienhaus

Im Mieterland Schweiz haben die meisten früher oder später mit diesen Branchenvertretern zu tun: Sie schicken ihnen Briefe, lassen den Rasen mähen und wählen die Nachbarn aus. Die Rede ist von Immobilienbewirtschaftern, die sich um Mehrfamilienhäuser kümmern. Es sind Firmen wie Livit, Wincasa, Apriona. Nun stösst ein weiterer Name hinzu: Partners Group, die im SMI gehandelte Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Zug. Wobei das nicht ganz richtig ist, denn das verschwiegene Unternehmen wird nicht in einer überraschenden strategischen Wende zum Hauswart. Es finanziert vielmehr auf Umwegen einen neuen Immobilienbewirtschafter mit dem Namen Intercity Gribi. Auf Umwegen heisst: über Frankreich. Intercity Gribi ist eine Neugründung der Lausanner DBS und der Intercity aus Zürich. DBS wiederum gehört Foncia aus Paris, dem grössten Immobilienbewirtschafter Europas. Und Foncia ist mehrheitlich im Besitz der Partners Group. Das Ziel: Marktleader werden Das Ziel des neuen Immobilienbewirtschafters Intercity Gribi ist einfach – und eine Kampfansage. «Wir wollen in der Schweiz Marktführer werden, wie in allen Ländern, wo wir tätig sind», sagt Philippe Salle, Konzernchef von Foncia. Das Joint Venture soll also Livit und Wincasa überrunden, die beiden bedeutendsten Immobilienverwalter. Und den Marktanteil von heute rund 10 auf 20 bis 30 Prozent steigern. Der Zusammenschluss kann nicht überraschen, denn er spiegelt einen Trend: In der Immobilienbewirtschaftung geben zunehmend grosse Konzerne den Ton an. «There are big sharks and small fish», beschreibt es Foncia-Chef Philippe Salle. Und für die Anbieter in der Mitte ist weniger Platz im Teich. So schluckte der Immobiliendienstleister Avobis in diesem Frühjahr den Bewirtschafter Verit. Auch Foncia will mit Intercity Gribi weitere Deutschschweizer Anbieter übernehmen. Christoph M. Steiner, Präsident vom Svit Zürich (Schweizerischer Verband der Immobilienwirtschaft) beobachtet einen Konsolidierungsprozess. «In der Branche bilden sich zentrale Player und die Dienstleistungen werden zunehmend austauschbar», sagt Steiner, der als Partner selber eine mittelgrosse Immobilienfirma (IT3 Immobilien) in Zürich führt. Auch Walter Angst vom Mieterverband Zürich spricht von «massiven Verschiebungen auf dem Markt seit den 2000er-Jahren». Die grossen Immobilienkonzerne und Investoren lagerten immer mehr Aufgaben rund um das Haus in Tochtergesellschaften oder an externe Anbieter aus. Tatsächlich haben die meisten der grossen Anbieter einen starken Eigner im Hintergrund: Livit ist im Besitz des Versicherers Swiss Life, Wincasa gehört der Immobilienfirma Swiss Prime Site. Und Apleona und Privera werden von Finanzinvestoren gesteuert. Was sind die Gründe für die Konsolidierung? Philippe Salle von Foncia spricht von «Skaleneffekten»: «Grösse ist ein Vorteil.» Walter Angst vom Mieterverband beschreibt den Prozess mit etwas anderen Worten: «Die Immobilieninvestoren versuchen, ihre Rendite zu steigern, indem sie die Wertschöpfungskette immer weiter unterteilen. Dies ist sicher nicht im Sinne der Mieter. Die Qualität der Dienstleistung leidet.» Auslese durch Digitalisierung Auch die Digitalisierungswelle sorgt für Bewegung im Markt. Die Branche muss massiv in neue Technologien investieren. Für die grossen Anbieter rechnet es sich schneller, neue Hard- und Software anzuschaffen und digitale Tools zu lancieren – kleinere Unternehmen haben die dafür nötigen Mittel oft nicht. Der Branchenverband Svit Zürich hat darum eine Digitalisierungsinitiative namens Futureboard gestartet und zudem den «Digital Kompass», eine Digitalisierungsanalyse für Immobiliendienstleister, lanciert. «Heute ist die Digitalisierung ein Investment, das jede Immobilienbewirtschaftung selber machen muss. Künftig wollen wir als Branchenverband zusammen mit der Immobilienwirtschaft innovative Technologien gemeinsam entwickeln», sagt Svit-Präsident Christoph M. Steiner.