Auf strukturierte Produkte entfällt heute rund die Hälfte des Umsatzes von Aktienderivaten und zwei Drittel des Gewinns mit diesen Produkten. Den Grossteil des Umsatzes machen die Banken mit Retailkunden. Mit dem Erfolg von Zertifikaten wächst aber auch die Kritik von Anlegern. Der am meisten genannte Vorwurf: Die Banken berechneten zu hohe Margen für die Produkte.

Die Analysten von JPMorgan haben am Beispiel eines einfachen kapitalgeschützten strukturierten Produktes auf den EuroStoxx-50-Index mit einer 5-jährigen Laufzeit typische Preise und Margen berechnet.

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Bei strukturierten Produkten muss berücksichtigt werden, dass «Hersteller» und «Verkäufer» keinesfalls identisch sein müssen. Zu den Herstellern zählen die grossen Investmentbanken Société Générale, BNP Paribas, Deutsche Bank, UBS und Credit Suisse. Oft verkaufen sie ihre Produkte in den Heimmärkten selber. Im Ausland dagegen treten andere Banken mit grossen Retailvertriebsnetzen als Verkäufer auf.

Ein einfaches strukturiertes Produkt besteht aus zwei Komponenten: Einem Zero-Coupon-Bond (das heisst einer Obligation ohne Coupons und jährliche Zinszahlungen, die bei Fälligkeit zu 100% zurückbezahlt wird), der heute für 84% des Preises gekauft werden kann. Hinzu kommt eine Option. Sie erlaubt dem Anleger die Partizipation an Kursgewinnen.

Je «billiger» die Option, desto mehr kann der Endkunde von den Kursgewinnen profitieren. Weil der Zero-Coupon-Markt hoch transparent ist, kann die herstellende Investmentbank praktisch keine Marge aufschlagen die Retailbank würde sich einen anderen Partner unter den Investmentbanken aussuchen.

Automatisierte Emission

Der grosse Wettbewerb um Margen findet bei der Option statt. Am genannten Fallbeispiel darf der Preis für die Option noch 16% des Endverkaufspreises betragen. Die Marge für die Investmentbank hängt damit ausschliesslich davon ab, ob und wie günstig sie eine Option konstruieren und absichern kann. JP Morgan schätzt, dass einfache Optionen als Marge weniger als 1% des Endverkaufspreises einbringen.

Komplexere Produkte werfen in der Regel eine höhere Marge ab. Bei den einfachen Produkten haben Banken laut Grégoire Toublanc, Leiter des Vertriebs für Retailderivate in Deutschland bei BNP Paribas, aus Kostengründen (und weil hier die Margen besonders tief sind) den Emissionsprozess bereits weit gehend automatisiert.

Meist prüft lediglich ein Computerprogramm, ob die Produktpalette ausreicht oder ob Lücken gefüllt werden müssen. Dadurch kommt das Emissionsverfahren teilweise ohne menschliches Zutun aus.

Bei komplizierten Produkten muss eine Investmentbank viel Know-how für die Entwicklung und die Absicherung der Risiken einsetzen. Wie viel mit einem bestimmten Produkt tatsächlich verdient wurde, weiss die Investmentbank erst am Verfalltag, weil dann keine Handelsrisiken mehr bestehen. Gesamthaft ist ein Wert von 1% des Endverkaufspreises als Schätzwert realistisch. Daraus lässt sich berechnen, wie hoch in etwa die Margen im Geschäft mit strukturierten Produkten sind.

Auf der Seite einer Investmentbank sieht die Rechnung so aus: Zunächst muss der Zero-Coupon-Bond zu 84% der Kosten erworben werden. Hier lässt der Anleihenmarkt keine Marge zu. Überdies kann auch eine Investmentbank keinen Mehrwert schaffen, der sich einer Retailbank verkaufen lässt.

Belaufen sich die Kosten für das Konstruieren einer einfachen Option auf 12% des Endverkaufspreises, verbleibt der Investmentbank eine Marge von 1% gegenüber der Retailbank. Beide Seiten, die Investmentbank und die Retailbank, kommen somit zusammen auf rund 4% Marge.

Wettbewerb unter den Banken funktioniert

Das sieht auf den ersten Blick nach ordentlich viel aus. Bei näherer Betrachtung relativiert sich der Gewinn: Denn die Marge wird bereits zu Beginn der hier auf fünf Jahre ausgelegten Laufzeit in den Endpreis einberechnet. Zudem entstehen keine weiteren Management Fees.

Im Vergleich zu den jährlich fälligen Gebühren von Fonds sind die Produktekosten für Endkunden praktisch gleich hoch, unabhängig davon, ob sie strukturierte Produkte oder Fonds kaufen. Der Wettbewerb spielt deshalb so gut, weil nicht nur die Banken um den Endkunden buhlen. Der Preiskampf spielt sich auch zwischen den Retail- und den Investmentbanken ab.