Welches besondere ALM-Know-how braucht es heute für die Verwaltung von Kundengeldern in Lebensversicherungen und Pensionskassen?

Im anhaltenden Nullzinsumfeld der vergangenen Jahre sind die Herausforderungen an das Asset Liability Management von Lebensversicherern und Pensionskassen im Vergleich zu früheren Jahrzehnten stark angestiegen. Die gegenüber Generationen von Kunden abgegebenen Zinsgarantien lassen sich praktisch nur noch erfüllen, indem man die Allokation von riskanten Anlageklassen wie beispielsweise Aktien erhöht. Mit der Reduktion von festverzinslichen Instrumenten im Portfolio steigen jedoch das Risiko und die regulatorischen Kapitalanforderungen. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen sind riskantere Anlageklassen mit einer höheren Volatilität verbunden. Zum anderen reduziert die Abkehr von festverzinslichen Instrumenten die Zinssensitivität der Aktivseite der Marktwertbilanz, sodass sich das Ungleichgewicht zur typischerweise sehr hohen Zinssensitivität der Passivseite vergrössert. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Durationslücke (Duration-Gap). Um dieser Problematik entgegenzuwirken, sind komplexere Strategien wie beispielsweise eine aktive Volatilitätssteuerung und der Einsatz von Zinsderivaten notwendig.

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Wie fördert das Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen mehr Fachwissen in diesem Bereich? 

Unser Institut bietet im Januar 2022 einen dreitägigen Kurs Asset Liability Management für Lebensversicherung und Pensionskassen an. Er verfolgt drei wesentliche Ziele. Erstens zielt er darauf ab, das bei ALM-Entscheidern vorhandene Know-how zu fördern und weiter auszubauen. Dies geschieht durch eine Auffrischung des technischen Fundaments in den Bereichen Finanzmathematik, Portfoliotheorie und Derivate sowie durch Beiträge von anerkannten Experten aus der Praxis. Gleichzeitig sollen Best Practices ausgetauscht werden können. Damit richtet sich der Kurs explizit sowohl an Personen mit mehrjähriger Berufserfahrung als auch an Neueinsteiger, die eine Laufbahn im Bereich des ALM anstreben. Zweitens werden ALM-Strategien zusammen mit Partnern aus der Bankbranche implementiert. Dabei können Unternehmen mit unterschiedlichem Kenntnisstand aufeinandertreffen. Entscheider in Lebensversicherungen und Pensionskassen sollen durch den Kurs in die Lage versetzt werden, neuralgische Punkte zu identifizieren und ihren Bankpartnern die richtigen Fragen zu stellen. Drittens kann es je nach Grösse und Ressourcenausstattung des Unternehmens sinnvoll sein, über ein Outsourcing des ALM nachzudenken, anstatt das erforderliche Know-how in der Tiefe selbst aufzubauen. Der Kurs vermittelt die Hintergründe, die für eine fundierte Entscheidung in dieser Frage benötigt werden.

Welchen Mehrwert können Teilnehmende aus diesem Kurs mitnehmen?

Der Kurs ist in seiner Architektur bisher einzigartig in der Schweiz. Im Rahmen eines kompakten Weiterbildungsformats eignen sich die Teilnehmenden weitreichendes Know-how aus Theorie und Praxis an. Durch Praxisbeispiele und Übungen werden sie in die Lage versetzt, das Erlernte unmittelbar in ihrem Unternehmensalltag einsetzen zu können. Die Dozentenschaft des Seminars kombiniert bewusst Professoren der HSG mit hochkarätigen und erfahrenen Referenten aus der Praxis. Auf diese Weise vermitteln wir theoretische Grundlagen und stellen gleichzeitig sicher, dass Teilnehmende die Stolpersteine bei der Implementierung kennen und zielgerichtet umgehen können.

Mittlerweile hat sich eine Vielzahl an Anbietern von ALM-Lösungen auf dem Markt etabliert; die Komplexität der Materie macht es jedoch den Entscheidungsträgern schwer, hier objektive Entscheidungskriterien zu definieren. Wie findet man zurecht?

Die Navigation auf dem Markt für ALM-Lösungen wird durch fundamentales technisches Know-how und durch einen weitreichenden Überblick über aktuelle Best-Practice-Lösungen vereinfacht. Genau diesen Vorteil versuchen wir den Kursteilnehmenden mitzugeben, sodass sie erfolgreiche ALM-Strategien schnell identifizieren und umsetzen können.

Wann macht es Sinn, als Pensionskasse oder Lebensversicherung über ein Outsourcing des ALM nachzudenken, anstatt das erforderliche Know-how in der Tiefe selbst aufzubauen?

Diese Frage hängt eng mit der Grösse und den verfügbaren Ressourcen des Unternehmens zusammen. Aufgrund der gestiegenen Anforderungen ist es vor allem für kleinere Lebensversicherer und Pensionskassen schwieriger geworden, jedes Experten-Know-how, zum Beispiel zu komplexen Derivatestrategien, im eigenen Hause vorzuhalten. Es kann daher Sinn machen, das ALM an unternehmensexterne Experten zu delegieren, die in diesem Bereich hochspezialisiert sind. Dadurch werden Ressourcen frei, die wiederum auf der Kundenseite, etwa zur Generierung von Neugeschäft, eingesetzt werden können.