Weltweit bahnt sich eine Tragödie an, deren Ausmasse noch nicht richtig abgeschätzt werden können: Die gegenwärtige Nahrungsmittelkrise droht immer mehr in eine Hungerkatastrophe zu münden. Über die letzten eineinhalb Jahre sind die Preise für Weizen, Reis, Mais, Hirse und Soja dramatisch gestiegen. Die Ärmsten können sich Grundnahrungsmittel immer weniger leisten. Über 100 Millionen Menschen mehr als noch vor einem halben Jahr hätten gemäss dem Uno-Welternährungsprogramm dringend Nahrungsmittelhilfe nötig. Die Wut steigt, und in einigen Ländern ist es bereits zu Tumulten gekommen.

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Wir stecken in einer noch nie da gewesenen Nahrungsmittelknappheit, ausgelöst durch den Klimawandel, den Trend zu Biotreibstoffen, veränderte Essgewohnheiten und die stark steigende Nachfrage aus Asien, wie argumentiert wird. Doch das sind langfristige Entwicklungen und erklären nicht, weshalb die Preise innert kurzer Zeit regelrecht explodiert sind. Inwieweit sind Spekulanten für diese Situation mitverantwortlich? Ich meine damit nicht nur Produzenten oder Händler, die ihre Lager nicht mehr umschlagen und auf noch höhere Preise hoffen. Denn Fakt ist: Hedge Funds, Anlagefonds, Banken sowie Privatanleger haben Agrarrohstoffe als Anlageobjekt entdeckt. Schätzungsweise 200 Milliarden Dollar wurden über die letzten Jahre in Zertifikate, Optionen, Futures oder komplexe Finanzprodukte auf sogenannte Soft Commodities gepumpt.

Nichts deute darauf hin, dass übermässige Spekulation die Preise in die Höhe treibe, sagt die Commodity Futures Trading Commission, die US-Aufsichtsbehörde für den Terminhandel. Daten oder Studien allerdings wurden keine vorgelegt, und auch sonst weiss niemand Genaueres. Ich habe mich bei Spezialisten umgehört: Alle vermuten zwar, dass da kaum ein Zusammenhang bestehe – doch sicher ist sich keiner.

Ich will nicht moralisieren, und viele meiner Journalistenkollegen machen es sich gar leicht, wenn sie die Hedge Funds an den Pranger stellen. Doch wir dürfen uns nicht mit lapidaren Stellungnahmen von Kreisen zufrieden geben, die Eigeninteressen verfolgen. Not tut eine eingehende Untersuchung durch eine neutrale Stelle, um die Wechselwirkungen von Investments und Preisentwicklung bei Soft Commodities abzuklären. Andernfalls kann man als Investor nicht mehr ruhigen Gewissens in Agrarrohstoffe anlegen.

Ypsomed vor neuem Höhenflug?

Als Ypsomed im Herbst 2004 an die Börse ging, griffen die Anleger beherzt zu. Das Tätigkeitsgebiet des Jungunternehmens, die Herstellung von Injektionssystemen und -nadeln zum Verabreichen flüssiger Medikamente, versprach Wachstum und damit ein attraktives Investment. Binnen eineinhalb Jahren verdreifachte sich der Aktienkurs. Dann kam der Absturz: In wiederum eineinhalb Jahren verloren die einstigen Börsenlieblinge nicht weniger als zwei Drittel ihres Wertes. Zuerst musste die Burgdorfer Firma Kapazitätsengpässe melden. Danach gerieten die Produkte in den Ruch von Qualitätsmängeln. Später kündigte Hauptkunde Sanofi-Aventis, der damals für 55 Prozent des Ypsomed-Umsatzes sorgte, die baldige Herstellung eigener Insulinspritzen an; Ypsomed klagte auf Patentverletzung; die französische Sanofi-Aventis liess eine Gegenklage folgen. Schliesslich brach bei Ypsomed der Gewinn ein.

Nun scheint der Burgdorfer Konzern das Ärgste ausgestanden zu haben. Im ersten Semester des Geschäftsjahres 2007/08 wurde wieder ein Gewinn von elf Millionen Franken erwirtschaftet, nachdem dieselbe Vorjahresperiode einen Verlust gebracht hatte. Noch erfreulicher für die Burgdorfer ist die Ende April veröffentlichte Meldung, wonach der Streit mit dem Pharmakonzern Sanofi-Aventis beigelegt sei, ja dass die Zusammenarbeit noch verstärkt werden solle. Und die Aktien konnten in den letzten Monaten um mehr als 20 Prozent zulegen.

Kann sich Ypsomed den Nimbus als Wachstumsprotz zurückholen? Der Markt spricht dafür: Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation leiden 230 Millionen Menschen an Diabetes, Tendenz stark steigend. Für Ypsomed sind dies Good News, denn ihre Pens werden zur Behandlung der Zuckerkrankheit zunehmend eingesetzt. Dennoch kann ich mich für die Ypsomed-Papiere vorderhand kaum erwärmen: Ich traue dem Burgfrieden zu Burgdorf nicht so recht. Zudem ist die Abhängigkeit Ypsomeds von Sanofi-Aventis mit einem Umsatzanteil von rund 40 Prozent immer noch sehr hoch. Vorsichtig stimmt mich auch, dass die Ypsomed-Aktien mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 30 viel zu teuer sind. Langfristig sind die Valoren attraktiv – mit einem Einstieg würde ich jedoch noch zuwarten.

Merck ist flott unterwegs

16 Monate sind verstrichen, seit der deutsche Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck die Genfer Biotechnologiegruppe Serono gekauft hat. Nun können die Früchte dieser Milliardenakquisition geerntet werden. Für das erste Quartal 2008 legten die Darmstädter ein über Erwarten gutes Ergebnis vor: Der Umsatz kletterte um 8,3 Prozent – währungsbereinigt resultierte gar ein Wachstum von 14 Prozent –, der operative Gewinn verbesserte sich um beinahe die Hälfte, und es wurde ein Reingewinn von 243 Millionen Euro ausgewiesen, dies nach einem Verlust von 8 Millionen im selben Vorjahresquartal.

Der für die Schweizer Tochter Merck Serono zuständige Thurgauer Elmar Schnee darf mit den geleisteten Integrationsarbeiten vollauf zufrieden sein.

Das älteste pharmazeutisch-chemische Unternehmen der Welt blickt nach der Neubündelung der Kräfte einer rosigen Zukunft entgegen. Ein Wachstumsmarkt par excellence ist der Bereich Flüssigkristalle, da kontrolliert Merck zwei Drittel des Weltmarkts. Flüssigkristalle finden Anwendung in Notebooks, Computermonitoren, Handys und natürlich in Flachbildfernsehern, einem Bereich, in dem die Nachfrage Purzelbäume schlägt. Die Sparte Liquid Crystals ist das Vorzeigestück von Merck, glänzt mit Umsatzrenditen von 50 Prozent.

Etwas zu wünschen übrig lassen dagegen die Margen im Pharmageschäft. Sowohl Serono wie auch Merck haben bislang in der Entwicklung neuer Substanzen wenig überzeugt. Erfolgreiche Produkte wie das Krebsmedikament Erbitux oder das Multiple-Sklerose-Mittel Rebif stammen nicht aus eigenen Forschungslabors, sondern wurden eingekauft und vom Konzern lediglich bis zur Marktreife entwickelt. «Das ist eine Schwäche – und die werden wir abstellen», sagte jüngst Elmar Schnee gegenüber der «Süddeutschen Zeitung». Dazu fliesst jährlich eine Milliarde Euro in Forschung und Entwicklung.

Merck ist ein solider Konzern, die Aktien gehören zu den bekanntesten Blue Chips Deutschlands. Mit einem für dieses Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 bieten die Papiere eine gute Einstiegsgelegenheit für langfristig denkende Anleger.