Kessler ist seit vier Generationen ein familiengeführtes Unternehmen - das ist gerade im Brokermarkt eine Seltenheit. Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile? 

Tom Kessler: Man identifiziert sich natürlich sehr mit dem Unternehmen, wenn man von der Familie das Privileg hat, für das Unternehmen in vierter Generation weiterarbeiten zu dürfen. Familiengeführte Unternehmen haben einige Vorteile: In der Regel kann man etwas langfristiger planen und handeln und ist weniger der Dynamik eines Kapitalmarktes unterworfen.

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Zudem stehen wir nicht so unter Druck, in regelmässigem Turnus unsere Resultate kommunizieren zu müssen. Das schafft mehr Luft für das langfristige Planen. Aus meiner Sicht ist das ein grosser Vorteil. 

Christian Kessler: Als familiengeführtes Unternehmen ist auch ein nachhaltigeres Wirtschaften möglich, das auf persönlichen Kontakten beruht. Das gibt Stabilität in verschiedenen Bereichen - sei es bei den Mitarbeitenden, den Kunden, den Partnern oder Versicherern.

Diese persönlichen Kontakte pflegen wir intensiv. Schlussendlich stehen Tom und ich - wie unsere Väter Martin und Robert Kessler auch - mit unserem Namen hinter dem Unternehmen. Ich denke, das gibt auch Sicherheit und Vertrauen - intern wie extern. 

Über die Gesprächspartner

Christian Kessler ist 2016 in die Geschäftsleitung der Kessler & Co AG eingetreten und seit 2018 Managing Partner. Er verantwortet die Bereiche Finanzen, Kundenberatung, Marsh McLennan, Sales und Market Security Committee.

Tom Kessler ist ebenfalls seit 2016 Mitglied der Geschäftsleitung und hat als Managing Partner (seit 2018) den Vorsitz. Er verantwortet die Bereiche Risk Consulting, IT, Personal, Betriebsorganisation sowie Legal & Compliance. 

War es für Sie beide schon früh klar, dass Sie in die Fussstapfen ihrer Väter treten wollen - oder wurden Sie dazu gedrängt? 

Christian Kessler: Nein, wir wurden nie gedrängt. Natürlich haben wir uns mit der Firma auseinandergesetzt - aber ich persönlich muss ehrlich sagen, dass ich als junger Teenager lange Zeit gar nicht genau wusste, was Kessler eigentlich alles beinhaltet. Da standen andere Hobbys mehr im Vordergrund.

Unsere Väter haben uns und unsere Geschwister - wir haben jeweils noch einen Bruder und eine Schwester - einmal im Jahr zusammengenommen, um uns über das Unternehmen zu erzählen. Da konnten wir dann sagen: Ja, das finden wir spannend, das würde uns auch interessieren. Im nächsten Jahr durfte man aber auch etwas anderes sagen, zum Beispiel, dass man Fussballprofi werden will…

Tom Kessler (lacht): Ja, das hat früh begonnen - in einer Zeit, wo wir nur Sport im Kopf hatten. Unsere Väter wollten immer wissen, wo wir gerade stehen, was uns interessiert und was wir mal machen wollen. Für mich war es damals auch noch nicht klar, ob ich irgendwann in die Fussstapfen treten möchte. Aber klar war, dass sich die Frage früher oder später stellt.

Ich habe nach einem technischen Studium erst einmal in einer Unternehmensberatung gearbeitet und hatte dann noch einmal die Gelegenheit, ein betriebswirtschaftliches Studium in Asien dranzuhängen. Für mich war es gut, mal weg zu sein und auch zu reflektieren. Als die Frage sich mir dann tatsächlich stellte, war mir klar, dass ich meine Zukunft in der Schweiz und in der Firma sehe.

Reinkommen, rausgehen, reinkommen - das funktioniert nicht.

Christian Kessler

Christian Kessler: Bei mir war der Gedanke schon früher da, während meiner Zeit im Gymnasium. Ich habe dann auch versucht, mein Studium an der HSG entsprechend auszurichten. Ich glaube, was für uns beide wichtig war: Man kommt nur einmal in eine Familienfirma rein. Reinkommen, rausgehen, reinkommen - das funktioniert nicht.

Schlussendlich ist es entscheidend, dass beide Seiten wollen, damit eine Generationennachfolge möglichst gut gelingt. Und die Firma als Ganzes sowie die Kunden müssen hinter der Entscheidung stehen, wir sind schliesslich ein Dienstleistungsunternehmen. Unsere Väter haben den Übergang sehr umsichtig geplant und wussten, worauf es ankommt. 

Sie kennen sich als Cousins von Kindesbeinen an - fliegen bei Ihnen bei wichtigen Geschäftsentscheidungen auch mal die Fetzen, weil Sie sich so gut kennen? 

Christian Kessler: Wir haben natürlich viele gemeinsame Interessen, insbesondere die Firma. Da ziehen wir an einem Strang. Das heisst aber nicht, dass wir immer der gleichen Meinung sind. Wir pflegen eine aktive Diskussionskultur unter uns beiden und auch in der Geschäftsleitung. Wir diskutieren in der Sache und suchen die besten Lösungen, um die Firma voranzubringen. Wenn man sich gut kennt, ist das Wort vielleicht manchmal etwas deutlicher, aber man geht hinterher dann trotzdem noch ein Bier trinken. 

Unsere Väter haben den Übergang sehr umsichtig geplant und wussten, worauf es ankommt. 

Tom Kessler

Welche Stärken des jeweils anderen hätten Sie gerne? 

Tom Kessler: Was mich an Dir immer beeindruckt, Christian: Du bist sehr analytisch und schnell im Denken. Insbesondere bei den Zahlen, die hast du immer sehr schnell durchdrungen. Das ist eine der ganz grossen Stärken von Dir. 

Christian Kessler: Mich beeindruckt, wie offen und frei Du vor Publikum in der Dir eigenen Gelassenheit und mit viel Charme sprechen kannst - auch auf Englisch und Französisch. Insgesamt denke ich, dass wir viele komplementäre, aber auch gleichartige Stärken haben. Wir ergänzen uns gut. 

Wie zufrieden sind Sie derzeit mit dem Geschäftsverlauf bei Kessler? 

Tom Kessler: Es läuft sehr gut, wir sind zufrieden mit dem Geschäft, wie es sich entwickelt hat in den letzten Jahren. Wir hatten ein schönes, vor allem organisches Wachstum aus der Organisation heraus. Das freut mich immer sehr, weil das für die Organisation und Motivation der Mitarbeitenden spricht. Wir sind in einer Lage, in der wir investieren können in die Firma, in die bestehenden Teams, in neue zusätzliche Mitarbeitende, aber auch in die Infrastruktur und die IT. Das ist für mich eine schöne Ausgangslage und ein Privileg.

Wir sind in einer Lage, in der wir investieren können in die Firma.

Tom Kessler

Wo legen Sie den Fokus beim Wachstum? 

Tom Kessler: Das organische Wachstum ist sicher ein Fokus von uns. Was nicht heisst, dass anorganisches Wachstum für uns ausgeschlossen ist. Unser Zielkundensegment sind die 7’500 grössten Organisationen und Unternehmen in der Schweiz. Das sind private Unternehmen, wir zählen aber auch Organisationen der öffentlichen Hand dazu. In diesem Zielkundensegment fühlen wir uns wohl. 

...und das anorganische Wachstum?

Christian Kessler: Klar sind wir daran interessiert, auch anorganisch zu wachsen. Das Hauptwachstum geschieht in erster Linie organisch, was nachhaltiger ist. Selbst in den Jahren, in denen wir Akquisitionen gemacht haben, sind wir organisch nochmals stärker gewachsen. Man muss auch sehen, dass es wahrscheinlich nicht mehr so viele unabhängige Versicherungsbroker gibt, die zu unserer Strategie passen. 

Wie unterscheidet sich Ihr Geschäftsmodell von dem Ihrer Mitbewerber? 

Tom Kessler: Wir glauben sehr an eine Organisation nach Wirtschaftsbranchen. Wir haben verschiedene Teams in Bereichen wie beispielsweise Industrie, Pharma, Dienstleistungen, Finanzinstitute, Bau oder Energie. Dies aus der Überzeugung heraus, dass diese Teams das Geschäftsmodell und die Risiken der Kunden so auch besser verstehen. Die Teams arbeiten mit einem Kundenberater und verschiedenen Fachspezialisten in den einzelnen Bereichen zusammen. 

Wir wollen da anknüpfen, wo wir heute sind.

Christian Kessler

Christian Kessler: …und dann haben wir durch unsere Partnerschaft mit Marsh McLennan Zugang zum weltweit führenden Risiko- und Versicherungsbroker, der mit über 80'000 Mitarbeitern in 130 Ländern tätig ist. Das ist für internationale Kunden ein wichtiges Element, das wir anbieten können.

Für uns ist es toll, dass wir da bereits seit über 25 Jahren in das Netzwerk eingebunden sind und von Neuentwicklungen profitieren können. Marsh McLennan ist ein sehr beeindruckender Sales Motor und es ist faszinierend, wie fokussiert sie vorgehen. Da haben wir uns schon die ein oder andere Scheibe abschneiden und dazulernen können. 

Kessler zählt zu den Top-Brokern der Schweiz. Welche Zukunftsvision haben Sie für das Unternehmen? 

Christian Kessler: Wir wollen da anknüpfen, wo wir heute sind: Wir sind der führende Risiko-, Versicherungs- und Vorsorgeberater für Geschäftskunden in der Schweiz - diese Position wollen wir ausbauen. Wir betreuen derzeit 1’500 Firmenkunden, unser Zielkundensegment sind - wie Tom bereits sagte - rund 7’500. Wir decken also 20 Prozent des Segments ab, haben aber auch noch viel Potenzial an Firmen, die noch keine Kunden von Kessler sind. Das werden wir aktiv bewirtschaften. 

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Steht die fünfte Generation schon in den Startlöchern? 

Christian Kessler: Wir denken auf jeden Fall in Generationen. Für eine Nachfolge aus der Familie muss es auf der einen Seite das Interesse dafür geben, auf der anderen Seite braucht es die entsprechende Eignung. Beide Elemente können wir heute noch nicht so weit beurteilen. Meine Kinder sind erst 7 und 9… 

Tom Kessler: ...und für mich ist es noch schwieriger zu beurteilen, wir erwarten gerade unseren ersten Nachwuchs.