Die Ratingagentur Assekurata erwartet, dass die Branche bereits 2022 einen Teil der Zinszusatzreserve (ZZR) auflösen kann, für die sie in den vergangenen zehn Jahren insgesamt 97 Milliarden Euro hatte zurücklegen müssen. Für viele Lebensversicherer sei damit der Gipfel überschritten. «Die zuletzt abrupt gestiegenen Zinsen führen zu einer völlig neuen Situation, da der branchenweite Referenzzins für die ZZR-Zuführungen nicht weiter sinkt», sagte Assekurata-Bereichsleiter Lars Heermann.
Auch der oberste Versicherungsaufseher der Finanzaufsicht BaFin, Frank Grund, hatte kürzlich Entspannungssignale für die knapp 80 Lebensversicherer gegeben. Mit einem Abbau der ZZR, zu deren Bildung die Behörde die Versicherer seit 2011 angehalten hatte, rechnet er aber 2022 noch nicht: «Vielleicht ein bisschen im nächsten Jahr, nennenswert erst 2024.»
Der Referenzzins, nach dem die ZZR berechnet wird, sinke bei gleichbleibenden Zinsen nicht weiter, sagte Assekurata-Experte Heermann. Bis 2027 werde er sogar steigen, womit sich der Abbau der ZZR dann beschleunigen würde.
Die Versicherer hatten teilweise lukrative festverzinsliche Anlagen verkaufen müssen, um ihre Zinsgarantien bilanziell gegen die Dauer-Niedrigzinsen abzusichern. Doch bestehen immer noch 77 Prozent der Kapitalanlagebestände aus festverzinslichen Papieren, überwiegend mit langen Laufzeiten. Einer Assekurata-Umfrage zufolge wollen die Versicherer zwar auch in diesem Jahr in Sachwerte wie Immobilien oder Infrastruktur-Beteiligungen umschichten, die Festverzinslichen wollen sie aber eher halten als verkaufen. (reuters/hzi/mig)