Die Nachricht dürfte manche in der Branche überrascht haben: Philomena Colatrella teilte am Mittwoch in einem Communiqué mit, dass sie die CSS als deren Chefin per Ende Jahr verlässt. Damit endet nach zehn Jahren ihre Ära als CEO beim bis 2024 noch grössten Krankenversicherer der Schweiz.
Eine Vorreiterin
Philomena Colatrella gilt als eine Vorreiterin in der nach wie vor stark von Männern dominierten Versicherungswirtschaft. Zum ersten Mal stand 2016 mit Colatrella eine Frau an der Spitze einer der grössten Schweizer Versicherungen. Colatrellas Karriere beim Zentralschweizer Gesundheitsversicherer verlief derweil steil. Seit 1999 steht die Tochter italienischer Einwanderer im Sold der CSS, wurde 2012 Generalsekretärin und Mitglied der Konzernleitung, 2014 schliesslich stellvertretende CEO und per 1. September 2016 Geschäftsführerin und Vorsitzende der Konzernleitung. Sie ist die bisher erste Frau im Vorstand des Schweizerischen Versicherungsverbands SVV, der inzwischen auch Michèle Rodoni von der Mobiliar und Laura Gersch von der Allianz Suisse angehören.
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Dass die Rechtsanwältin weit über die Versicherungsbranche hinaus vielen bekannt ist, liegt zweifellos auch daran, dass die Juristin mit den markigen Brillen nicht selten medial aufgefallen ist. Etwa beim Hype um Diabetes- und Abnehmspritzen. Ihrer Meinung nach sind diese Medikamente ein starker Treiber für die immer höher steigenden Kosten im ohnehin gebeutelten Gesundheitswesen. Damit brachte sich Colatrella aktiv in einen gesellschaftspolitischen Diskurs ein. Und sie wird von vielen auch als Sprachrohr der Krankenversicherer wahrgenommen – nicht zuletzt deshalb, weil sie sich zu sagen getraut, was andere lieber verschweigen. In der nationalen Gesundheitspolitik gilt Colatrella als Macherin. Sie war aktiv beteiligt an der Umsetzung der Reformen zu Efas, der einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen und dem neuen Ärztetarif Tardoc.
Auf Digitalisierung getrimmt
Colatrella trimmte derweil ihre CSS konsequent auf Digitalisierung. So veranlasste sie massive Investitionen in eine Cloud-fähige IT-Landschaft und in agile Arbeitsweisen, um die Geschwindigkeit, Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit des Gesundheitsversicherers zu erhöhen. Darüber hinaus lancierte die CSS unter Colatrella eine Zusatzversicherung, die ambulante, stationäre und alternativmedizinische Leistungen in einem modernen Paket vereint.
Der ideale Moment
Nun sieht die Rechtsanwältin den richtigen Zeitpunkt für den Rücktritt gekommen: Nachdem sie im vergangenen Jahr das 125-Jahr-Jubiläum habe feiern können und mit dem Verwaltungsrat ein Zukunftsbild erarbeitet habe, das die strategische Richtung für die kommenden Jahre vorgibt, sei für sie der ideale Moment gekommen, ihre nächste berufliche Phase einzuleiten. Man darf gespannt sein, wohin es sie ziehen wird – bereits zur Ruhe setzen wird sich die 57-jährige Versicherungsfrau wohl kaum.
